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Trinidad – unser Sommerschlupfloch – Teil 1

Am Dienstag, 27. Mai passte das Wetterfenster. Relativ konstanter Wind um 15 Kn war angesagt und vor allem keine Gewitter. Wir erledigten morgens die Ausklarierungs-Formalitäten (nochmals alle Formulare von Hand, nachdem sie in Sailclear zwar eingegeben werden konnten, aber die Beamten den Zugriff darauf nicht hinbekamen… Ein Vorgeschmack für das, was uns in Trinidad evtl. erwartete? Wir hatten schon sehr viel Anstrengendes darüber gehört.), schrubbten ein letztes Mal beim Schwimmen die Wasserlinie, zurrten das Dinghy auf dem Vordeck fest und verabschiedeten uns von Pat und Frankie von der SY Hi. Nachmittags um ca. 16h gings dann los: wir wollten unsere Ankunft in Chaguaramas so timen, dass wir nach 08h aber vor 09h einlaufen würden. Wenn man nämlich ausserhalb der Öffnungszeiten von Zoll und Immigration ankommt, muss man eine recht happige Overtime Fee bezahlen. Wohlgemerkt, in diesem Fall zählt nur die Ankunftszeit, nicht, wann man dort im Büro erscheint…

Die Überfahrt verlief problemlos und teilweise fast zu schnell. Der starke, seitliche Strom schob uns gelegentlich an, dann bremste er wieder – es scheinen wieder Bänder mit unterschiedlichen Fliessrichtungen zu sein, wie bei der Atlantiküberfahrt (puh, wann war denn das?). Sollte man da in der Gegenrichtung oder eben in Richtung Tobago unterwegs sein, so wäre es wohl ziemlich wichtig, ein einigermassen passendes oder wenigstens weniger schlechtes solches Band zu finden.

Unterwegs zwischen Grenada und Trinidad gibt es zwei grosse Ölfelder mit Riggs und Sperrzonen, zu denen wir brav Abstand hielten. Später hörten wir von anderen Seglern, dass sie von den Riggs zur Kursänderung aufgefordert worden waren. Wir nickten verständnisvoll und dachten an das bei uns nach vielen Jahren Nordsee-Erfahrung in solchen Momenten abgeschaltete VHF-Gerät. 😉

Beim Tagesanbruch waren wir schon in Sichtweite von Trinidad. Wiedereinmal war es ein wunderschönes Schauspiel, wie der Himmel sich in allen möglichen Pastelltönen räkelte, bevor er zum gewohnten Blau mit weiss/grauen Wolken überging.

Vor der Küste Trinidads und der bedrohlich benannten Einfahrt „Bocas del Dragon“ trödelten wir ein wenig, um eben nicht zu früh anzukommen. Im „Drachenschlund“, d.h. der Enge zwischen Trinidad und Monos Island, zieht ein eindrücklicher Gezeitenstrom hindurch. Hier wird es wohl bei Wind wirklich toben. Für uns herrschte Windstille und so konnten wir noch kurz ein paar Blicke in die Buchten links und rechts erhaschen.

Mit sauber aufgetuchtem Gross tuckerten wir in die Bucht von Chaguaramas und stellten fest, dass wir sie uns deutlich grösser vorgestellt hatten. Zumal sich dann noch herausstellte, dass ein Teil des Ankergebiets mehr als 15m tief ist… Als wir dann auch noch den dicken Ölfilm auf dem Wasser und den vielen Plastikmüll bemerkten, der darin umhertrieb, wurde uns sehr schnell sehr klar: Wir waren für den Moment am Ende der karibischen Verhältnisse angekommen. Es galt, Abschied zu nehmen vom klaren Wasser mit täglichem Morgenschwumm der letzten 4 Monate und uns auf diesen letzten Abschnitt einzustellen.

Einen Fluchtversuch starteten wir noch – sobald wir konnten, hoben wir den Anker und verlegten um die Pointe Gourde Halbinsel herum auf die Ostseite zur Trinidad and Tobago Sailing Association, kurz TTSA. Dort fühlten wir uns zwar sehr viel wohler als vor Chaguaramas mit den Werften, aber das Wasser ist natürlich auch da dasselbe und entsprechend gab es auch bei TTSA keine Badetage mehr. Aber zuerst nochmals zurück zum Einklarieren. Wir waren diesbezüglich ja auf einiges an Schwierigkeiten eingestellt und konnten dank der tatkräftigen Unterstützung durch Yvanna (die Sekretärin der Peake’s Yachtservice Werft, bei der wir zum Auswassern angemeldet waren), den Prozess recht schmerzlos in einem halben Tag absolvieren. Yvanna hatte alle unsere Dokumente im Vorfeld elektronisch erhalten. Als wir uns bei Peakes über Funk anmeldeten, teilte sie uns mit, dass sie sich sogleich um unsere Health Certificates kümmern würde. Etwa zweieinhalb Stunden später wurden wir am VHF wieder aufgerufen – wir durften jetzt das Dinghy wassern und zu ihr ins Büro kommen, wo sie uns die Immigration- und Customsdokumente übergeben würde. So war es dann auch: wir erhielten von ihr zwei fein säuberlich zusammengeheftete Bündel mit je ca. 15 Seiten, mussten noch ein paar Unterschriften setzen und konnten dann damit und mit Yvannas Instruktionen zuerst zur Immigration und danach zum Zoll fahren (mit dem Dinghy 5 Minuten über die Bucht). Gerade noch vor der Mittagspause schafften wir es. Die Dokumente wurden nochmals durchgesehen, teils mit Wucht gestempelt, es brauchte nochmals je ein Papier mit Unterschriften und den persönlichen Angaben, und kurz nach Mittag war alles erledigt und wir frei, uns auf Trinidad für die nächsten 30 Tage zu bewegen, sowie das Boot bis im Dezember bei Peakes stehen zu lassen. Ohne Yvanna hätte dieser Prozess wohl die oft beschriebenen 1-3 Tage gedauert. So aber war alles nach nur wenigen Stunden geschafft – ein Kränzchen gebührt ihr in jedem Fall. Es ist offensichtlich, dass Peakes (und wohl auch die anderen hier gleich nebeneinander liegenden Werften) diesen Prozess jährlich tausendfach durchläuft. Nach dem Sinn des vielen Papiers gefragt, zucken alle ratlos mit den Schultern… aber das ist nicht unser Problem.

Obwohl wir uns eigentlich sehr darauf gefreut hatten, unsere Freunde von der Maxi wieder zu sehen und viel mit ihnen austauschen zu können, zog es uns wie schon erwähnt trotzdem um die Ecke zu TTSA in eine etwas weniger industrielle und etwas weniger ölige Umgebung. Wir bereuten den Entscheid ganz und gar nicht – im Gegenteil; bei TTSA fühlten wir uns sofort sehr wohl, obwohl die Bucht jeweils nachmittags wenn sich der Ostwind durchsetzte, auch so unruhig wurde, wie jene von Chaguaramas. Aber TTSA ist ein Segelclub, der sehr ähnlich (wenn auch deutlich grösser) wirkt, wie unser heimischer Club am geliebten Murtensee. Wir bezahlten eine Mitgliedschaftsgebühr für einen Monat von 30 USD, die die Benützung der Facilities, des Dinghydocks, des Pools, der Terrassen, und von Wasser und Strom an Land beinhaltete, sowie für die gute Woche bis zum Auswasserungstermin nochmals 65 USD „Liegegebühr“, auch wenn keine Boje für uns frei war und wir am eigenen Anker hingen. Aber die 95 USD investierten wir gerne und wurden dafür vom ersten Moment an von den Mitarbeitenden des Clubs, z.B. Candice und Michelle im Büro, oder Boc, der sich um die Umgebung, den Wassertaxi-Dienst und die Maintenance kümmert und eigentlich anders heisst, oder Marc, der das (Takeaway-)Restaurant mit Karaoke-Abend am Donnerstag betreibt, oder auch von Emilio, der als Wachmann am Eingang für die Security zuständig ist, von allen wurden wir sogleich als Mitglieder aufgenommen und unterstützt. Und um unsere Freunde zu treffen mussten wir nur etwa 20-25 Minuten zu Fuss hinüber laufen oder konnten mit dem Klappvelo rüber fahren. Einmal probierten wir es auch per Dinghy, aber stellten dann fest, dass die Rückfahrt ziemlich ruppig wurde, als sich nachmittags der Wind gegen den Strom etablierte. Und im Wasser schwimmt viel Zeugs, so dass es nachts dumm laufen könnte, wenn wir etwas Grösseres treffen würden.

Wir hatten viel Negatives über die Kriminalität in Trinidad gehört und gelesen. Bis am 24. April galt hier wegen grassierender Bandenkriminalität ein „State of Emergency“, der den Strafverfolgungsbehörden und der Polizei besondere Rechte einräumte. In den diversen Online-Kanälen wird davor gewarnt, sich nachts ausserhalb der gated communities zu bewegen, und auch die Schweizer und Deutschen Behörden gaben Reisewarnungen zu diesem Land heraus.

Bisher sind wir aber von der grossen Freundlichkeit und unaufdringlichen Hilfsbereitschaft der Menschen, denen wir hier begegnen, absolut begeistert. Auch der Spaziergang von TTSA zu Peakes und zurück fühlte sich nie problematisch an. Auch nachts nicht, als wir zu zweit auf dem Klappvelo heimfuhren. Auf dieser Strecke gibt es sogar einen durch Poller von der Strasse abgetrennten Velostreifen mit Flüsterbelag! Zugegeben – wir waren nie alleine in Port of Spain oder im Inland unterwegs, sondern immer mit den Tours von Jesse oder von Peakes. Aber die sind so praktisch, dass wir gerne davon profitieren und uns dabei weiterhin wohl fühlen. Ich bin froh, dass sich meine Vorstellung, dass wir uns wie in einem Käfig fühlen würden, überhaupt nicht bewahrheitet hat. Nur dass anscheinend gerne Dinghys mit guten Aussenbordern geklaut werden, haben wir mitbekommen. An einem Abend gab es auch bei TTSA zwei erfolglose Versuche, die aber nicht uns selbst betrafen. Angesichts der vielen Hinweise war es hier, dass wir erstmals unser Dinghy jeden Abend tatsächlich neben dem Boot in die Höhe winschten und zugleich mit einer Kette am Boot anketteten. Wie gesagt – wir wurden in den fast 10 Tagen bei TTSA nicht behelligt.

Die Zeit verflog wie üblich sehr schnell, mit diversen Unternehmungen und Vorbereitungsarbeiten fürs Auswassern.

Einen Tag lang nutzten wir zB den Anlegesteg, um längsseits zu gehen, die Segel mit viel Frischwasser abzuspülen, in der Sonne trocknen zu lassen und anschliessend am Trockenen sauber zusammen zu legen. Gleichzeitig konnten wir die amerikanischen Toploader-Waschmaschinen nutzen, um unsere Leinen und Schoten zu waschen und mit viel Weichspüler zu spülen. Das Tüpfchen auf dem i war es dann, als wir den Segelmacher dazu bringen konnten, die beiden Segel und die Persenning gleich mit dem Auto abzuholen. So kamen sie trocken und sauber direkt vom Boot in seine Werkstatt und können nun dort bis im November bleiben. Wir sind sehr froh, denn das Bild von der stark angeschimmelten Genua auf Sparti Vento zum Start unserer Hochzeitsreise im Dezember 2013 auf St. Martin haben wir beide noch sehr präsent. Das möchten wir unseren Tüchern hier auf Trinidad, wo es nochmals sehr viel feuchter sei, möglichst ersparen.

Am Wochenende gab es bei TTSA die letzte Punkte-Regatta der Saison. Auch da fühlten wir uns sehr wie zuhause. Das Gespräch der Regattateilnehmenden drehte morgens vor allem darum, wie fair bzw. unfair die geltenden Yardsticks (Handicaps für unterschiedliche Boote) seien. Eine offensichtlich weltweit genau gleiche Diskussion. Und als die etwa 10 Crews abends, nach einem sehr böigen und mit tropischen Regenschauern durchsetztem Tag an die Bar zurück kehrten, wurden auch hier – genau wie überall sonst – die Manöver gegenseitig kommentiert und der einzelne ungewöhnliche Winddreher, der den Vorsprung kostete, bedauert. Segeln ist eben wirklich international. Abends packten dann noch zwei der Besucher spontan ihre Musikinstrumente aus und spielten für alle ein paar Stücke. Auf einer selbst gebauten, mobilen «Steelpanpiano» aus Blechdosen. Wir waren hin und weg.

