Die Fähre bringt uns, die beiden Frührentner Kurt und Bänz (Naja, mindestens gefühlter Frührentner; Anm. d. Ehefrau), von unserem Ankerplatz der Kultinsel Culatra, nach Olhao. Es ist Springniedrigwasser und im Priel in der Lagune von Faro nach Olhao hat es beängstigend wenig Wasser und es ist sehr viel Land, resp Sand und Salzmarschen ringsum zu sehen. Wir sind auf dem Weg nach Olhao und Faro, um unser drittes Crewmitglied, Manfred, einen langjährigen Arbeits-, Segelclub- und Törn- Kollegen, für den Schlag nach Madeira abzuholen. Und natürlich für einen kurzen Plausch mit meiner Coiffeuse Ana und nebenbei noch etwas frisches Brot und Obst einzukaufen.
Kurt ist nun schon vor einer Woche in el Puerto de Santa Maria an Bord gekommen. In dieser Woche sind wir zuerst wegen des starken Windes nur kurz aus dem Rio Guadalette rausgefahren und nach einem Tankstop in der Marina Puerto Sherry gleich wieder hinter die bestens geschützte Mole des Flusses vor Anker gegangen.
Da gibt es eine Premiere – Anita kocht die lange versprochene Sauce zu Teigwaren fürs Nachtessen. Plötzlich wird es still in der Kombüse und sie erscheint an Deck mit Spinat-grünem Gesicht. Die Diagnose ist schnell gemacht; Seekrank am Anker! Ohne Nachtessen, ohne Zigi und ohne Kaffee verschwindet sie auf Ratschlag des Borddoktors (der Skipper ?) in die Koje und wurde nicht mehr gesehen bis zum frühen Start am nächsten Morgen. Kurt und ich verdrücken das von Anita vorbereitete Nachtessen, das übrigens ausgezeichnet schmeckt, und geniessen beim Sonnenuntergang noch die wunderbare Stimmung im Cockpit bei einem Rum und Schoggi. Während des Zähneputzens flitzt auf einmal Kurt zurück an Deck. Sein grünes Gesicht ist in der Dunkelheit nicht zu erkennen aber auch da ist die Diagnose schnell gemacht – auch Seekrank am Anker. Die Therapie beschränkt sich auch da auf das Gleiche, Augen zu und in die Koje.
Früh am nächsten Morgen gibt es ein schnelles Müesli, einen Saft und schon sind wir vom Anker los und fahren den Leuchtfeuern und Tonnen entlang aus der Bucht von Cadiz. Der Wind ist viel schwächer als am Tag zuvor und von hinten, so dass wir erst etwas motoren. Nach einer Stunde ändert der Kurs und wir segeln mit einem schnellen Halbwindkurs Richtung Nordwesten. Schon bald wird es aber wieder sportlich, der Wind dreht auf Nord, nimmt ordentlich zu und beschert uns einen langen und nassen Amwindkurs bis zum Ankerplatz Mazagon hinter der Mole des Rio Odiel. Steuern ist da Chefsache und die Crew sitzt auf der hohen Kante und «geniesst» gelegentlich ein salziges Vollbad.
