Der Botanische Garten in Cadiz bringt mich auf neue Ideen. Die Zinnen an unserem Buchs im Garten zuhause waren gestern, hier sind Rondellen, Spiralen, Hüte, Zylinder und noch Verrückteres geschnippelt und gewachsen – eine ganze Allee der Länge nach durch den Park oder eben den botanischen Garten. Daneben gibt es vor allem viele verschiedene Bäume zu sehen, alles erklärt auf einer zentralen Übersicht. Nur von den «Mammutbäumen» gibt es wenige, fast mickrige Exemplare, da der Garten erst um 1870 angelegt wurde. Und 150 Jahre sind in der angeblich ältesten Stadt Westeuropas ja noch gar nichts.
Die von intakten Festungsmauern umgebene Stadt ist auf einer Halbinsel sternförmig gebaut und an jeder Ecke mit einem Kastell versehen. Innerhalb der Mauern war wie überall der Platz knapp, so dass man in die Höhe gebaut, und zwischen den Häusern nur Platz für die schmalen, hohen und schattigen Gassen gelassen hat. Trotzdem hat es neben vielen alten Mauern immer mal wieder hübsche Plätze und kleine Parks und eben die riesigen, mehrere hundert Jahre alten Bäume. Und natürlich an diesem schönen, nicht mehr so heissen Sonntag, einige Touristen und viele einheimische Menschen, die in der Stadt flanieren oder an den kleinen Stränden an den Stadtmauern faulenzen. Dabei fällt mir einmal mehr auf, mit welcher Eleganz junge bis ältere Spanierinnen auf ihren ultra hohen Absätzen über das Kopfsteinpflaster stöckeln. Das muss in den Genen sein oder eben das Ergebnis von lebenslangem Üben sein. Unsereiner würde bereits im Stand augenblicklich von diesen Stelzen fallen – aber hübsch sieht es auf jeden Fall aus.
3 Tage vorher sind wir vom Anker in Mazagon los. Trotz spanischen Gewässern und gegenteiliger Windprognose holt uns der «Algarve-keinWindFluch» noch mal ein. Anita am Steuer tuckert darum entlang der Küste zur Mündung des Guadalquivir, während ich mich im Schatten unter Deck ums Büro kümmere. Genau vor der Mündung, als wir bereits Chipiona ansteuern, kommt etwas Wind auf. Also Segel hoch und weiter Richtung Cadiz, jedoch nur um 30 Minuten später wieder in der Flaute zu liegen. Es tut sich aber schon etwas mit dem Wetter, also Motor an für 10 Minuten und schon sind wir wieder im Wind. Das wiederholt sich noch 2-3 Mal, bis wir einen schönen 5-6 Beaufort SE Wind haben – genau auf die Nase. Egal, wir haben lange genug auf Wind gewartet, also ein Reff ins Gross, halbe Genua, und los gehts. Was für mich Spass pur ist, ist für Anita schon etwas viel Schräglage. Mit jeder Wende auf unserm Kreuzkurs entlang der Küste und in die grosse Bucht von Cadiz klappt es aber besser und schneller. Kurz vor Sonnenuntergang ist es geschafft, wir legen uns in eine schmale Bucht zwischen Puerto Sherry (heisst wirklich so) und die Mole des Rio Guadalette in perfektem Schutz vor Anker. Dann gibt es noch kurz eine unangenehme Überraschung in der Toilette. Da schwappt nämlich 1 cm braune Brühe am Boden und die Toilette ist voll. Ziemlich unangenehm, aber die Bilgenpumpe, viel Putzmittel und genug Frischwasser beseitigen das Problem und Nebenerscheinungen rasch. Klar ist auch, dass dies nur aus dem Schwarzwassertank bei der Schräglage zurückgelaufen sein kann. Warum es da überhaupt etwas zum Zurücklaufen hatte, schliesslich leeren wir den Tank fortlaufend auf See, bleibt unklar.
Im Lauf der Nacht nimmt der Wind weiter zu. Der Anker hält und wir sind mit der grossen Mole 200m im Luv bestens geschützt, so vertrödeln wir den Tag auf dem Boot und vergnügen uns bei der Beobachtung der verschiedenen Wassersport-Aktivitäten des Centers in Puerto Sherry. Da steht Surfen, Kiten und natürlich Opti-Training an. Eine Boje wird für die Optis ins Luv von sea magiX gelegt und schon geht das Gewusel mit den teilweise noch ganz kleinen Kindern in den Optis los. Es erinnert mich stark an die Szenen des Opti-Trainings im Club zu Hause mit den unterschiedlichen Erfahrungen und Kenntnissen der Kinder. Im Unterschied zu Murten pfeift es hier aber in Böen mit 30kn bei einem für Optis knackigen Mittelwind von 20 -25 Knoten. Auch wird da noch nach der alten Methode unterrichtet vom Trainer, der in seinem Schlauchboot umherflitzt. Kentert eines der Kids wegen einer überraschenden Bö, oder weil sea magiX wild am Anker schwoiend auf einen Opti zu schwingt, gibt es zuerst mal einen ZS vom Trainer, dann werden Anweisungen zum Aufrichten und schleunigst Ausschöpfen zugebrüllt. Dazwischen immer mal einen Zug an der allgegenwärtigen Zigarette, damit nicht der Wind diese allein wegraucht. Und Schwimmweste auf dem Schlauch? – Fehlanzeige.
Trotzdem, wer mit solchen Vorbildern so strenge Trainings übersteht und dabeibleibt, hat dann vielleicht das nötige Rüstzeug zu einem der hervorragenden spanischen Seesegler, wie wir sie kennen. Jedenfalls eifern die Kleinen den schon etwas grösseren Kids, die auch diese Bedingungen bravourös im Griff haben, eifrig nach.
Meine Email-Anfrage nach einem Marinaplatz wird vom nahen Real Club Nautico el Puerto de Santa Maria schnell und positiv beantwortet, also fahren wir am nächsten Morgen um den Molenkopf in den Rio Guadalette und legen uns an den im Mail angegebenen Stegkopf – das nenne ich Service. Im Club ist an diesem Sonntagmorgen nur ein Studi am Empfang, der kein Englisch spricht- wir sind eben wieder in Spanien.
Einen Schlüssel bekommen wir jedoch trotzdem und alles andere finden wir selber. Rasch eine Dusche und dann geht es auf die Fähre direkt ins alte Zentrum von Cadiz zur Besichtigung der Mauern, Kathedralen, Castellos und Gärten. Bänz erhascht dann noch eine Flamenco- und Stepp Vorführung vor der Kathedrale und ist ausnahmsweise mit dem Handy im Video-Modus bereit, als eine der Tänzerinnen blitzschnell den Rock wechselt (Das Video ist auf Anfrage für erwachsene Personen verfügbar ?).
Erst nach der Rückfahrt mit der Fähre nach el Puerto de Santa Maria schauen wir uns die kleine Stadt an. Bisher hatten wir noch nie etwas davon gehört und sind deshalb überrascht über die Grösse des Ortes, die Bausubstanz mit vielen Sherry-Warehouses und das quirlige Leben. Plötzlich sind wir mitten in der Menschenmenge einer Prozession und eingehüllt von Weihrauch. Irgendetwas ist mit Salz, eine der Strassen ist jedenfalls mit Salz und farbigen Steinen als Mosaik ausgelegt (google weiss aber nicht Bescheid). Eine Weile schlängeln wir uns um die Strassen der Prozession herum, schauen dem Treiben zu und drehen wieder um, um schlussendlich nach vielen Kilometern an diesem Tag wieder im ruhigen Real Club zu landen. Ruhig ist es bald auch auf sea magiX wenn nicht gerade eine Fähre den Fluss hoch oder runterfährt und ihren Schwell an unser Heck klatscht.
Montag ist dann Aufräumen, Waschen und Einkaufen angesagt, da gegen Abend Kurt anreist. Auch für ihn ist Puerto de Santa Maria einfacher als Cadiz, es ist die zweite Bahnstation nach Jerez und vom Flughafen in 15min erreichbar. Kurt bringt einen Sack voll Ersatzteilen, Schoggi und natürlich die nette Post von Uschi.
Nach dem ersten Welcome Drink an Bord geht es noch einmal auf die Gasse in Puerto de Santa Maria. Da wir beide von Fisch schwärmen, verabschiedet sich Anita (sie riecht, betatscht und vor allem isst sie keinen Fisch) bald. Wir schlemmen dann halt zu zweit in einer Pescaderia und nachher noch schnell in einer Heladeria zum Ausklang des Tages.
Die Bucht von Cadiz ist gleichzeitig der östlichste Ort in Andalusien, ab jetzt geht es für lange Zeit nur noch nach Westen – mehr davon später.