Angekommen

Ja, jetzt sind wir wirklich angekommen. Cedeira hat uns stellvertretend für Galizien mit offenen Armen empfangen und wir können einmal mehr nur sagen; wir sind begeistert und sehr froh, so zügig hierher gesegelt zu sein. Jetzt haben wir noch ein paar Wochen Zeit für diese Gegend.

Eine lange, ruhige Nacht, ein wunderbar entspannter Morgen auf dem noch schön glatten, windstillen «Bergsee» unserer Bucht. Die vielen, grossen Fische im glasklaren Wasser beobachten, die ums Boot schwimmen und auf Essbares warten, bzw. wohl am Rumpf knabbern. Dann das Dinghi aus der Koje hervorwürgen und – ok, ein erster Wermutstropfen – der Anschluss der Dinghi-Pumpe passt um Haaresbreite nicht zu den Ventilen dieses neu gekauften Dinghis. Aber das Problem lässt sich in Teamarbeit lösen: die Crew drückt den Anschluss ganz fest ins Ventil und der Skipper pumpt noch fester Luft hinein. Naja, ist wohl eher eine temporäre Lösung. Der passende Anschluss liegt zuhause im Keller; da werden wir Wege finden, um ihn möglichst bald Ende August, anfangs September an Bord zu haben. Oder vielleicht gibt’s in La Coruña ja vielleicht einen Laden mit passender Ausrüstung. Jedenfalls sind wir gegen Mittag abfahrbereit zur Erkundung unseres ersten spanischen Ortes. Wir sind sehr gespannt…

Schon beim Festmachen wird mir bewusst, wie eingerostet bzw. eingemottet meine sowieso schon extrem mickrigen Spanischkenntnisse sind: wir werden von einem jungen Mann in rosa Badehose empfangen und er sagt uns – glaube ich – sehr freundlich, dass wir gerne hier festbinden können, vielleicht einfach unter den Leinen des anderen Bootes, das schon da liegt (hätten wir sowieso gemacht, aber dafür reichte mein Spanisch im ersten Moment nicht; Verbform im Konditional II… puh!).

Wir erkunden zuerst den Fischerhafen und stellen fest, dass wir wohl noch nie einen so aufgeräumten, ordentlichen und sauberen Hafen, geschweige denn einen solchen Fischerhafen gesehen haben. Er ist aber absolut nicht tot, sondern einfach nur sehr sorgfältig gepflegt. Ob das mit der Zugehörigkeit der ganzen Bucht zu einem Naturschutzgebiet zusammen hängt? Nicht ganz ins Bild passt der Kiosk-Container, der mit stabilen Gittern sehr gut geschützt ist. Aber gleichzeitig stehen daneben diverse Boote mit grossen Aussenbordern, von denen keiner mit Schloss gesichert ist. Wir kommen zum Schluss, dass unsere Version, den Aussenborder am Dinghi abzuschliessen, aber die Leine nicht mit Schloss zu sichern, der passende Kompromiss sei. Mit der Zeit werden wir wohl von anderen Seglern erfahren, was der beste Verhaltenskodex hier ist. (A propos Verhaltenskodex: etwas überrascht waren wir, als wir im Hafen-Guide (nicht Reeds) gelesen hatten, dass hier schon Boote gebüsst worden seien, wenn sie keinen Ankerball oder kein Ankerlicht aufgehängt hätten. Auch hier ein Kompromiss: Ankerlicht ja, Ankerball nein. Mol luege…)

