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Dem Sonnenuntergang entgegen

Nach 8 erlebnisreichen, sonnigen und schönen Tagen in den Kap Verden ging es gestern, am 2. Januar dann doch wieder los. Diesmal nun wirklich zur Atlantikquerung. Ziel: die Iles du Salut vor Französisch Guyana, die als ehemalige französische Strafkolonie und mit der Verfilmung des Buchs „Papillon“ einen eher zweifelhaften Ruf bekommen haben. Aber als Ankunftsort nach ca. 16-20 Tagen offenem Atlantik passen sie eben auch gut und zudem sollen sie – seit der Aufhebung der Strafkolonie (übrigens erst in den 20erJahren des 20. Jahrhunderts!) – auch sehr schön sein. Bis dahin liegen aber noch ca. 1800 SM, d.h. ca. 3500 km offenes Wasser vor uns.

Was geht im Segler vor am Start zu so einer Etappe? Ich habe bewusst in mich hinein gehorcht und auch den Skipper gefragt. Und die Antwort ist ernüchternd, bzw. vielleicht schon etwas besorgniserregend: nicht viel anderes als vor kürzeren Etappen von 3-4 Tagen. Sind wir nun schon leichtsinnig, oder arrogant? Die Fragen, die einen in dem Moment beschäftigen sind aber eben tatsächlich die gleichen wie vor einer kürzeren Etappe: ist das Schiff bereit, haben wir alles gemacht, um sicher und soweit möglich problemlos unterwegs sein zu können? Und zur Crew: sind wir fit genug für die kommenden 2-3 Wochen? Wir haben beide Fragen mit „Ja“ beantwortet. Sea magiX wurde in den letzten Tagen nochmals gründlich geputzt, ihr Rigg kontrolliert und ebenfalls geputzt, sie bekam sogar einen neuen Windex, die Pantry ist voll bestückt mit genug Lebensmitteln für deutlich mehr als 3 Wochen 😉, der Wassermacher funktioniert aber wir haben auch noch immer die diversen Notfall-Petflaschen, und sowohl der Wasser- als auch der Dieseltank sind prall gefüllt. Auch die Crew ist fit, trotz Jahreswechsel-Feiern der Kap Verder. Ein kleiner Unterschied zu anderen, kürzeren Überfahrten ist vielleicht, dass diverse administrative Arbeiten unbedingt noch vorher erledigt oder zumindest in die Wege geleitet werden mussten, aber auch das haben wir in den Tagen vor der Abfahrt zumindest für die allerwichtigsten Themen noch geschafft.

Beim genauen Hineinhorchen stellen der Skipper und ich vor allem Vorfreude fest. Vorfreude auf hoffentlich entspannte Tage auf dem Wasser, bei blauem Himmel, einer guten Brise und genug Zeit für ein Buch, Berichteschreiben (da gibt es viel nachzuholen, ich weiss!) und die eine oder andere Mütze Schlaf. Vielleicht ist das nun doch zu romantisch verklärt? Der Wetterbericht verspricht jedenfalls mal für die ersten Tage schönes Wetter und vielleicht etwas zu wenig Wind. Wir werden sehen!

Ein letztes, gemeinsames Mittagessen im Café Mindelo mit unseren lieben Freunden von der Maxi, ein letztes Glacé, dann lief endlich der Motor und los gings.

Die Düse zwischen Santo Antao und Sao Vicente bescherte uns für die ersten Stunden ordentlich Wind und schon bald waren wir im üblichen Modus mit halb eingerollter Genua unterwegs nach Westen. Die Inseln verschwanden schnell im rötlichen Dunst und da war es dann, das offene Wasser.

Es wurde eine wunderschöne, wolkenlose und sternreiche Nacht. Der Wind liess bald nach und drehte zu unserer Überraschung auf Ost mit südlicher Komponente. Wir mussten vor dem Wind etwas hin und her halsen, damit das Segel in den Wellen genug Druck hatte, um nicht zu „flappen“. Und bei dem leichten Wind konnte Leonie nicht gerade genug steuern, so dass unser elektrischer Autopilot „Erich“ gefragt war.

Noch konnten wir den Schlafrhythmus nicht finden; auch nicht, weil wir die Geräusche und Bewegungen des Bootes noch nicht gewohnt waren. Aber der unendliche Sternenhimmel, der auch ohne Mond genug Licht abgab, dass man die Konturen der Wellen, den Horizont und auch sea magiX gut sehen konnte, entschädigte uns für die fehlenden „Zzzzs“.

Für heute 3.1. war dann noch weniger Wind angesagt und so kam es auch: gegen Mittag beschlossen wir, den Motor zu Hilfe zu nehmen. Der Skipper ging aufs Vorschiff um beim Einrollen der Genua zu helfen und kam mit sorgenvoller Miene und einem Bolzen in der Hand zurück.

Das Metallteil war auf dem Vordeck gelegen, was bei diesen Schiffsbewegungen nun doch recht erstaunlich ist. Wir sind nicht sicher, aber wir glauben, dass der Bolzen aus dem unteren Wirbel der Rollanlage kam. Dort gab es jedenfalls ein Loch, in das er hineinpasste. Aber auch das Studium des Manuals der Anlage konnte uns die Frage nach seiner Funktion und seiner eigentlichen Befestigung in dem Loch nicht beantworten. Mit WD40 geputzt wurde er wieder in das Loch hineingeklebt und mit einem Streifen Klebeband gesichert und nun hoffen wir, dass er seine mysteriöse Funktion auch für die weiteren 1700 Seemeilen vor uns (und danach!) weiter erfüllen wird.

Ein doofes Gefühl, so am Start einer Etappe… aber da wir sicher sind, dass das Vorstag (der dicke Stahldraht, der den Mast nach vorne fixiert) nicht betroffen ist, und sich die Genua weiterhin ein- und ausrollen lässt, wollen wir uns nicht unnötig Sorgen machen.

Inzwischen kommen wir allmählich in die Routine: der Wassermacher wurde gestartet, als auch der Motor lief und gleichzeitig die Solarpanels viel Strom lieferten, die Batterie ist wieder voll, wir haben unsere erste Kommunikationsrunde mit Herunterladen des Wetterberichts erledigt und auch die nächste Zeitumstellung hat schon stattgefunden: wir sind jetzt schon drei Stunden hinter der Schweiz, d.h. in der Zeitzone UT-2.

Sea magiX wackelt gemächlich Westsüdwestwärts, der Skipper studiert den Cruising Guide für Trinidad, Tobago, Barbados und Guyana und ich schreibe Bericht, um morgen etwas an Paddy mailen zu können. Idylle pur. Hoffentlich können wir das noch viele weitere Tage so erleben.