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Grenada – Spice Island

Die Insel nennt sich auch Nutmeg Island, d.h. Muskatinsel, und hat eine Muskatfrucht in ihrer Flagge. Aber am häufigsten begegneten wir dem Begriff, der mehr als nur ein Gewächs bezeichnet. Eben; Spice Island. Und wir empfanden sie nicht nur im buchstäblichen, sondern auch im übertragenen Sinn als würzig. Grenada gefällt uns sehr, nur der Autoverkehr ist verrückt.

Schon als wir mit dem Dinghy in der schicken Camper and Nicholson Marina mit gepflegten Gartenanlagen anlegten und fürs Einklarieren nach den Customs and Immigration fragten, fiel uns auf, wie freundlich wir begrüsst wurden und wie hilfsbereit man uns gleich um die Ecke zu den Beamten dirigierte. Auch die waren sehr freundlich, bis sie im Ausklarierungs-Formular von Martinique sahen, dass wir Tobago als Destination angegeben hatten. Dann wurden wir belehrt, dass das nicht rechtens sei. Wenn wir Tobago angeben würden, dann müssten wir nach Tobago fahren, und könnten nicht einfach nach Grenada kommen. Auf meinen überrascht ungläubigen Gesichtsausdruck hin (und dabei war ich froh, dass ich gerade noch bremsen konnte, bevor mir das „so ein Quatsch“ rausgerutscht wäre) doppelten sie noch nach: rechtlich gesehen könnten sie jetzt die Coast Guard anfordern und sie beauftragen, uns ausser Landes zu eskortieren… Bis dahin hatte ich mich gefangen und konnte dem Beispiel des Skippers folgen und verständnisvoll nicken. Bei den 2-3 Ein- und Ausklarierungen pro Tag im Moment, müssen sie wohl auch hier die Gelegenheit nutzen, um sich wichtig zu machen, wenn mal etwas anders läuft als 0815. Das ist wohl überall gleich, auch wenn es bedeutet, dass sie Mist erzählen. Sie gaben dann aber weiter freundlich Auskunft über das Ausklarierungsprozedere und bestätigten, dass wir sonst auch in Prickly Bay ausklarieren könnten, wenn es dann aktuell werde.

Unsere erste kleine Hafenrundfahrt mit dem Dinghy zeigte, dass auch hier in Grenada diverse Boote hängen geblieben sind und wohl kaum je wieder lossegeln werden. Eindrücklich, wie sie inzwischen sogar auf dem Wasser von Pflanzen überwachsen werden.

Etwas enttäuscht waren wir, als wir sahen, dass diverse Gebäude, in denen der theoretisch aktuelle Doyle Ausgabe 2024/25 Restaurants und Bars verortet hatte, inzwischen am Zerfallen sind. Da sich auch die Anzahl zur Verfügung gestellter Bojen im Marine Park vor der St. George Bucht sehr deutlich von den Angaben im Pilot unterscheidet (18 statt 50 macht einen Unterschied), begannen sich Zweifel an der Aktualität der anderen Angaben zu erheben. Nun, was solls, ein wenig selbst entdecken gehört ja eben auch zum Reisen und macht einen grossen Teil des Reizes aus.

Für die Erforschung von St. George zu Fuss am nächsten Tag waren wir früher gestartet, um nicht in der unerträglichsten Nachmittagshitze unterwegs zu sein. Trotzdem lief uns der Schweiss in Strömen über den Rücken, als wir vom Grenada Yacht Club, wo wir das Dinghy nach Absprache mit den sehr hilfsbereiten GYC-Mitarbeitenden am Dinghy-Steg lassen durften, zur Carrenage Bucht mit dem Fischerhafen spazierten. Und von dort weiter hinauf auf die Hügel, um von oben den Ausblick auf die Buchten zu bekommen. Wo immer wir spazierten – wir wurden von fast jedem der öffentlichen Minibusse angehupt, ob wir mitfahren möchten. Vielleicht waren es unsere roten Köpfe in der Hitze. Vielleicht auch einfach die Tatsache, dass nur verrückte Ausländer hier über etwas längere Strecken zu Fuss unterwegs sind. Fröhlich und freundlich waren sie jedenfalls alle. Immer wieder wurden wir mit „Welcome to Spice Island“ oder einfach „Welcome“ begrüsst, auch wenn wir gerade nichts kaufen wollten.

In St. George fiel uns nebst der Offenheit der Menschen auch auf, dass wenig Müll herum liegt. Wir begegneten auch der Müllabfuhr. Gemäss Doyle gibt es an/in der Halifax Bay eine Mülldeponie, die weiterhin betrieben wird, und bei der man sich bemühe, dass nichts davon ins Meer gelange. Wir haben sie nicht gesehen, aber es ist das erste Mal auf diesen Inseln, dass wir dem Thema sogar im Doyle begegnet sind. Dass es wiederum nur eine Fassade für die Kreuzfahrt-Touristen sei, die gleich hinter der ersten Häuserzeile endet, glauben wir nicht, denn auch weiter hinten war es sauber, als wir umherspazierten. Ob es mit der etwas besseren wirtschaftlichen Situation der Bevölkerung zusammen hängt? Sie haben hier den ganz grossen Vorteil, dass Grenada als relativ Hurricane-sicher gilt. Die letzten direct hits waren Ivan 2004, dessen Spuren wir im Verlauf der Tage auf der Insel immer wieder begegnen und Emily gleich danach im 2005, die für sehr viel Zerstörung bei den Muskatproduzenten sorgte. Weil es 10 bis 15 Jahre dauert, bis ein Muskatbaum richtig Früchte trägt, waren die Farmer gezwungen, zu diversifizieren. Sie setzten vermehrt auch auf Kakao, Vanille und Kaffee.

Beryl, der 2024 ganz nah nördlich von Grenada auf Bequia traf, hat ebenfalls für Schäden gesorgt. Trotzdem: viele Segler kommen für die Sommersaison hierher und im Süden von Grenada gibt es in der Prickly Bay und den angrenzenden tiefen Buchten einige grosse Werften, die von diesen Kunden leben.

Am Weg entlang dem Fischerhafen wurden wir Zeugen des Todeskampfes einer Sepie, die viel rote Tinte ausstiess. Wieso es überhaupt zu diesem tragisch-spannenden Schauspiel kam, wissen wir nicht. Als wir ein paar Stunden später an der gleichen Stelle wieder vorbei kamen, trieb sie leblos im Wasser, ihre Flossen schon angebissen und halb zerrissen.

Unser Versuch, vom Fort aus den Blick auf die Buchten zu erhaschen, misslang, weil es derzeit wegen Renovationsarbeiten nicht zugänglich ist. Also stiegen wir eine Stufe weiter hoch auf den Hügel dahinter, vorbei am zerfallenden Parlamentsgebäude steil bergauf.

Und stellten fest, dass der ganze Hügel übergangslos vom Wohnquartier zum Friedhof übergeht. Es ist nicht klar, ob sich die Gräber ins Quartier ausbreiten oder umgekehrt. Aber es war ein für uns ungewohnter Anblick, die Gräber direkt an der Strasse und zwischen den Wohnhäuschen zu sehen. Ebenso dann auch, darüber und darum herum zu steigen, um zum Viewpoint zu gelangen. Ein grosser Teil der Bevölkerung (mehr als 60%) ist katholisch und etwa ein Fünftel ist anglikanisch. Ob das einen Einfluss auf die für uns so ungewohnte Vermischung von Friedhofsanlagen mit Wohngebieten hat, wissen wir nicht. Es fiel uns aber auch andernorts auf der Insel immer wieder auf.

Grenadas jüngere Geschichte klingt spannend wie ein Krimi (für Aussenstehende. Für die Betroffenen kann es nicht so lustig gewesen sein.) Im 17. und 18. Jahrhundert gab es das damals übliche Hin und Her zwischen Frankreich und England um diese strategisch praktisch gelegene Karibikinsel. Ab Ende des 18. Jahrhunderts war sie dann ein Teil des britischen Weltreichs und ist auch heute noch Teil des «Commonwealth of Nations», also eine parlamentarische Monarchie mit König Charles als Staatsoberhaupt, wobei die Regierung heute von einem alle 4 Jahre gewählten Premierminister geführt wird.   Einigen Quellen zufolge (u.a. wieder Doyle) waren viele der Einheimischen überhaupt nicht glücklich, als die Briten ihre Kolonie 1974 in die Unabhängigkeit schickten. Es habe Streiks und Proteste gegeben, habe aber alles nichts genützt. Darauf folgten zunehmend autoritäre Regimes, bis Maurice Bishop als Revolutionsführer eine für amerikanisches Empfinden zu Kuba- und Nicaraguafreundliche Politik zu verfolgen begann. Bishop wurde in einem Putsch abgesetzt und später vom Militär zusammen mit einem Grossteil seiner Regierung exekutiert. Nach dem Putsch bat der Generalgouverneur die USA um eine Intervention, und diese starteten 1983 gegen den Willen der Briten und der UNO eine Invasion. Ob der Generalgouverneur sich das so vorgestellt hatte? Das sagen die besagten Quellen nicht… Die Putschisten wurden abgesetzt und seit 1984 gibt es regelmässige Wahlen ins Parlament und für die Regierung. Auch eine Aufarbeitung der Geschehnisse um den Putsch wurde angegangen. Heute wirkt Grenada wie ein funktionierender, demokratischer Staat, obwohl er mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, wie alle anderen auch. Wichtigste Einkommensquelle der Insel ist der Tourismus. Während der Saison legen scheints oft täglich 4 Kreuzfahrtschiffe am Pier von St. George an. Was sind wir froh, dass die Saison jetzt vorbei und das nächste Schiff erst für im Juni im Plan ist! Aber nebst dem Kreuzfahrttourismus konnte sich anscheinend bisher die nachhaltigere Form mit Hotels, Ferienwohnungen, Guest Houses und Seglern auch halten. Das merkt man z.B. an den vielen kleinen Restaurants und Bars, die noch immer offen sind und sowohl die lokale Bevölkerung (oft mit Takeaway-Menüs) bedient, als auch Touristen wie uns.

Neben der Tourismusindustrie gibt es hier auch noch die Landwirtschaft mit der Produktion von Gemüse und Früchten (und Rum) für den eigenen Markt und dem Export von Gewürzen und Schokolade bzw. Kakao. Und auch die Fischerei scheint noch zu funktionieren; zumindest für den eigenen Markt.

Die Bemühungen der Verantwortlichen um den Erhalt der Schönheit der Insel für den Tourismus sind u.a. bei der Einrichtung von Marine Parks an diversen Streckenabschnitten an der Küste sichtbar. Deshalb gibt es vor St. George auch die schon erwähnten Bojen; hier wäre nämlich ankern eigentlich verboten. Aber weil das Verbot nicht durchgesetzt werden kann wenn zu wenig Bojen da sind, funktioniert das Ganze (noch?) nicht sehr gut. Schade eigentlich! Wohl ein wirkliches Dilemma. Man will die Segeltouristen eben auch nicht verscheuchen. Und wenn sogar in der Nebensaison, in der wir uns jetzt befinden, nicht genügend Bojen für die Segelboote da sind; wie wird das dann im Dezember bis Februar, wenn Hauptsaison ist? Wir werden sehen…

Für die weitere Erkundung der Insel mieteten wir wieder ein Auto und verbrachten zwei aufregend anstrengende Tage auf der Strasse, die uns oft an eine Achterbahn erinnerte. Immer wieder kämpfte sich unser kleiner Isuzu eine gefühlt senkrechte Seite eines Hügels hinauf und oben mussten wir befürchten, mit dem Chassis unten aufzusetzen, weil es auf der anderen Seite gleich wieder so steil hinunter ging. Die Kurven sind jeweils sehr eng und die Fahrweise der Locals, insbesondere der Taxibusse, einfach haarsträubend. Sie hupen jeweils pro forma vor einer Kurve (hören selbst aber nichts wegen der lauten Musik im Auto) und schneiden sie dann wahllos, überholen an den unübersichtlichsten Stellen und rasen mit Tempi durch die Gegend, die auch für Autofahrer, die gerne zügig unterwegs sind, einfach zu hoch sind. Einige Wracks auf dem Dach am Strassenrand oder in den Gräben zeugen von den teils misslungenen Manövern. Immer wieder hörte ich, wie Fahrer beim Ankommen irgendwo ein «Thank you Jesus» äusserten. Ich bin inzwischen zum Schluss gekommen, dass sie beim Einsteigen ins Auto jeweils die Verantwortung einfach an Jesus abgeben, im Vertrauen auf ihre Schutzengel fahren wie die Wilden und sich danach dann bedanken, wenn alles gut gegangen ist. Und wenn die Schutzengel gerade mit einem noch wilderen Fahrer beschäftigt sind, dann geht’s eben ab und zu schief… Wir hatten Glück und kamen unfallfrei durch die zwei Tage, aber mehr als einmal war das knapp. Wahrscheinlich beschäftigten wir zwei Tage lang eine ganze Truppe von Schutzengeln… Trotzdem – die Tausenden von Eindrücken, die wir in diesen zwei Tagen sammeln konnten, sind geblieben. Die Insel gefällt uns sehr. Vor dem tiefgrünen Hintergrund kleben fröhlich farbige Häuser und Häuschen an den fast senkrechten Hügelwänden. Die Häuser stehen oft auf Stelzen, um den sehr steilen Abhang auszugleichen. Wo vorhanden, werden die Gärten gepflegt und die üppig blühenden Pflanzen leuchten ebenso farbig wie die Häuser. Immer wieder fragen wir uns, ob die Hausfarbe passend zur nahen Bougainvillea gewählt wurde oder umgekehrt. Auch offizielle Gebäude, wie zB die Police Station, werden sorgfältig gestrichen. Die jedoch in zurückhaltenderen Farben. Und vielerorts sind Wände, Lampenpfähle und auch Häuser in den Nationalfarben Grün Gelb Rot gestrichen: vor einem Jahr wurden 50 Jahre Unabhängigkeit gefeiert. Die Fähnchen, Plakate und eben bemalten Flächen sind noch immer da – warum auch entfernen? Die Farbe ist ja noch immer gut.

Die Verhältnisse auf den Strassen hier bewirkten, dass wir an beiden Tagen dafür sorgten, noch vor dem Eindunkeln wieder zurück beim Grenada Yacht Club zu sein. Nachts wollten wir auf keinen Fall hier unterwegs sein. Auch nicht per Taxi. Das war einerseits schade, denn wir hätten gerne eine Tour zur Beobachtung der Baby Turtles im Norden der Insel mitgemacht, die um 19h startet und irgendwann mitten in der Nacht dann endet. Aber andererseits waren wir uns einig, dass wir dieses Risiko nicht eingehen wollten. Schutzengel brauchen schliesslich auch ihren Schlaf. 😊

An den zwei Tagen kurvten wir kreuz und quer über die Insel. Die erste Wanderung vom Grand Etang zum Mount Qua Qua brachen wir nach etwa der Hälfte des Weges ab, als sich der Nieselregen der Wolke, die immer über der Inselmitte an den Bergen hängen bleibt, in richtigen Regen zu verwandeln drohte. Der Weg war so schon sehr matschig und rutschig auf einem schmalen Grat im ständigen steilen Auf und Ab. Und Aussicht gab es bei dem Wetter auch keine, also wozu das Ganze? Auch der Hund, der hier die Wanderer anscheinend jeweils für die Tour zu adoptieren scheint, war mit dem Umdrehen einverstanden.

Einen weiteren Regenguss wetterten wir im Nutmeg Museum ab und bekamen viele Informationen über die Muskat-Produktion. Unsere Tourguide war gerade daran, ein paar Wörter Deutsch zu lernen, wollte die Tour dann aber doch in englischer Sprache führen. Auch so verstand sie unsere Fragen nicht immer – oder wusste die Antworten darauf nicht. Sie hatte offensichtlich den Text der Tour auswendig gelernt und wusste wenig darüber hinaus. Trotzdem – wir lernten viel Neues und genossen es, eine Privattour zu zweit zu bekommen.

Über kleine Nebenstrassen gelangten wir an das Nord-Ende der Insel und konnten von dort den Blick auf die zu Grenada gehörenden Schwesterinseln geniessen. In Sauteurs hatten wir gehofft, eine Kaffeebar oder ähnliches zu finden, aber vergebens.

Beeindruckend war dann die Tour durch die Antoine River Rum Destille. Hier kamen wir in den Genuss einer Tour geführt von einer Tourguide, der das Produkt am Herzen lag. Stolz beschrieb und zeigte sie, wie hier der Rum (mit 75 und 69% Alkoholgehalt) noch immer etwa so produziert wird wie vor 200 Jahren. Die Energie für die Zuckerrohrpresse kommt vom Wasserrad, die «Bottiche» für den Fermentierungsprozess und die diversen Phasen sind aus Zement (früher aus Holz – das ist eine etwa 100jährige «Neuerung», geheizt wird der Destillierungsprozess mit Holz und am Schluss kommt der fertige Rum in blaue Kunststoff-Chemiefässer. Abgefüllt und etikettiert wird von Hand; etwa 1200 Flaschen können so pro Tag produziert werden. Bis zu 09/11 produzierten sie nur 75%igen Rum, aber weil der so hoch brennbar ist, darf er seit damals nicht im Flugzeug mitgenommen werden und deshalb gibt es seither auch noch den 69-prozentigen. Aber eigentlich wird er gar nicht exportiert; anscheinend wird der allergrösste Teil des sehr potenten Getränks auf der Insel konsumiert. (Was vielleicht auch einiges im Strassenverkehr erklärt…)

Zur Tour gehört auch noch die Degustation. Wir waren überrascht, dass der Rum tatsächlich gar nicht «spritig» schmeckt. Aber seine Potenz ist auch in einem Teelöffel deutlich spürbar! Eine Flasche des 69-Prozentigen erstanden wir für die Bordbar. Oder vielleicht auch für die Bordapotheke. Dual purpose, heisst das glaube ich auf modern 😉.

Am zweiten Tag war das Wetter trockener und wir konnten zu den St. Margaret Falls wandern, ohne dabei im Schlamm zu versinken. Bei des Skippers Versuch, zur nächsten Wasserfallstufe zu gelangen, klemmte ich ab nach einigen Metern senkrechtes Klettern an einer rutschigen Erdwand. Rückwärts wieder hinunter war schon diese 15m anspruchsvoll genug für mich. Dafür konnten wir danach den Pool beim Wasserfall ganz für uns alleine haben. Das Bad im kühlen Frischwasser war sehr schön. Stimmt, das gibt es ja auch noch! Ab und zu tauchen Erinnerungen an die Heimat hier auf und wecken die Vorfreude auf den Sommer in der Schweiz.

An der Ostküste bei Grenville begegneten wir einmal mehr dem Thema Sargassogras. Kaum aus dem klimatisiert kühlen Auto ausgestiegen, empfing uns die heisse Luft mit starkem Verwesungsgestank. An der Küste liegt ein dicker Teppich von der verrottenden Alge und die Bewohner versuchen, das Zeug mit Schubkarren und Schaufeln weg zu schaffen. Wohin wissen wir nicht. Eine klassische Sisyphus-Aktion und sehr traurig. Ob man sich irgendwann an den Gestank gewöhnt? In den 1-2 Stunden unserer Zeit vor Ort jedenfalls nicht!

Weiter inland und wieder auf einem der unzähligen steilen Hügel im Ort Laura liegen die Laura Herb and Spice Gardens. Hier genossen wir einmal mehr eine Tour nur für uns zwei. Leider war auch hier unsere Tourguide wenig an ihrem Thema interessiert. Wie ein Roboter spulte sie die Informationen zu den vielen Heilpflanzen im schön angelegten Garten ab und erweckte den Eindruck, keinesfalls mit Fragen unterbrochen werden zu wollen, weil sie dann den Faden verlieren würde. Aber auch wenn wir uns die diversen Anwendungsmöglichkeiten für all die Kräuter in dem Garten nicht merken konnten (und eigentlich auch nicht unbedingt wollten), so erfuhren wir trotzdem viel Spannendes, zB über die Handbestäubung von Vanille, den Reifeprozess von Kakao und sahen zum ersten Mal einen Pfefferstrauch, eine Currypflanze und auch Ingwerpflänzchen. Viel Freude hatte ich am lokalen Namen für ein Pflänzchen, das sich nur morgens aufrichtet und die Blüte am langen Stengel öffnet und sich mittags dann wieder hinlegt bis zum nächsten Morgen: «Jump up and Kiss me» ist nun wirklich herzig, finde ich.

An der Südecke der Insel liegen die schon erwähnten Buchten mit Marinas und Werften. Wir erkundeten sie von der Strasse aus und stellten fest, dass diese Seite viel stärker bebaut ist und die Jachten eng an ihren Bojen liegen dort. An Land stehen sie ebenso eng nebeneinander auf ihren Gestellen, mit Gurtbändern am Boden gesichert. Auch wenn Prickly Bay (Lance aux Epines) wohl gut geschützt ist – es hat uns nicht dort hin gezogen mit dem Boot. Aber jetzt wissen wir, wie es da aussieht.

In St. George gibt es auch das «House of Chocolate», das eigentlich eher als Shop gedacht ist, aber eben auch Führungen zur Schokoladeproduktion anbietet. Diesmal kamen wir wieder in den Genuss einer lebendigen, engagierten und entsprechend spannenden Tour. Umgeben vom verführerischen Schokoladeduft konnten wir die diversen Schritte von der Ernte, der Fermentierung, dem Trocknungstanz (die Produzentinnen tanzen tatsächlich auf den Bohnen und mischen sie so auf, um ein gleichmässiges Trocknen zu gewährleisten) bis zur Verpackung verfolgen, degustieren und natürlich auch einkaufen.

Ein anderes Highlight dieser Insel ist für mich der Molinère Underwater Sculpture Park. Der liegt wenig nördlich von St. George, für uns von «unserer» Boje aus gut mit dem Dinghy erreichbar. Weil gerade keine Kreuzfahrtschiffe da sind, waren auch die Bojen frei, an denen die Ausflugs- und Tauchschiffe festmachen. So konnten wir das Dinghy dort vertäuen und direkt dort schnorcheln gehen. Wir brauchten zwei Anläufe an zwei Tagen, um das Gefühl zu haben, das meiste gesehen zu haben. Im leider jetzt nicht mehr so klaren Wasser tauchen die Skulpturen schemenhaft unter einem auf. Für genaueres Hinsehen taucht man ein paar Meter hinunter und kann dann die Figuren mit ihrem entstehenden Bewuchs bestaunen, bis einem die Luft ausgeht. Eine faszinierende, spannende Idee. Berühmtheit hat der Skulpturenpark erlangt, als er vor Jahren von National Geographic auf die Titelseite gesetzt wurde. Seither sind überall auf der Welt weitere solche Parks entstanden. Der Ursprüngliche hier in Grenada bekam vor zwei Jahren eine Erweiterung mit diversen Karnevalsfiguren. Die Suche nach den Skulpturen und ihre Entdeckung beim Schnorcheln in dem recht grossen Gebiet fand ich ebenso spannend wie die Figuren selbst, die vom Meer ständig weiter «bearbeitet» werden. Meine kleine wasserfeste Kamera war wohl doch ein wenig zu günstig und entsprechend niedrig ist die Qualität der Aufnahmen. Für bessere Bilder geht man am besten direkt auf die Webseite des Parks: https://underwatersculpture.com/projects/molinere-underwater-sculpture-park/

Nun liegen wir also schon seit mehr als einer Woche hier vor St. George, haben viel gesehen, täglich gebadet und geschwommen, Freunde getroffen, ab und zu ein wenig gearbeitet, wunderbare Sonnenuntergänge verfolgt, und ganz allgemein die Zeit hier sehr genossen.

Inzwischen wird der Wetterbericht wieder täglich konsultiert, Routen berechnet und der Doyle für Trinidad studiert. Bald geht es weiter zu unserem Übersommerungs-Ziel in der Peaks-Werft in Chaguaramas auf Trinidad. Dort gibt es dann viel Putz- und Aufräumarbeit, um sea magiX gebührend auf die mehrmonatige Sommerpause vorzubereiten. Aber bis dahin geniessen wir hier noch das Leben auf dem Wasser vor der schönen, grünen Insel Grenada.