Unser anschliessender Spaziergang führt uns via die Hafenmole zum Castello, wo uns eine ebenfalls sehr freundliche Dame in den Ausstellungsraum hinein bittet, dann weiter hinauf durch den Eukalyptuswald zum Aussichtspunkt und zum kleinen Leuchtfeuer, das wir beim Hereinsegeln schon fotografiert hatten. Oben beim Aussichtspunkt werden wir von zwei jungen Menschen aus Marokko angesprochen. Sie mit Kopftuch, er im schwarzen knöchellangen Hemd. Sie, die Schwester, zu Besuch bei ihrem Bruder, lebt seit vielen Jahren in Aachen, und freut sich, mit uns Deutsch zu sprechen. Er, der Bruder, seit ebenso vielen Jahren hier in Cedeira, spricht gerne Französisch mit uns. Sie sind unglaublich freundlich, empfehlen uns gleich mehrere Bars und Restaurants mit gutem Fisch und günstigen Preisen, wollen uns gerne mit dem Auto zu einem berühmten Strand 5km weiter südlich fahren, usw. Da wir im Moment vor allem zum Spazieren unterwegs sind (unsere Beine hatten jetzt 2.5 Tage Pause), lehnen wir dankend ab, aber nicht bevor sie uns zumindest die beiden wichtigsten Restaurant-Namen auf ihren Handys gezeigt haben. Ein weiteres sehr schönes Erlebnis an diesem Ort.

Auch das kleine Städtchen an sich spricht uns sehr an. Die Altstadt besteht aus farbigen und weissen Häuschen mit kleinen Balkon-Erkern, alles fein verziert. Der Anblick erinnert uns an die Erker in Valletta, Malta. Im neueren Teil landen wir quasi direkt auf der Plaza Roja (Praxa Roja auf Galizisch) mit unzähligen Bars und Restaurants, die alle sehr belebt und fröhlich wirken. Und entlang der Promenade zurück finden wir wie durch Zufall die eine Tapas-Bar, welche uns der Bruder so ans Herz gelegt hatte, das Kilowatio (passt sehr gut zu unseren Energie-Themen) und gönnen uns prompt Calamares und Bonito en Salsa Tapas mit una Cerveja Estrella; das Ferien-Gefühl lässt nicht nach.

Beim Dinghi radebreche ich mit dem jungen Mann in der rosa Badehose über Wasser und erfahre, dass er jemanden anrufen könnte, (er hat das Handy schon gezückt dafür), von dem wir Wasser tanken könnten. Ich versuche zu erklären, dass wir eigentlich nur einen Kanister füllen möchten (für eine Borddusche, z.B.), nur fällt mir das Wort bidón nicht ein. Es entwickelt sich eine Komödien-reife Szene mit Handzeichen, Gesten, Italienisch- und Spanisch-Gemisch und wir trennen uns lachend, nachdem ich mich in «wir kommen später wieder» geflüchtet habe (denn wir haben ja keinen Kanister bei uns. Und er wollte den Kollegen trotzdem anrufen, auch wenn wir nur 10 Liter wollten). Schon wieder diese Hilfsbereitschaft und Offenheit. Etwas später begreifen wir, dass er der offizielle Wasser-Taxi-Fahrer für die Boote an den Bojen ist. Schicker Service!

Zurück an Bord lassen wir uns fast von den planschenden Kindern am Strand inspirieren, aber ein Blick aufs Thermometer, das wir misstrauisch zur Überprüfung des Schiffs-Thermometers zusätzlich ins Wasser gehängt hatten, schreckt uns dann doch wieder ab. Sie geben übereinstimmend 18.5 und 18 Grad an; das ist mir auch in der Aare eigentlich zu wenig wenn nicht über 30 Grad Lufttemperatur herrscht. Und die haben wir nicht hier – es sind angenehme ca. 25 Grad und die leichte Brise kühlt noch ab, sofern man nicht im Windschutz des Sprayhoods bleibt. Perfekte Bedingungen zumindest für den Skipper (und auch die Crew ist damit sehr zufrieden). Die Cockpitdusche wird dann durch im Sonnen-Sack aufgewärmtes Wasser zum Luxus gehoben.

Ein wenig aufräumen, dem Leben in der Bucht zuschauen (gerade segelt ein 420er mit mindestens 5 Menschen drauf vorbei), Blog schreiben, kurze Schiffsverlegung, weil sich ein Brite mit seiner Ketsch für unseren Geschmack zu nah neben uns gelegt hat und bei den erwarteten SW-Winden in der Nacht oder morgen Vormittag dann zu ungemütlichen Szenen führen könnte, und schon ist auch dieser Tag wieder vorbei. Es war uns schon in Douarnenez und auch im Tréguier River aufgefallen – irgendwie verfliegen diese entspannten Tage noch schneller als alle anderen.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: