Algarve – Sünnele, Bädele und Löcher wie im Emmentaler

Dies wird ein schwieriger Bericht zu schreiben, denn es ist mein letzter von Bord in diesem Abschnitt unserer Atlantikrunde und da schwingt schon etwas Wehmut mit – bei aller Dankbarkeit für die wunderbaren 8 Wochen, die wir gemeinsam verbringen konnten. Sea magiX und ihr Skipper werden ab jetzt bis Ende Oktober mit anderen Crews in Richtung Gibraltar, Madeira und Kanarische Inseln unterwegs sein und wenn ich auch ein wenig neidisch bin (obwohl ich vor 2 Jahren diese Entscheidung für das «halbe Dabeisein» im vollen Bewusstsein ihrer Konsequenzen getroffen hatte), so freue ich mich auch darauf, an dieser Stelle vieles über schöne weitere Erlebnisse zu lesen.

In Lagos (ausgesprochen etwa Laag’sch, was ich diesmal aber erst zu spät begriff) kamen wir am Freitagnachmittag an, als noch eine starke Südost-Dünung herrschte. Zudem war im Rio Bensafrim von Lagos gerade ablaufendes Wasser, d.h. Strom gegen Schwell, und entsprechend baute sich auf der Barre vor der Einfahrt das Wellenbild auf. Umschwirrt von mit Vollgas hinein und hinaus rasenden grossen Touristen-Booten mit 2x250PS-Aussenbordern (3kn Tempolimit… haha!) tasteten wir uns in die genau nach Südosten offene Einfahrt hinein. Die Tiefenangabe blieb jedoch immer bei mindestens 4m, zu meiner grossen Erleichterung. Vor der Marina versperrt eine kleine Fussgängerbrücke den Weg, so dass man sich gezwungenermassen hier an den Reception Ponton legt, um die Formalitäten zu erledigen. Dafür funktionierte das dann auch sehr professionell, mit Plänchen des uns zugewiesenen Platzes und allen Formalitäten, sowie einem schnellen Öffnen der Brücke danach.

In der Marina war es sehr heiss und auch recht laut: jede der Bars am Quai hat ihre eigene Musik, die sie möglichst laut aufdrehen muss, damit ihre Gäste wirklich auch ihre Musik hören. Abends dann das Ganze mit Live-Konzerten, was vom Steg aus zu einer beträchtlichen musikalischen Verwirrung führen kann. Es wurde jedenfalls sehr schnell sehr klar, dass wir hier nun wirklich im Touristen-Gebiet angekommen waren und ab sofort andere Bedingungen herrschen würden. Auch bezüglich der Temperaturen. Wir spannten erstmals unser Bimini mit dem verlängernden Sonnendach bis zum Sprayhood auf und stellten fest, dass auch dies gut funktioniert. Das Bimini ist seither übrigens stehen geblieben – wird wohl noch länger so bleiben ab jetzt.

Der eigentlich angedachte Spaziergang durch Lagos fiel der Hitze zum Opfer; stattdessen beschäftigten wir uns ein wenig an Bord mit Aufräumen, etc., und genossen die bequemen Duschen der Marina-Facilities, bis es weniger heiss geworden war und wir uns auf die Suche nach einem Restaurant machten. Es war ein absoluter Zufall, aber wir fanden genau das, was ich mir vorgeträumt hatte; eine trotz Tourismus noch einfach und relativ ursprünglich gebliebene kleine Beiz, in welcher nicht nur Touris sassen. Sie heisst O Escondidinho (der Kleine Versteckte?) und ist wenn man sie speziell sucht wahrscheinlich auch schwierig zu finden, ganz am Ende einer schmalen Gasse oben auf einem Hügel. Wir folgten einfach dem Duft von gegrilltem Fisch. Es gab an jenem Freitagabend Sardinen vom Grill à Discretion und auch wir, die eigentlich seit Porto ein wenig Abstand von gegrillten Sardinen genommen haben, hatten plötzlich zwei der kleinen Fische auf unseren Tellern: «on the house, zum Aperitif!», meinte die kleinwüchsige, etwa 60-jährige Herrin des Hauses, die zwischen den Tischen umherwuselte und den Laden vollkommen im Griff hatte. Periodisch tauchte der Grillmaster immer wieder auf mit Sardinen, die dann bei allen Gästen auf den Tellern landeten, und nur bei ganz grossem Protest nicht mehr weiter kamen. Sie waren wirklich fein, sehr saftig und dezent gesalzen, und schnell hatten wir eigentlich schon wieder zu viele davon gegessen, als unsere schönen Tuna-Steaks dann folgten. Es war ein Festschmaus in familiärer Atmosphäre und genau das Richtige für uns.