Tags darauf werden wir von Sandra in der Marina in Vila Real (de Sante Antonio) schon erwartet. Das Paket mit den neuen Relingsstützen ist unter ihrem Pult, und für den Liegeplatz hat sie auch schon einen «special» Preis ausgedacht und uns einen Platz zugewiesen, der trotz der schnellen Gezeitenströmung im engen Hafen ohne Harakiri-Manöver angelaufen werden kann. Die kleine Portugiesische Grenzstadt gefällt auch beim zweiten Besuch sehr. Kurt wird von Anita eingeführt mit Besuch der Fussgänger-/Einkaufs-Zone, Cafés für 70 Cent und Heladeria mit zweistöckigem Glace Artisanale während der Skipper SVB-Pakete auspackt und dann noch etwas Gezeiten rechnet. Die Relingsstützen passen, brauchen nur eine zusätzliche Bohrung. Das ist mit den vorhandenen Bordmitteln und Kurts Unterstützung rasch erledigt, während Anita das Ganze mit Fotos dokumentiert. Just als ich den letzten Span vom Bohrer klopfe, löst sich der Bohrer aus dem Futter und fällt zwischen den Rost des Steges auf den darunter liegenden Ponton. Einfach liegen lassen und in der Drogaria einen neuen besorgen geht gar nicht. Rasch wird mit dem Bohrschrauber der Rost des Schwimmsteges zerlegt, bis der Bohrer wieder greifbar ist. Und noch rascher werden die Leisten wieder montiert, bevor ein Marinero auftaucht und sich wundert…
Weniger passend als die Relingstützen sind die Gezeiten für den nächsten Morgen. Vila Real liegt etwa zwei Meilen flussaufwärts der Mündung des Rio Guardiana. Da hat es eine Barre mit 1m Wassertiefe, dazu kommt eine Gezeitenhöhe (bei NW) von 1m, was für unseren Tiefgang von 2m nicht ganz reicht. Also müssen wir früher los, damit wir etwa 2h vor Niedrigwasser über die Barre kommen – da ist es aber noch dunkel und hat den stärksten Strom durch die Marina, was das Manöver erschwert. Beim ersten Tageslicht geht es los, obwohl die Crew ob der plötzlichen Eile etwas irritiert ist. Das Ablegemanöver rückwärts gegen den Strom in der engen Marina geht glatt, auf der Barre wird es mit 2,9m Wassertiefe und noch einer beachtlichen Restdünung vom Vortag aber doch etwas eng. Danach geniessen wir aber entspanntes Segeln bei leichtem Wind entlang der Küste bis zur Einfahrt in die Lagune von Faro. Obwohl inzwischen nahe der Hochwasserzeit, schäumt und gurgelt der Flutstrom beachtlich in der Einfahrt und schiebt uns rasch durch die Priele bis in die Marina in Olhao.
Obwohl es eine grosse Baustelle ist, haben sie da Platz für uns; schliesslich habe ich da zum Abschluss des Törns von Anita schon vor 2 Wochen reserviert. Wir gönnen uns einen ausgiebigen Ankertrunk, Porto Tonic und kalter Sherry sind der neue Standard auf sea magiX und das fliesst in Strömen. Anschliessend geht es in die hübsche Altstadt, zu mehr Apero in eine kultige Musikbeiz und danach, versehen mit der Empfehlung von Carin aus der Musikbeiz, in eine kleine Beiz der Einheimischen für Fisch und Fleisch.
Samstagmorgen packt Anita ihre Tasche, sie muss auf den Flieger und heim. Das Taxi ist viel zu früh da, so reicht es plötzlich nur noch für eine schnelle Umarmung und die üblichen «gute Reise»-Wünsche obwohl es noch viel zu sagen gäbe. Die zwei Wochen zusammen auf Törn auf einem so kleinen Boot waren für uns beide ein gewagtes Experiment. Durch die gemeinsame Kindergarten- und Schulzeit waren wir uns zwar vertraut, aber durch die unabhängige Entwicklung der anschliessenden 40 Jahre doch weitgehend unbekannt. Es hat trotzdem geklappt und war ein spannendes und cooles Erlebnis, auch die zweite Woche zu dritt.
Da Manfred erst am Montagabend zur Crew stösst, besorgen wir in Olhao rasch ein paar Einkäufe, Waschen, Putzen und sind dann schon wieder unterwegs zum Ankerplatz in der Lagune vor Culatra. Da geniessen wir beiden Frührentner 2 Tage dolce far niente, Baden, Spazieren über die Insel, montieren die neue Reling und geniessen in einer kleinen Beiz Fisch und Octopus vom Grill. Montag dann der Ausflug wieder bei bestem Wetter nach Faro mit seiner Altstadt mit Bischofssitz und den vielen Storchennestern auf allen Kirchtürmen, Dachgiebeln und sogar Strassenlampenpfosten.
Auf dem Rückweg wartet Manfred schon am Ferrypier und hat nach eigener Aussage in seiner grossen Tasche fast nur meine Spezialbestellungen aus der Schweiz ☹. Und so ist es; Ruchbrot vom Krähenbühl, dunkle Lindt Schoggi, Trockenwürste und vor allem Uschis Post kriegen wir sonst so nicht mal im coolen Culatra.