Die Tage vor dem Auswassern verbrachten wir einerseits mit Vorbereitungen wie soeben beschrieben, andererseits mit dem Erforschen der Umgebung, bzw. der Einkaufsmöglichkeiten für im November (um zu wissen, ob wir etwas aus der Heimat mitbringen sollten – eher nein), auch mit Besuchen bei den verschiedenen Werften und Geschäften, sowie mit Treffen mit unseren Freunden Baba und Robi, und dann auch noch mit Sightseeing mit den von Jesse James, dem Organisator von Trinidad Cruisers angebotenen Tours.

So kamen wir in den Genuss einer sehr beeindruckenden „Turtle Tour“ an der Ostseite der Insel. Dort gibt es eine fünf Meilen lange Bucht, an der jedes Jahr die „Giant Leatherback Turtles“ anlanden, um ihre Eier zu legen. Um 17 Uhr ging es los vom Tor zum Club. Der Bus holt die Teilnehmenden jeweils am Eingang zu ihren Werften oder in unserem Fall am Eingang zum TTSA ab. Drei Stunden lang gings dann quer über die Insel zur Ostseite.

Etwa die Hälfte davon verbrachten wir im Stau auf dem Highway durch Port of Spain. Zur Rush-Hour sei der Verkehrskollaps jeweils Normalität. Unterwegs bekamen wir von Jesse gleich auch eine Führung über Sehens- und Wissenswertes über unsere Umgebung. So wissen wir jetzt, wo die weltweit einzige Produktion von Angostura Bitter stattfindet (weil die Flaschen so klein sind, hat wohl niemand je gelesen, dass der in Trinidad hergestellt wird), oder dass Chaguaramas während des zweiten Weltkriegs einer der grössten Flottenstandorte der US Navy war, mit mehr als 120000 Soldaten vor Ort und dem entsprechenden Unterhaltungsangebot in den Quartieren in der Carrenage Bay. Auch über die aktuelle Politik seines Heimatlandes erzählte uns Jesse einiges. Eigentlich wäre es ein Öl- und Gasreiches Land, hat aber vor etwa 10 Jahren die letzte Raffinerie geschlossen und exportiert das Rohöl nun, um dann teures raffiniertes wieder zu importieren. Jesse setzt grosse Hoffnungen in die soeben neu gewählte Regierung, die versprach, höherwertige und veredelnde Industrien wieder ins Land zu holen. Jesse setzt sich seit 25 Jahren intensiv für die Yachties und allgemein für den Tourismus auf der Insel ein. Es ist unter anderen ihm zu verdanken, dass die Werften in Chaguaramas inzwischen die Zusammenarbeit mit den Behörden so erfolgreich strukturieren konnten. Für den Karibik-verwöhnten Betrachter ist jedoch gleichzeitig augenfällig, dass Trinidad die Industrie- und Produktionsinsel, und Tobago für die Touristen da ist. Wenn ein langes Wochenende bevorsteht, wie in unserem Fall am 31. Mai, dann sind alle Fähren und Flüge nach Tobago ausgebucht, voll mit Trinis, die auf ihre „schöne Insel“ Ferien machen gehen.

Es war schon dunkel, als wir den bewusst sehr holprig und löchrig gehaltenen Schotterweg zum Park Ranger Center erreichten. Kaum angekommen wurden wir in einer Gruppe von etwa 20 Personen einem Guide zugeteilt, der uns zum Ort führte, wo eine Lederschildkröte gerade an Land gekommen war. Die Guides haben sich vor einigen Jahren selbst organisiert, um die Schildkröten vor Wilderern und anderen Gefahren zu schützen. Seither patroullieren sie zwischen März und Juli Abend für Abend den langen Strand. Mit dem Bekanntwerden der Attraktion musste der Zugang allmählich geregelt werden. Jetzt kann man nur noch via die Park Ranger Station und mit einem Guide da hin gelangen. Auch so schien uns die Gruppengrösse für die Schildrkröte noch reichlich und ziemlich invasiv zu sein, aber sie versicherten uns, dass das für die Schildkröte keinen Stress bedeute, so lange wir kein weisses Licht (und vor allem keine Blitzfotografie) benützten. Ausser während des etwa 10-Minütigen tatsächlichen Eierlegungsprozess. Da sei sie in einer Art Trance-Zustand und lasse sich auch von weissem Licht nicht stören.

Es war ein wirklich unvergessliches Erlebnis, dieser riesigen Reptilie bei ihrem jahrtausende-alten Fortpflanzungsprozess zuzusehen. Sie suchte sich einen Ort oberhalb der Tidenlinie und begann dort, mit ihren Schwanzflossen ein kolbenförmiges Loch zu graben. Als es tief genug war, begann sie ihre kugelrunden Eier dort hinein zu legen. Der Guide wartete, bis sie tatsächlich in Trance war und sich durch nichts mehr stören liess. Dann hielt er ihre eine Schwanzflosse hoch, damit wir die vielen Eier ins Loch plumpsen sehen konnten. In einer Nacht legt eine Leatherback Turtle zwischen 90 und 100 Eier. Und das wiederholt sie im Abstand von etwa 10 Tagen etwa sieben mal. Danach schwimmt sie wieder ihren weiten Weg nach Hause. Giant Leatherturtles leben nämlich in Nova Scotia, Kanada, mehr als 3500 km entfernt. Dort gibt es anscheinend die Quallen, von denen sie leben, in Hülle und Fülle (merke: Nova Scotia hat Quallen…). Während des Eierlegungsprozesses wurde „unsere“ Leatherback vermessen. Ihr Schild misst 154 x 105cm. Mit Kopf (den sie nicht unter den Schild einziehen kann) und Schwanzflossen misst sie mehr als 180cm Länge. Ihr Gewicht wurde auf ca. 300kg geschätzt. Das sei etwa die Hälfte ihres Normalgewichts. In einem „Eierlegungsjahr“ lebt die Schildkröte von ihrem Körperfett, während sie den weiten Weg von Kanada nach Trinidad und zurück schwimmt. Deshalb findet das Eierlegen jeweils auch nur alle 3 Jahre statt: sie muss zuerst wieder „zu Gewicht kommen“, bevor sie die Strapazen der Reise bestehen kann. Nach ihem Alter gefragt, lachte der Guide: „who knows – anything between 25 and a hundred”. Geschlechtsfähig werden Turtles erst mit etwa 25 Jahren. Dafür haben sie danach keine Menopause. Sie kommen also bis ins hohe Alter alle 3 Jahre an ihren Eierlegeort und legen dort zwischen 500 und 700 Eier.

Nach dem Legen versteckte die Schildkröte ihr Nest sehr effektiv. Zuerst schüttete sie es sorgfältig mit ihren Hinterflossen zu, dann wirbelte  sie in verschiedene Richtungen den Sand auf, bis auch wir, die vorher noch daneben gestanden hatten, nicht mehr sagen konnten, wo nun das Nest war. Die Camouflage-Arbeit dauerte mehr als eine halbe Stunde lang. Danach machte sie sich wieder auf in Richtung Wasser. Hier lag jedoch noch eine weitere Barriere vor ihr, die sie offensichtlich verwirrte: anstelle des hellen Schaumstreifens der Wellen am Strand im Licht von Mond und Sternen, lag da ein dunkler, dicker Streifen Sargasso-Gras. Aber nach einigen Fehlstarts schaffte sie es dann auch darüber zu klettern. Als sie das Wasser erreichte und bald in der Gischt verschwand, gab es in unserer Gruppe einen kollektiven Seufzer der Erleichterung. Es war ein sehr bewegendes Naturschauspiel gewesen.

In etwa 60 Tagen werden an jenem Ort vielleicht (wenn sie nicht von der Flut weggespült oder von Wilderern gefunden worden sind) einige Babyschildkröten schlüpfen und sich ihren Weg – ebenfalls durch die hohe Sargasso-Barriere hindurch – ins Wasser suchen. Je nach Höhe am Strand, bzw. Temperatur ihres Nests, werden es alles Weibchen oder Männchen sein. Nur selten liege ein Nest so im Übergangsbereich, dass es ein gemischtes Gelege gebe. Und von den geschlüpften Babies hätten etwa 1-2% eine Überlebenschance bis zur eigenen Geschlechtsfähigkeit. Angesichts des Sargassograses, des Ölfilms vor Chaguaramas und des vielen Mülls an der Westseite der Insel, sind wir skeptisch, ob diese Zahl in wenigen Jahren noch immer gelten wird.

Müde und von der Klimatisierung im Bus durchgefroren kamen wir vor Mitternacht wieder bei TTSA an. Es war ein bewegendes, unvergessliches Erlebnis gewesen.