Endlich so richtig im Passat?

Wie immer um die Mittagszeit erreicht mich auch heute die Meldung von sea magiX. Sie sieht heute so aus:

Tönt also ganz positiv. Und ergänzt man das noch mit dem Bild des Wetter-Analyseprogramms, dann sieht es ganz danach aus, als ob für die nächsten Tage schöne Segelbedingungen herrschen. Hier das Forecast-Bild für SA, 14.12.2019, 21:00 mit Startposition von heute Mittag, 12.12.2019:

Und jetzt zum Highlight des Tages, die Berichte von Uschi. Wie immer habe ich sie richtig gehend «verschlungen». Viel Spass!:

MI, 11.12. Tag 8: Suedwaerts

Heute Morgen hatten wir beide einen Durchhaenger. Die Nacht war bewoelkt, ungemuetlich und anstrengend gewesen (wenn auch die Fliegenden Fische wieder unterwegs waren und uns unterhielten. Ein Opfer haben wir leider erst heute Morgen im Rettungsring entdeckt. Der rettete ihn leider nicht.) Seit Samstag etwa waren wir bei 6-7 Bft unterwegs, und heute ist Mittwoch – das ist nun doch lang genug, fand ich. Im Cockpit empfiehlt sich noch immer keine andere Bekleidung als Oelzeug (Wobei Baenz heute seine kurzen Oelzeughosen eingefuehrt hat, und ich tagsueber auch auf das leichtere Jollenspraytop umgestellt habe), schlafen ist schwierig bis manchmal unmoeglich und fuer die naechsten Tage ist nicht wirklich viel Veraenderung in Sicht. In der Hoffnung, dass es weiter suedlich (also etwa ab dem 15. Breitengrad) etwas freundlicher sein wuerde, und mit dem Risiko, dass uns das dann gleich zu wenig Wind wird, haben wir nun heute Morgen den Kurs von West auf Suedwest geaendert. Heute Nachmittag jedenfalls hat sich die durchschnittliche Windstaerke von klaren 6 auf wechselhafte 5-6 reduziert. Und die dicken Boeen mit 28-29kn sind inzwischen schon sehr viel seltener geworden. Ob dies nur eine Pause ist, um uns wieder aufzubauen, oder ob dies schon die Folgen der Kursaenderung sind, wissen wir nicht, aber wir sind jedenfalls froh darueber.

Dabei haben wir wirklich nichts zu reklamieren. Wir sind beide fit, wenn auch nicht ganz munter, sind bestens versorgt mit allem Wichtigen wie Wasser, Energie, Esswaren, etc., das Boot ist noch immer bestens in Schuss, wenn es auch ganz haesslich aechzt und stoehnt wenn uns die Wellen umherschmeissen (wirklich – nicht wir aechzen sondern Sea magiX! Wir meinen, dass sich die Innenschale gegenueber der Aussenschale mit dem schweren und viel stabileren Stahlrahmen im Boden verzieht. Jedenfalls knarrt und knackt es ganz erbaermlich im Schiff.) und unsere Hilfscrewmitglieder, allen voran Leonie, arbeiten meist verlaesslich. Unsere Windsteueranlage bekundet ab und zu Muehe mit den ganz grossen Brechern, die sie ab Kurs werfen. Dann kann es sein, dass sich ihre Einstellung veraendert, eine Leine nachgezogen werden muss, oder sonst eine Dysbalance zwischen ihrer Windfahnensteuerung und dem Rad bzw. Ruder des Bootes entsteht. Deshalb kann sie bei diesen Bedingungen nicht einfach alleine gelassen werden und dies bedeutet eben auch, dass die Wachen anstrengender sind als bei gemuetlicheren Verhaeltnissen, die sie bisher immer absolut problemlos gemeistert hat. Nun, wir hoffen, dass wir nun nicht mehr mit ganz so vielen weiteren Starkwindtagen rechnen muessen. On verra.