Von Lagos sonst haben wir nicht viel gesehen, aber das ist nicht weiter tragisch, denn Bänz kommt sicher nochmals vorbei um seine Päckchen abzuholen (Das Dieselfilter-Gehäuse war übrigens tatsächlich schon da). Als wir – nach einem kurzen Besuch im Supermarkt, den wir ebenfalls angesichts des langen Öffnungszeiten für später, da kühler, aufgeschoben hatten – am Rückweg waren, hatte es bereits eingedunkelt. Und am nächsten Morgen ging’s bald nach dem Frühstück hinaus, in der Hoffnung, dass es draussen etwas kühler sei. Und vielleicht sogar ein Lüftchen säuseln könnte, mit dem wir ostwärts kämen. Beide Hoffnungen entpuppten sich als sehr optimistisch und so tümpelten wir im Schneckentempo der riesigen Sandbucht von Lagos und Alvor entlang und warfen dann den Anker für einen Sünnele-Bädele-Halt vor der malerischen Küste vor Portimão. Malerisch ist sie vor allem, weil grosse Stücke von ihr über die Jahrtausende weg-erodiert sind, und nun unzählige Löcher im gelben Gestein dunkel locken, Felsentore sich öffnen und übrig gebliebene Felsen wie Stalagmiten in den blauen Himmel ragen. Wir finden, dies sei eine angemessene Kulisse für unseren ersten richtigen Badehalt. Und den können wir dann tatsächlich auch geniessen. Der Schwell hat inzwischen stark nachgelassen, so dass wir eigentlich nur noch sanft rollen und das Heck von Sea magiX vor allem noch wegen vorbeiflitzenden Motorbooten in die Wellen schlägt. Und die Temperatur – die ist tatsächlich mit jeder ostwärts-Meile gestiegen und zeigt tatsächlich auch hier, vor der Felsküste, inzwischen 20.1° an. Bei der herrschenden Lufttemperatur von um die 30° im Schatten passt uns das perfekt so. Es wird ein richtiger Ferientag, mit Krimis, kurzen Schwimm-Ausflügen und viel Ruhe und Entspannung.

Da am ganzen Tag kein Wind aufkommt, fahren wir abends nicht mehr weit, sondern drehen hinter die Molen von Portimão und werfen dort den Anker. Auch hier ist sehr deutlich, dass wir jetzt in einer anderen Gegend unterwegs sind. Es ankern unzählige andere Segel- und Motorboote hier, von denen auch viele über Nacht bleiben. Wir kommen uns vor wie in der grossen Bucht von Grand Case auf St. Maarten, nur dass hier kein Wind hilft, die Boote hinter ihren Ankern auszurichten, und wir so alle kreuz und quer umherstehen. Noch einmal geniessen wir es, gemütlich am Anker im Cockpit mit  den Sternen über uns zu sitzen. Es ist nicht mehr so ruhig wie in Galizien, denn die Discomusik dröhnt unüberhörbar übers Wasser, aber trotzdem einfach schön.

Morgens erkunden wir mit dem Boot die Bucht noch bis zum Fort hinauf und beäugen auch die Marina, die sehr ansprechend und gepflegt aussieht (von weitem im Morgenlicht). Dann geht’s hinaus für die letzten 15SM bis Albufeira. Und siehe da – wir haben erstmals seit langem wieder ein paar Knoten Wind! (ca. 7-9, um genau zu sein, aber diesmal aus Ost – damit können wir was anfangen.) Wir kreuzen nur mit der Genua entlang der noch immer sehr löchrigen Küste. Bei den Benagil-Höhlen wird das Touristenboot-Durcheinander schon ziemlich beeindruckend, obwohl es erst Mittag ist – wie das wohl am Nachmittag hier zu und her geht? Aber nicht nur der Bootsverkehr, auch die Küste an sich ist beeindruckend. Bei diesem ruhigen Wetter können auch wir recht nah daran vorbei segeln (und immer aufpassen, dass wir nicht versehentlich ein Kajak, einen Standup-Paddler oder ein Touristenboot rammen) und die von der Natur geschaffenen Formen und Figuren bestaunen.

Viel zu schnell geht auch dieser schöne Segel- und Sightseeing-Tag zu Ende und wir kommen in Albufeira an. Es wird gepackt und die Achterkojen werden umgeräumt, um Platz für Markus und Verena zu machen, die morgen an Bord kommen. Kurz sieht das Boot wieder aus wie eine Baustelle, dann ist der Spuk schon vorbei und Sea magiX ist bereit für neue Abenteuer.

Danke allen Lesern für Eure motivierenden Kommentare, over and out, Uschi


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: