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The Suriname Way

Wir sind begeistert. Und so froh, dass wir dann doch nicht direkt nach Barbados gesegelt sind, als das am Weg hierher plötzlich eine attraktive Variante zu sein schien. Dann hätten wir die besonderen Begegnungen in diesem spannenden Land nicht erlebt. Suriname, bzw. die Menschen, denen wir hier begegnet sind, haben uns „den Ärmel reingenommen“.

Schon bei unserer frühmorgendlichen Flussfahrt nach Domburg war uns aufgefallen, wie viel gepflegter und lebendiger die Uferzone wirkte, als wir in Französisch Guyana gesehen hatten. Ja, auch entlang dieses Ufers gibt es ab und zu Bootswracks und Hausruinen, aber die grosse Mehrheit scheint gepflegt und zumindest von weitem gesehen einigermassen gut unterhalten.

Als wir nach ein paar Stunden Aufräumen und etwas Schlaf nachholen zum „River Breeze Marina Resort“ tuckerten und dort das Dinghy festbanden, bestätigte sich dieser erste Eindruck. Und schon bald hatten wir die erste Surinamesische Begegnung. An der Bar des Restaurants wurden wir äusserst freundlich begrüsst, nach unserem Wohlbefinden gefragt und bekamen gleich einen Gratis-Begrüssungsdrink. Die junge Dame am Tresen erklärte, Eric der Resort Manager käme wohl in ca. einer Stunde, aber wir sollten es uns gemütlich machen und könnten problemlos auch schon die Duschen und – welch Luxus – den Pool nutzen.

Auf der luftigen Terrasse sassen Alexandra und Stef von der „Modus Vivendi“ mit ihren Freunden, die hier jedes Jahr den Winter in ihrem Haus bei Lelydorp verbringen. Sogleich ergab sich ein Gespräch, in dem wir erste Infos über dieses Land bekamen.

Und so ging es weiter. Erik begrüsste uns ebenso freundlich wie seine beiden Mitarbeiterinnen im Restaurant, stellte uns dem 79-jährigen Taxifahrer Harri vor und organisierte für uns die Fahrt zum Einklarieren nach Paramaribo am Montag mit ihm. Denn Harri weiss genau, wohin zuerst, welche Regeln gelten, etc. Z.B. kennt er auch den Dress Code, der scheints bei der Maritime Authority of Suriname (MAS) gilt: lange Hosen, geschlossene Schuhe, aber die ebenfalls erwähnten langen Ärmel seien doch nicht nötig. Wir sind ja gespannt!

Wir streunten noch ein wenig in der Gegend umher und fanden im Tankstellenshop gleich neben dem Marinagelände die nächste hilfsbereite Person: Gloria, die Chinesin, die diesen Supermarkt führt, bemühte sich, uns in gutem Englisch die Simkarten-Varianten zu erklären. Von ihr konnten wir eine Surinamesische Sim-Card mit 30 Tagen Gültigkeit und 26 GB Daten, sowie ca. 200 SRD Gesprächsguthaben erstehen. So sind wir auch unabhängig vom Starlink in der Lage, zu kommunizieren, Taxis zu rufen, und uns mit Google Maps zurecht zu finden. Das ist auch dringend nötig, denn es gibt zwar viele Strassennamen aber kaum Wegweiser hier.

Gleich neben der Tankstelle ist ein ATM, von dem wir SRD (Surinam Dollars) holen konnten. In Surinam gilt „Nur Bares ist Wahres“. Kreditkarten werden fast nirgends akzeptiert. Hingegen sind Euros hoch willkommen, denn der SRD erlebt eine hohe Inflation. Aber natürlich ist das dann etwas kompliziert mit dem Wechselgeld, falls man nicht den genauen gewünschten Betrag hat. 100 SRD sind heute ca. CHF 2.50. Der Skipper hob also ein dickes Bündel Noten ab für 250 CHF, bzw. 10‘000 SRD.

Auf der anderen Seite des River Breeze liegt die Polizeistation und gleich daneben ist das „Domburg Square“, ein von kleinen Buden umgebener Platz mit hohen Bäumen und beschatteten Tischen, wo am Wochenende jeweils „die Post abgeht“. Anscheinend ist Domburg ein Ausflugs- bzw. Ausgeh-Ort für die Menschen aus Paramaribo. (Die Betonung des Namens liegt übrigens auf dem ma; ParaMAribo).

Zwischen der Polizeistation und Domburg Square entdeckten wir einen „Herren-Kapsalon“. Das war unsere Chance; wir brauchten beide dringend einen Haarschnitt. Der – natürlich wie alle anderen Menschen hier – sehr freundliche Sharif guckte nur ganz kurz etwas skeptisch, als ich fragte, ob er auch mir einen Schnitt verpassen könnte. Dann machte er sich zügig bei Bänz und anschliessend bei mir an die Arbeit. Nach einer halben Stunde waren wir um 550 SRD und einige Zentimeter Haare leichter und eine fröhlich-freundliche Begegnung reicher.

Und so ging es weiter. Am Samstag kamen wir nicht ganz so früh aus den Federn wie sonst, nutzten dann auch das schöne Wetter für eine Wäsche mit dem Scrubba-Bag (Erik hatte etwas unwillig gewirkt, als wir ihn nach den Bedingungen zur Verwendung der Waschmaschine gefragt hatten. Aber am Dinghy-Steg bekommen Marina-Gäste problemlos Trinkwasser, das wir auch für die Wäsche nutzen konnten.), organisierten via Erik ein Mietauto ab Sonntag bis Mittwoch für €100 (25 €/Tag) und suchten dann um den Mittag eine Möglichkeit, nach Paramaribo hinein zu fahren. Der Bus fährt hier nur recht unregelmässig; gemäss Gloria vom Tankstellen-Supermarkt fährt er montags bis freitags jeweils um 9h hin und ca. 17h zurück. Aber nicht samstags oder sonntags. Unser Versuch, beim Mofa-Shop an der Ecke des Domburg Square einen Scooter zu mieten, schlug fehl. Nein, nur kaufen. Naja… vielleicht doch nicht.

Wir könnten natürlich ein Taxi rufen, aber eigentlich hätten wir gerne etwas gemietet für heute. Da kam es zur nächsten, so schönen Begegnung. Wir sprachen ein junges holländisches Paar an, das gleich neben uns im River Breeze einen Drink und einen Ice Coffee genossen hatte. Vielleicht hatten sie ja eine Ahnung, wo man etwas mieten konnte? Hatten sie nicht, aber ihr Angebot war umwerfend freundlich: sie konnten uns ja mitnehmen bis dorthin, wo sie – viel näher an der Stadt als hier – wohnten… und von dort gäbe es dann sicher Taxis oder sogar Busse. Wir waren hin und weg – so viel herzliche Hilfsbereitschaft hatten wir nun wirklich nicht erwartet.

Iris und Sherwin (so heissen die beiden) wollten zuerst noch etwas zu essen holen – und nahmen uns gleich mit zu „Rita’s“, einem offensichtlich bekannten und sehr schmackhaften Restaurant etwa 2-3 km in Richtung Flussaufwärts und weiter innen. Dort profitierten wir gleich vom lokalen Wissen von Sherwin, der hier Familie hat, und bekamen sehr feine Suppe. Das war wohl nicht das letzte Mal, dass wir bei Rita’s gewesen waren!

Die beiden Urlauber nahmen uns dann wirklich lieberweise mit bis zur Abzweigung, wo sie auf ihrem Weg die Hauptstrasse verliessen. Und siehe da, genau da war ein Taxistand, an dem man ein Taxi anrufen konnte, was die beiden für uns auch gleich machten und die Fahrt für uns organisierten. Holländisch zu sprechen ist hier sicher von Vorteil. Andererseits sprechen sehr viele der Menschen in Surinam auch gutes Englisch.

Paramaribo erstreckt sich über viele Quadratkilometer als Mischung von ein- bis zweistöckigen Häusern, grossen Lagerhallen, in denen Chinesische Supermärkte sind, Baracken, in denen Menschen arbeiten und teils wohl auch wohnen, Landwirtschaftsmaschinen-Anbietern und vielen Garagen. Näher am Zentrum mit der Altstadt verdichtet sich das Bild allmählich zu eher städtischen Gebäuden. Das meiste scheint aus Holz zu sein, die Dächer oft Wellblech. Die Viertel sind recht eindeutig nach Volksgruppen getrennt. Es gibt das „schwarze“ Viertel Latour, Javanische Viertel, Hindu-Viertel, aber auch ganz gemischte. Es ist offensichtlich, dass hier nur ganz Wenige genug Geld haben, um sich regelrechte Paläste zu bauen. Die meisten wohnen in einfachen Holzhäusern mit einer Laube. Sehr viele haben ums Haus einfach Sand und Lehm. Das verwandelt sich in einen rot und gelb färbenden Matsch wenn es regnet. Ist wohl nicht einfach, drinnen dann sauber zu halten! Die etwas besser gestellten Hausbesitzer haben ihren Vorplatz betoniert, und ganz luxuriös ist es dann, wenn sie den Vorplatz mit Pflastersteinen belegt haben. Wie gesagt – das ist nur bei ganz wenigen so. Näher an der Stadt, wo sich die Dichte erhöht, rücken die Häuser auch näher zusammen. Dann stehen zerfallende Baracken, in denen noch immer Menschen leben, neben neuen Betonhäusern oder modernen Stahl-Glaskonstruktionen.

Den Palmengarten hatten wir relativ schnell gesehen, das Fort Zeelandia war am Samstagnachmittag um diese Zeit schon geschlossen, und die Waterkant, die Unesco-Weltkulturerbe-Strasse am Wasser, wo all die ehemaligen Villen der Plantagenbesitzer liegen, wird gerade renoviert. Trotzdem konnten wir uns ein erstes Bild von dieser sehr bunten, abwechslungsreichen Stadt machen. Der Kontrast zwischen den schönen, teils gut erhaltenen alten Kolonialherren-Villen und vielen ziemlich verfallenden anderen Gebäuden in dieser Stadt ist gross. Das Klima macht den Unterhalt von Gebäuden sicher nicht einfach. Gleichzeitig wird wohl auch weniger Sorge getragen, als wir uns das in Nordeuropa gewohnt sind. Und sicher fehlt auch das Geld dazu.

Das Tor zur berühmten Holzkathedrale St. Peter und Paul war geschlossen. Aber die grossen Fenster der Kirche standen offen. Der Skipper entdeckte eine Dame drinnen und fragte nonverbal, ob wir Einlass bekämen. Und – wie schon fast erwartet nach „the Suriname Way“ – sie kam uns öffnen und ermöglichte uns ganz alleine den Besuch in der faszinierenden Kathedrale. Es war für uns das erste Mal, dass wir in einer Holzkirche waren. Sie wirkt ganz anders als die Steingebäude, in denen wir bisher gewesen sind. Wärmer, luftiger, leichter. Aber gleichzeitig ist wohl ihr Unterhalt sehr viel schwieriger. In diesem tropischen, feucht-heissen Klima hat Holz wohl keine all zu lange Lebensdauer ohne Pflege.

Für den Rückweg fanden wir den Taxifahrer Orlando, der bereit war, uns für SRD 800 zurück nach Domburg zu bringen. Es war eine interessante Rückfahrt. Orlando beschrieb seine Wahrnehmung der gegenwärtigen Politik in Surinam sehr engagiert als Vetternwirtschaft innerhalb der herrschenden Volksgruppe der Hindus. Für die baldigen Wahlen sieht er schwarz – er glaubt, sie werden nicht regulär ablaufen. Nach anderen Aspekten über sein Land gefragt, betont er immer wieder, wie friedlich die Volksgruppen hier zusammen leben würden, und wie gut es sei in Surinam. Um dann sofort wieder zur Politik zurück zu kommen und vor Bürgerkrieg und Aufständen zu warnen, wenn der gleiche Präsident wieder gewählt würde. Wie viele andere Surinamesen arbeitet er 100% an einer Arbeitsstelle, aber geht ab 17h jeden Tag Taxifahren, um etwas dazu zu verdienen. Er meinte, die meisten seiner Mitbürger hätten mindestens zwei und viele drei Jobs, um über die Runden zu kommen. Bis zum Ende unserer Autofahrt schaffte ich es aber nicht, herauszufinden, was denn seine andere Arbeit bis 17h jeweils beinhaltet.

Autofahren in Surinam ist ein Erlebnis für sich. Zuerst mal wichtig: es gilt Linksverkehr! Das zweite, was der Tourist sofort kennen lernt, sind die unzähligen „Drempels“. Wo immer ein paar Häuser näher bei einander stehen, gilt dies hier als Dorf oder Ortschaft. Und sofort wird der Autofahrer zum Abbremsen gezwungen, indem alle ca. 50m ein Drempel liegt. Das sind Schwellen, aber scharfe. Im Gegensatz zu den zahmen Varianten, die wir auch in Europa kennen, sind diese hier oft 30 cm hoch oder höher, oft sehr steil gebaut, und nicht bemalt, sondern meistens (aber eben nicht immer…) einige Meter vorher mit einem Schild angekündigt. Der unvorsichtige Tourist, der gerade in die Gegend schaut, wird unsanft daran erinnert, dass er sich auf die Fahrbahn zu konzentrieren hat. Wenn er sich nicht schon bei der Kopfnuss an der Autodecke eine Genickstarre geholt hat. Nebst den Drempels gibt es natürlich auch viele wirklich tiefe Schlaglöcher, in denen eines der Räder unseres kleinen Mietwagens problemlos verschwinden konnte. Und wenn es – wie hier zu dieser Jahreszeit offenbar üblich – mal wieder wie aus Kübeln gegossen hat, oder noch immer giesst, so bilden sich eindrückliche braune Seen auf der Fahrbahn, von denen man nicht weiss, welche Tiefen sie verbergen. Der grosse Highway, der von Paramaribo ins Landesinnere zum riesigen Brokopondo-Stausee führt, ist bis an die Stadt heran zweispurig mit doppelter Sicherheitslinie geführt und hat daneben noch eine separate kleine Strasse für die hier sehr beliebten (aber nicht mietbaren) Scooters. Daneben gibt es noch die alte Hauptstrasse entlang dem Suriname River, den Sir Winston Churchillweg. Dazwischen ausserhalb der Stadt einzelne geteerte Verbindungsstrassen, aber das meiste ist einfach Sand bzw. Lehm. Vortrittsregeln gäbe es wahrscheinlich, wobei wir bisher noch nicht herausgefunden haben, ob Rechts- oder Linksvortritt gelten sollte. Grundsätzlich läuft das eher nach dem Prinzip „dr Schnäller isch dr Gschwinder“ ab, wobei man dabei immer ganz freundlich winkt, lächelt oder hüpelt. Der Skipper hat sich sofort hier sehr gut eingelebt mit dieser Fahrweise. Nur dass immer beim Abbiegen der Scheibenwischer losging anstelle des Blinkers, das entlarvte ihn ab und zu doch noch als Touristen. 😊

Mit dem Mietauto erkundeten wir diverse Sehenswürdigkeiten Surinams. Am Sonntag besuchten wir gleich zwei Märkte; zuerst den Kwattamarkt, dann den Saoenah-Markt. Letzterer war gegen 13h schon am Schliessen und Aufräumen und wirkte auf uns eher wie ein fröhlicher Treffpunkt für die Javanische Bevölkerungsgruppe. Ersterer war äusserst belebt, wirkte sauber und frisch und wunderbar farbig. In der Fischhalle gab es viele grosse und für uns völlig unbekannte Fische zu bestaunen, daneben schön sortierte Crevetten, lebende Krabben, kunstvoll arrangiert, und daneben gleich der Geflügelmarkt, wo vom ganzen Huhn bis zu Säckchen voll mit Hühnerfüssen und -Köpfen ebenfalls alles zu haben ist. Die Verkaufenden gaben bereitwillig und sehr freundlich Auskunft, auch wenn klar war, dass wir nicht unbedingt viel kaufen wollten. Einige Tomaten, Cassava-Chips, scharfe Bananen-Chips und etwas Kardamom gab es dann doch noch. Ebenso mussten wir natürlich frittierte Platanos und gegrillte Crevettenspiesse probieren. Streetfood ist Teil des Abenteuers und probieren gehört dazu!

Am Nachmittag ging es zum Peper Pot Nature Park auf dem Gelände der ehemaligen Peper Pot Plantage. Ich hatte gehofft, hier viel Flora und Fauna zu sehen. Flora gibt es tatsächlich sehr viel, aber ohne Guide wissen wir nicht, was wir sehen. Und für die Fauna waren wir sicher zur falschen Tageszeit da. Zwei Äffchen, ein Faultier, ein Iguana, viele Vögel und unzählige Moskitos waren die Ausbeute. Als es uns trotz Antibrumm (aber ohne lange Hosen) mit den „no-see-ems“ zu bunt wurde, kehrten wir wieder um. Das hatten der Skipper und ich in den Criques in French Guyana gemütlicher und bequemer gehabt, und Alexandra und Stef, die wir mitgenommen hatten, merkten gerade, dass ihr natürliches Moskitomittel nicht sehr viel half.

Den Montag verbrachten wir mit Harri mit Einklarieren und danach ein paar Einkaufsversuchen. Zuerst ging es im grossen Pendlerstau in die Stadt zur MAS (Maritime Authority of Suriname). Dort wusste Harri, wo man läuten und dann sein Anliegen vorbringen muss. Während der Beamte mit unseren Pässen und den Schiffspapieren wieder ins Gebäude verschwand, warteten wir draussen unter dem Vordach vor der Tür und schauten dem Regen zu, der gerade für die grüne Flora sorgte. Erik hatte unsere Dokumente (inkl. Einem Photo des Schiffes, auf dem man den Namen gut lesen könne) schon am Donnerstag geschickt. Diese Botschaft musste Harri zweimal mitteilen, dann klappte es – wir bekamen unsere Pässe wieder zurück und wurden mit freundlichen Willkommensgrüssen zur Militärpolizei geschickt. Auch hier hätten wir ohne Harri nicht gewusst, dass man an die Türe der Baracke klopfen muss, die für mich eher wie das Portier-Häuschen aussah. Drinnen sass Djoey (????) ganz alleine vor seinem Computer. Ihn interessierte das gedruckte Dokument, das bestätigt, dass wir die Entry Visa Fee (à je USD 50 plus einmal ca. 16 USD Gebühren) bezahlt haben. Das Dokument musste in gedruckter Form abgegeben werden – auch das hatten wir dabei. Nach einiger Zeit (in der wir im Gegensatz zu vorhin mit dem Beamten in seinem Container bleiben durften) hatte er die Angaben in seinen Computer abgeschrieben, das Visa-Blatt gestempelt (aber nur einmal…) und unsere Crewliste mit den gleichen Angaben auch noch bekommen. Als Harri schon draussen war, meinte Djoey noch, wir sollten ihn kontaktieren, wenn wir mal in Paramaribo seien und etwas bräuchten. Oder auch nur, um gemeinsam etwas zu trinken oder zu essen. Er gab uns seine Mobilenummer und betonte immer wieder, dass wir uns doch bei ihm melden sollten. Leicht verunsichert (war das nun die indirekte Aufforderung, ihn vor unserer Abreise mal einzuladen, oder wirklich einfach ein hilfsbereites Angebot nach «the Suriname Way»?) verliessen wir den Container wieder. Zwei-drei Tage vor unserer Ausreise müssen wir dann wieder dort hin (aber nicht zur MAS), um den Ausreisestempel zu holen. Ist es dann für jene Ausreise von Vorteil, Djoey vorher eingeladen zu haben? Wir wissen es noch nicht…

Am Rückweg erstand der Skipper ein günstiges Ersatz-Handy (natürlich in einem von Indern geführten Geschäft) und dann suchten wir vergeblich in diversen Bauwarenläden und Supermärkten nach Ösen für die Vorschiffs-Blache und nach einem Stück Alu-Rohr. Fast hätten wir es gefunden, aber dann war es doch etwas zu lang: 6m statt der benötigten 30-40 cm (für einen stabileren Halter für den Starlink).

Zuletzt brachte Harri uns noch zu einem Roti-Restaurant. Nun, das ist vielleicht nicht unser zukünftiges Lieblingsessen. Ich war mit dem von Hand Essen von viel Curry-Sauce und komplizierten Hühnerknochen überfordert, und Bänz besann sich auf seine eher zurückhaltende Liebe für Poulet generell… Zudem brauchten wir bis am nächsten Morgen, um die gelbe Farbe unserer Hände und den zugehörigen Geruch wieder loszuwerden. Nein, da bleiben wir viel lieber bei Bami oder Nasi, das es hier ja ebenfalls überall zu haben gibt. Aber eben – Streetfood ausprobieren gehört dazu. Auch Harri hatte viel zu erzählen über sein Land. Er hat 70 seiner 79 Jahre hier in Domburg gelebt. Seine Wahrnehmung der verschiedenen Volksgruppen ist diametral umgekehrt zu jener von Orlando: die Hindus seien die einzigen, die wüssten was Arbeit und Qualität sei. Die Schwarzen seien alles «tiefs» (thieves) und junkies und die Chinesen würden alles übernehmen und in den Lieferungen für ihre riesigen Supermärkte seien immer auch Drogen versteckt. Aber auch in seiner Wahrnehmung leben alle friedlich zusammen…

Gestern Dienstag und heute Mittwoch forderten wir unser kleines Mietauto nochmals so richtig heraus. Gestern gings zuerst nach Nieuw Amsterdam, zum ehemaligen Fort, das an der Verzweigung von Suriname und Comewijn River die Mündung bewacht hatte. Vom Fort ist nicht mehr viel zu sehen, aber die Flussbefestigung ist schön gepflegt und bietet vielen Moskitos den idealen Lebensraum. Etwas weiter innen ist das Outdoor-Museum dazu. Hier kann man einmal mehr die Geschichte des Forts als Gefängnis kennen lernen, aber auch weitere Artefakte betrachten und einen interessanten Überblick über die Geschichte Surinams mit der Timeline dort bekommen. Unser Fazit dabei: seit der Kolonialisierung im 17. Jahrhundert hatte dieser Flecken Erde eine ziemlich bewegte Geschichte, insbesondere auch in den letzten Jahrzehnten. Wir verstehen jetzt Orlandos Misstrauen deutlich besser. Die Sklaverei gibt es in der alten Form zwar nicht mehr, aber Drogenhandel, Goldsuche und in jüngerer Zeit Ölfunde sorgen weiterhin für viel Unruhe.

Von Nieuw Amsterdam ging es weiter Inland bis zum Punkt, wo der Commewijn River von der Transamerica-Strasse gekreuzt wird. Wir fuhren kilometerweit durch grünen Busch, sahen am Strassenrand zu Beginn noch viel recht gepflegte Landwirtschaft und ebenso gepflegte Häuser mit den üblichen Bretterbuden dazwischen, danach dann aber nur noch Urwald und unsere Strasse. Gleich hinter der Brücke über den Comewijn waren zwei Häuser wie im Wilden Westen und ein Polizei-Kontrollposten. Wir waren wirklich „in the wilderness“ angekommen.

Und auch heute ging es in den Busch, bzw. gefühlt bis ans Ende der Zivilisation: heute fuhren wir zum riesigen Brokopondo-Stausee ca. 80km nach Süden. Der Highway führt fast schnurgerade bis dahin. Kurz vor der Staumauer beginnt das Land, etwas welliger zu werden. Die Region heisst denn auch Berg en Dal, wobei die Bezeichnung „Berg“ für unsere Begriffe vielleicht doch etwas übertrieben ist. Am Ende der Staumauer liegt das Dorf Brokopondo. Hierher kommen die Pirogen der Menschen, die da irgendwo am Seeufer wohnen, um ihre Vorräte und anscheinend auch ihren Diesel aufzufüllen. Wir schauen zu, wie sie (mit der Zigarette im Mundwinkel) den Zapfhahn nach der Füllung einfach ins Wasser schmeissen. Um die Ecke sind drei Frauen daran, ihr Gemüse im gleichen Seewasser zu waschen. Es stehen vor allem Pick-ups und Minibusse da. Die Wildwest-Atmosphäre ist hier fast mit Händen greifbar. Gleichzeitig werden wir überall äusserst freundlich gegrüsst. Wir sind wohl einfach ziemlich „off the beaten track“.

Abends gaben wir das kleine Auto wieder Rishi zurück, froh, dass es noch immer im gleichen Zustand war wie bei der Übernahme, nur mit einigen Kilometern mehr.

Morgen starten wir unser nächstes Abenteuer: unser Flug nach Guyana verlässt den kleinen Flughafen „Zorg en Hoop“ (hab ich schon erwähnt, dass mir der Name für einen Flughafen etwas Gänsehaut gibt?) etwa mittags und sollte uns in etwa einer Stunde nach Georgetown, Guyana bringen. Dort möchten wir eine Exkursion zu den berühmten Kaieteur Falls unternehmen, konnten bisher aber online keinen Anbieter finden, der auf unsere Anfragen antwortete. Wir sind ja gespannt, ob wir dann vor Ort etwas organisieren können. Wir haben drei Tage Zeit (der Rückflug ist am Montag) – da müsste sich doch etwas machen lassen? We’ll see! Es wird in jedem Fall viel zu erzählen geben. Ob es auch den Guyana Way gibt und wir dort ebenso viele freundlich-hilfsbereite Begegnungen haben werden? Den Suriname Way haben wir jedenfalls bisher sehr genossen.

Unterdessen lassen wir sea magiX hier an ihrer Boje vor der Domburg Marina und hoffen, dass sie am Wochenende nicht von verrückten Motorboot- und Jetski-Fahrern gerammt wird. Die tummeln sich hier anscheinend gerne am Wochenende, aber eher etwas näher bei der Marina, wo es mehr Zuschauer gibt. Daumen drücken!