Das Wetter bestimmt natuerlich auch unseren Tagesablauf: wir sind vor allem darum bemueht, verpassten Schlaf nachzuholen wenn wir Freiwache haben und hueten Leonie im Cockpit wenn wir auf Wache sind. Fuer viel mehr als etwas zu essen zusammenzustellen und ein paar Zeilen lesen oder schreiben ist bei diesen Verhaeltnissen auch wenig Zeit uebrig.

Auf dem Boot ist es immer so, dass jede Handlung deutlich mehr Zeit als im ruhigen Zuhause benoetigt: zum Beispiel, einen einfachen gruenen Salat mit Gurke, wie heute Mittag zubereiten. Die Salatblaetter hatten wir gestern schon gewaschen und die Haelfte davon fuer heute gelassen, also ein Schritt weniger. Die Gurke schaelte ich gleich im Cockpit und die Schale ging ueber Bord. (®Abfallmanagement¯ ist ein weiteres Thema, ueber das ich an anderer Stelle berichten werde.) Schneiden wollte ich die Gurke noch nicht, denn ich haette die Stuecke nirgends zwischenlagern koennen, ohne dass sie sich im ganzen Boot verteilt haetten – siehe einen frueheren Bericht ueber die Jagd nach der fluechtenden Mise en Place. Also Gurke im Abwaschbecken, in dem schon diverse Kannen und Trinkflaschen lagern, ablegen. Sauce in der Salatschuessel mischen: Gewuerze immer dann aus dem Kaestchen schnappen und das Kaestchen schnell zuschlagen, wenn wir gerade auf diese Seite rollen. Dabei Schuessel nicht loslassen, also einhaendig. Dann mit Schuessel zum Tisch, in dem die Essig- und Oelflaschen stehen. Dort dasselbe Prozedere wie mit dem Gewuerz: ja nicht das Falsche im falschen Moment loslassen? Dann die Schuessel ebenfalls im Ablauf hinstellen und die Gurke hineinschneiden, sowie den Salat hinzufuegen. Es geht einfach alles ein wenig laenger, aber es geht.

Nun gondeln wir weiter suedwaerts und hoffen, dass morgen die Sonne wieder scheint und der Kurs wieder ruhiger wird.

DO, 12.12. Tag 9: Wir sind wieder versoehnt

Seit gestern Abend hat der Wind um etwa ein Bft nachgelassen. Das wurde sofort sichtbar an der Veraenderung des Wassers: anstatt jeder bis jeder zweiten Welle bricht nun noch etwa jede fuenfte. Es wurde auch sogleich spuerbar an den Schiffsbewegungen: Sea magiX kann sich ihren Weg durch die Wellen bahnen und schlingert nicht mehr irgendwohin, weil sie von den Wellen wie ein Kinderfussball umhergeschubst wird. Auch hoerbar hat sich sofort einiges veraendert: der Wind pfeift zwar noch immer durchs Rigg wenn wir nicht ganz auf Kurs sind, aber dazwischen ist es dort viel ruhiger. Und unter Deck wurde es heute Mittag wundersam ruhig, als Baenz das Knarren unserer Innenschale durch gezieltes Unterlegen des Rahmens behob. Es ist schon fast unheimlich ruhig jetzt hier drin. Und schliesslich ? es wurde auch riechbar: unter diesen Bedingungen war mal wieder eine richtige Cockpitdusche moeglich, anstatt der ueblichen Katzenwaesche. Zudem segeln wir seit etwa 3h morgens wieder westwaerts – so ungefaehr; der Wind ist aeusserst wechselhaft sowohl in Staerke als auch in Richtung – und Leonie steuert ohne zu murren Meile um Meile dahin. Dass der Himmel noch immer bedeckt ist, mag zwar noch als kleiner Makel gelten, aber im Grunde sind wir schon wieder sehr zufrieden mit uns und der Welt.

Gemaess Paddy, unserer Wetterfee in der Ostschweiz, wird es noch etwa 24h lang mit diesen (5-)6 Bft aus E-ENE weiterblasen, dann sollten auch die um noch ein weiteres Bft zurueckgehen. Wer weiss, vielleicht wird es uns dann schon zu gemuetlich?? Paddy ist ja nicht nur unsere Wetterstation, sondern stellt auch die Kommunikation zwischen Boot und Land sicher, betreut unterdessen diesen Blog und begleitet uns auch sonst aeusserst hilfsbereit und professionell auf dieser Reise. Ein grosses Merci mal wieder an den Bodensee!

