Sines. Und Nützliches vs. Unnötiges an Bord

Den Montag verbrachten wir bei schönstem Wetter und etwa 4-5 Bft Wind im Hafen als Bürotag. Wir realisierten erst zu spät, dass dies die letzten Regungen einer sterbenden Strömung waren und bereuten es dann heute Dienstag sehr. Auch wenn solche Bürotage nötig und wichtig sind, so hätten wir ihn mit etwas mehr Nervenstärke meinerseits vielleicht auch auf morgen Mittwoch schieben können. Aber wenn das Wörtchen wenn nicht wär… Immerhin konnte das Wichtigste alles erledigt werden fürs Geschäftliche und es gab schon wieder eine Wäsche (die Häufigkeit der Wäschen bedeutet, dass uns sehr klar wird, wie viele Kleider zu viel wir dabei haben. Wir haben wohl fast jede Woche einmal Wäsche gewaschen – etwas, das wir auf unseren früheren, viel kürzeren Törns natürlich kaum so intensiv nutzten. Aber wenn es gerade so bequem und einfach und günstig geht, dann nutzen wir die Gelegenheit sehr gerne), Einkauf, Schiffsputz, etc. Mein Zugticket von der Südküste nach Lissabon konnte ich ebenso online schon besorgen wie Bänz eine Bestellung von SVB (mit zusätzlichen Ruckdämpfern u.ä.) an die Marina Lagos veranlasste.

Am frühen Abend gings dann mit den Velos auf Erkundungstour von Sines, das übrigens der Geburtsort von Vasco da Gama ist. Deshalb heisst der Strand auch so, der eigentlich im inneren Hafenbecken hinter der Marina liegt. Er ist mit grossen Buchstaben am Boden angeschrieben, was man erst vom Castelo aus sieht. Dort werden wir von den Mauern herunter und hinausgepfiffen – der Wärter möchte schliessen. Sines macht den Eindruck eines Städtchens «zwischendrin». Es gibt den riesigen kommerziellen Hafen mit Industrie und Raffinerie etwas weiter nördlich an der Küste. Und es gibt den kleinen alten Stadtkern mit etwas Tourismus, schönen Häuschen und Restaurants und der für Jacht-Touristen gut ausgerüsteten und unterhaltenen Marina. Auch das Städtchen liegt «zwischendrin»: alte, halb verfallene Häuser an bester Lage liegen neben verschlossenen aber neuen Ferien-/Zweithäusern. Wir fahren gerade zu der Zeit vorbei, wo es noch zu früh ist für die Restaurants, aber schon zu spät für die Büros und Kleiderläden. Wir stellen uns aber vor, dass abends oder vormittags hier durchaus einiges an Leben zu finden ist. Jetzt, zur Ferienzeit, spielt sich vieles am Strand ab, auch wenn das Wasser weiterhin nur 14.1 Grad kalt ist. Den Kindern scheint dies nichts auszumachen.

In der Marina liegt man sicher und mit 23€ pro Nacht auch nicht teuer. Die Sanitarios sind sehr sauber, grosszügig und bieten richtig heisses Wasser und es gäbe nebst der Waschmaschine auch einen Trockner, wenn der bei anderem Wetter nötig wäre. Für uns trocknen Wind und Sonne die Wäsche mindestens gleich gut und schnell. Nur der Schwell in der Marina ist störend: Sea magiX ruckt und reisst an ihren Leinen, dass wir uns einige Ruckdämpfer mehr wünschen würden (und prompt auch bestellt haben). Und ich schlage mir bei einem solchen Ruck die soeben aus den Schuhen geschlüpfte kleine Zehe an einem Umlenkblock an, dass ich gleich Sternchen sehe.

Für Dienstag ist dann – wie schon erwähnt – nicht mehr viel Wind angesagt. Wir hoffen, dass sich Wetterwelt für einmal in die andere Richtung getäuscht hat (die Hoffnung stirbt zuletzt) und legen etwa um 10h optimistisch ab. Es sind 40 SM bis zur nächsten Ankermöglichkeit an der Praia de Arrifana und so können wir nicht lange «umetüterle», denn dort sollten wir vor dem Eindunkeln eintreffen. Aber die Frage des «Umetüterle» stellt sich leider gar nicht. Der Windmesser kommt kaum je auf eine Anzeige von mehr als 4kn Wind und Erich steuert uns mit dem Brumbrum brav südwärts, während wir scharf nach Fischerfähnchen und möglichen Wind-Zeichen Ausschau halten, oder auch einfach träumen, unsere Bücher lesen und uns überlegen, welche Dinge an Bord sich denn als besonders nützlich oder eben nicht erwiesen haben.

Bisher (teils zum Glück) nicht gebraucht haben wir:

Die Sturmfock, Kreuzfock, sowie das Sturmgross. Auch noch nicht: das Passatsegel, die leichten Rettungswesten. Schon lange nicht mehr: die warmen Kleider (wobei Kappe und Schal schon, z.B. kürzlich am Abend vor Provoa da Varzim). Erstaunlich wenig zum Einsatz ist bisher unsere treue Leonie gekommen. Kurs, Besegelung oder Windstärke passten selten für unsere Windsteueranlage. Den Radar hätten wir bisher 1-2mal gut gebrauchen können, aber er funktioniert momentan kaum je und ist nicht verlässlich. Umso wichtiger ist dafür der Plotter und das AIS.

Vielleicht ist es besser, aufzulisten, was wir besonders nützlich gefunden haben: Sowohl Gisela (Wassergenerator) als auch die Solarpanels (bzw. meistens nur eines davon) haben sehr gute Dienste getan. Der 5PS-Aussenborder und das Dinghi haben bisher bestens gepasst. Der Spi (mit Spibaum, der beim Parasailor eigentlich nicht unbedingt nötig wäre) kam deutlich mehr zum Einsatz in den letzten Wochen als der Gennacker, aber beide Segel waren sehr wichtig. Beim Spi war es auch wichtig, ihn mit Barbern und der Achterholer-Schotführung zu «bändigen» im Wellengang. Das Ausbaumen der Genua mit dem zusätzlichen Baum für sie ist essenziell, aber eigentlich ist die nicht überlappende, für Amwindkurse perfekt geschnittene Genua zu klein fürs Raumschotssegeln. Und die Schoten reiben an der Reling beim Ausbaumen, oder sie leert und leiert oben aus. Da sind noch Ideen und weitere Varianten gefragt. Es ist für diese Kurse jeweils sehr nützlich, dass wir die kleinen zusätzlichen Winschen haben, die Bänz im Mai montierte. Für Komfort und gute Luft an Bord haben die Duschsäcke jeweils gesorgt, wobei ihre Lebensdauer anscheinend begrenzt ist und wir für Reservesäcke sorgen müssen.

Von unter Deck sind sicher die beiden Velos hervorzuheben. Trotz des Aufwandes, sie jeweils zu verstauen oder wieder auszugraben, und trotz des Platzes, den sie beanspruchen, haben wir sie schon sehr oft und gern genutzt. Der 12- zu 220V-Konverter hat ebenfalls beim Motoren schon gute Dienste geleistet und die beiden Laptops an Bord aufgeladen. Bezüglich Laptops/Tablets gäbe es sicher viele verschiedene Sichtweisen. Wichtig ist schnelles Laden und gute Akkuleistung. Wir sind mit unseren beiden Geräten zufrieden. Die Verstärker-Antenne, mit welcher Wifis von Marinas verstärkt werden könnte, haben wir bisher noch nicht benötigt, da wir in Europa noch von einem sehr guten Mobile-Datenabo profitieren, in dem 40GB Roaming pro Monat inkludiert sind. Das könnte sich ausserhalb Europas dann ändern.

Wie die Aktion in Cascais gezeigt hat, ist natürlich eine gut ausgerüstete Werkzeugkiste mit der entsprechenden Auswahl an Schräubchen, Muttern und Unterlagscheiben unerlässlich. Dass man dann immer genau das Ersatzteil dabei hat, welches noch funktioniert, gehört wohl zum Seglerleben.

In der Pantry ist natürlich der Dampfkochtopf zu erwähnen. Ein zweiter, kleinerer könnte vielleicht anstelle der kleinen Saucenpfanne und der kleinen Bratpfanne noch zusätzlich besorgt werden. Ausserdem nutzen wir unsere Sport-Trinkflaschen jeden Tag mit dem täglich angemachten kalten Früchtetee. Dort ist nur die Reinigung jeweils ein Thema, aber bisher war Wassersparen nicht so kritisch. Gute Messer an Bord sind gar nicht so trivial: wir haben ein sehr scharfes Keramik-Messer, mit welchem vor allem Fleisch geschnitten wird. Es ist aber viel zu breit für Gemüse oder anderes. Für Fisch wäre ein sehr scharfes, dünnes Messer nützlich. Wir haben nun stattdessen ein normal scharfes und einen Wetzstab ?. Die faltbare Abtropfschüssel wird sehr häufig eingesetzt und ohne die aufgehängte Industrie-Haushaltpapier-Rolle wären wir wohl aufgeschmissen. Unser System, in der Kühlbox alles in getrennten Plastiksäcken zu sammeln (alle Milchprodukte in einem, alle Charcuteriewaren in einem andern, sowie Frischfleisch separat und ein Sack für den täglichen Gebrauch mit geöffneten Dingen), hat schon immer effizient und übersichtlich funktioniert.

Bezüglich Kleidern gäbe es wohl auch viel zu sagen. Hier nur zwei Stichworte: eine leichte Windjacke für Dinghifahrten oder Landgänge an der Atlantikküste, wo es immer bläst (ausser wenn man es möchte), sowie die leider zuhause vergessenen kurzen Neoprens für freiwillige oder unfreiwillige Bäder im kalten Wasser (ich denke an die vielen Fischerfähnchen, die wir heute im Slalom umfahren haben, und deren Leinen vielleicht einmal vom Propeller, Ruder oder sonstwo entfernt werden müssten, wenn sie nicht schön umfahren würden).

Die Liste könnte systematischer und länger werden, aber vielleicht kann sich der eine oder die andere Segler/in mit Plänen für die Route von Hamburg nach Lagos, Portugal daraus ein-zwei Ideen holen.

Fazit für uns: bisher war wohl nur die Erkenntnis, dass unsere Genua nicht so gut passt für die Raumschotskurse bei mittlerem Wind eine Überraschung. Das meiste andere hat sich bewährt wie geplant oder wir haben es nicht gebraucht wie erhofft. Ein weiteres Mal können wir sehr glücklich und zufrieden sein über den bisherigen Verlauf unserer Reise.

So vergeht die Zeit mit Sinnieren über Nützliches und Unnötiges. Die Fahrt südwärts wird nur einmal kurz unterbrochen, als wir einem Wal (oder jedenfalls einem sehr grossen Fisch/Meeressäuger) begegnen, der jedoch keine Lust auf Fotoshootings hat. Dann sind wir gegen 16h auch schon in der Bucht angekommen und ankern vor dem vielbesuchten Strand, an welchem viele Surfer in Neoprens die Wellen reiten. Das sagt eigentlich schon alles darüber, ob es hier eine ruhige Nacht geben wird… Den Schwell spüren wir am Anker zwar auch, aber er ist nicht störend solange die Mini-Brise gerade ausreicht, um Sea magiX mit dem Bug in die Wellen (zwar auflandig, aber bei so wenig und wenig angesagtem Wind kein Problem) zu halten.

Wir sitzen im Cockpit, lesen und schreiben und schauen dem Treiben am Strand zu, während die Sonne allmählich schräger scheint und die Gesteinsformationen an Land plastischer wirken lässt. Stimmt, und da fällt uns noch etwas Essenzielles an Bord ein: unsere gesamte Ankereinrichtung, mit grossem (16kg) Delta-Pflug-Anker, Anker-Winsch mit Fernbedienung, 35m 8mm-Kette und nochmals viel Leine und Bugfender hat uns ebenfalls schon oft sehr gute und nützliche Dienste erwiesen. Wir sind sehr dankbar, dass der Anker, auch wenn er etwas überdimensioniert ist für unser Boot, bisher immer sehr gut gehalten hat. So geniessen wir die Nächte am Anker noch umso mehr und können uns den Sonnenuntergängen widmen, wie dem hier in der Bucht von Arrifana. Und dann ohne Bedenken in die Kojen kriechen, in denen wir nachts dann doch recht heftig hin und her gerollt werden. Eben – überhaupt kein Problem mit diesem Ankergeschirr.


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