Die Kommunikation fuellt einen Teil des taeglichen Programms. Wir haben ein Iridium-Satelliten-Telefon an Bord mit urspruenglich 75 Min Prepaid-Guthaben, wovon wir noch auf Teneriffa etwa 10 Minuten verbraucht haben, um alle Varianten durchzutesten. SMS von Paddy darauf zu empfangen kostet uns nichts, aber das Senden einer Nachricht von uns an ihn kostet uns pro Senden 30 Sekunden. Jeden Tag gegen Mittag unsere Zeit schicken wir eine Positions- und Zustandsmeldung an Paddy. Er stellt uns jeweils den Wetterbericht zusammen und gegebenenfalls auch News; wir sind also ueber den alten/neuen Bundesrat schon im Bilde. Blog-Beitraege gehen im Verlauf der gemeinsamen 14-18h-Wache via Satelliten-Telefon-Hotspot als Emails zum Datentarif von ca. 2 Minuten pro Mail an Paddy. Um sie moeglichst leicht zu machen, erhaelt er sie als MS-DOS-Textfiles. Und um nicht jeden Tag 2.5 Minuten Guthaben aufzubrauchen, werden die Beitraege etwas gesammelt und nur alle 2-3 Tage (naja, am Anfang gings laenger, bis die Tage 1-5 sendebereit waren, sorry!) geschickt. Paddy stellt sie dann in den Blog – nochmals merci villmol! Nur die Kommunikation via normale Mails oder normale SMS wird erst wieder moeglich sein, wenn wir «auf der anderen Seite» angekommen sind. Solltet Ihr also Kommentare geschickt haben, so bitte ich um Entschuldigung, wenn die erst mit einiger Verzoegerung beantwortet werden koennen. Wir hoffen einfach, dass Ihr auch Spass daran habt, wenn die Bilder erst spaeter kommen und wohl nicht so abwechslungsreich sein werden wie bisher. Wasser fotografieren ist extrem schwierig!

Wir sind jetzt nur wenige Meilen noerdlich des 15. Breitengrades und etwa auf 33 Grad 22 Minuten West. Deshalb haben wir heute auch wieder – zum zweiten Mal seit dem Start – unsere Uhren eine Stunde zurueck gedreht. Wir richten uns beim Entscheid der Zeitumstellung jeweils danach, wie der Tagesanbruch so ungefaehr liegt. Ziel ist, jeweils etwa von 06h morgens bis 18h abends Tageslicht zu haben. Ich finde es spannend, die Zeitzonen so konkret zu erleben, und unsere Zeit selbst so bestimmen zu koennen! Wir sind jetzt also bei UT-2. (In der Schweiz ist UT+1)

Dem Skipper zufolge sind es bis zum momentanen Ziel Barbados noch etwa 1800 SM, also wahrscheinlich etwa noch 15 Tage.

Heute haben wir den Wassertank wieder randvoll mit dem Wassermacher gefuellt. Zusammen mit den mitgefuehrten Saft- und Wasserflaschen haben wir wohl ca. 200l zu Trinken an Bord. Sollte also der Wassermacher morgen ausfallen, so haetten wir noch immer 3l pro Tag zur Verfuegung, ohne dass wir den manuellen Wassermacher bemuehen muessten. Natuerlich haetten wir dann kein Brauchwasser mehr, also hoffen wir, dass dieses Szenario nicht eintritt.

Zur Versorgungslage ansonsten: heute haben wir erstmals an drei der gekauften Brote Schimmel entdeckt und weggeschnitten. Bisher war ich erstaunt, wie wenig wir mit Schimmel zu kaempfen haben, aber das aendert sich moeglicherweise jetzt gerade auch mit dem Klima. Die Bananen sind bald alle und einige der Grapefruits muessen jeweils gegessen werden, bevor sie zu schimmlig werden. Die Orangen hingegen halten sich gut, jedenfalls jetzt, da sie nicht mehr im groben Netz liegen und dort mit ihrem Eigengewicht ihre Schale andruecken. Baenz hat sie in ihrem eigenen kleinen Netz separat aufgehaengt und das scheint ihnen zu behagen. Auch die Kiwis und die AEpfel sind noch ganz ok.

Das Gemuese konnten wir von Anfang an im Kuehlschrank lagern, abgesehen von den beiden Weiss- und Rotkohls (mit den Fruechten im Netz), den Kartoffeln und den Zwiebeln (unter den Bodenbrettern in der Bilge). Dort hat sich bisher Stangensellerie, Lauch und Peperoni gut gehalten, und bis gestern auch die kleinen gruenen Salate. (Eisbergsalat fanden wir in ganz Radazul/Sta. Cruz uebrigens keinen Brauchbaren). In der Kuechenkiste in der Achterkoje lagert zudem noch eine gruene Gurke, der es dort im quasi Dunkeln auch gut zu gehen scheint. Die einzigen Gemuese, die uns bisher etwas enttaeuscht haben, waren die Karotten, die wir vorgestern, also schon nach einer Woche notfallmaessig verarbeiten mussten. Die Herausforderung in der Pantry ist momentan also, jeweils das Gemuese zu etwas Feinem zu verarbeiten, das als naechstes faellig wird, ohne gleich alles zu verbrauchen. Heute wird es wahrscheinlich mal etwas mit Peperoni geben ? einem davon traue ich nicht mehr ganz. Ich bin sehr gespannt, wie es mit dem Essen weitergehen wird. Bisher haben wir – auch fuer die etwas unbequemeren Bedingungen – wirklich gut gelebt, z.B. gestern mit einem Kartoffel-Gemuese-Eintopf mit einer Chorizo drin, die dem Ganzen einen sehr markanten Geschmack gab. A propos Kochen: das findet taeglich etwa auf 17.30h statt, mit dem Bemuehen, bis 18h fertig zu sein, so dass noch einigermassen bei Tageslicht und innerhalb der gemeinsamen Wache aufgeraeumt ist. War anfangs etwas frueh, aber inzwischen haben wir uns daran gewoehnt. 

Vorhin haben wir noch einen Schreck bekommen: Baenz kontrollierte mal wieder den Motor und schon beim Oeffnen der Abdeckung murmelte er «wie wenn ich es gespuert haette». Nicht gut! Es war Wasser im Sumpf, obwohl der Motor seit bald einer Woche nicht mehr gelaufen ist. Eine Stunde und einiges Gemurmel spaeter hatte er das Getriebe mit dem Saildrive ausgeschlossen (das waere das groesste Problem, da nicht einfach ein Hahn oder eine Leitung, sondern ein wirklich grosses Loch unten am Boot, und untendran ist dann der Propeller). Ok, die Pulsrate konnte wieder etwas reduziert werden. Dann kam der Einlasshahn dran, der ja in Teneriffa beim Einwassern sehr schwer gegangen war. Aber auch der scheint trocken zu sein. Dann gab es noch die Moeglichkeit, dass der Einlass fuer den Wassermacher, bzw. die Abzweigung in den Wassermacher, Schuld daran sein koennte. Dies scheint eine Moeglichkeit zu bleiben, denn unter der Abzweigung war es feucht und salzig. Aber schliesslich kam der Skipper auf die plausibelste und gleichzeitig auch am wenigsten unangenehme Erklaerung: es koennte auch sein, dass das Wasser von den hohen uns stossenden Wellen durch die Motorentlueftung eindringt. Die ist zwar ganz oben am Rumpf des Bootes, aber wenn so eine Welle hinten ans Heck schlaegt und ins Boot schwappt, koennen durchaus auch einige Deziliter ins Rohr und von da in den Motorraum gelangen. Wir haben uns befriedigt fuers erste auf diese Variante geeinigt und werden morgen wieder kontrollieren.


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