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Trinidad, Teil 2: Start in die Saison 2025/26

Ich sitze heute, am 9.12. vor einer leeren Seite und habe viel über die vergangenen 10 Tage zu berichten, aber sinniere darüber, wie sich diese und weitere Seiten wohl in den nächsten Monaten füllen werden. Einerseits ist es schon fast wieder „courant normal“, dieses Leben in Shorts, T-Shirt und Crocs, und anderer Zeitrechnung. Und andererseits sind wir offensichtlich noch in der Angewöhnungsphase. Ob wir morgen oder übermorgen von hier in Chaguaramas auf Trinidad losfahren, ist vom Wetter her nicht sehr unterschiedlich. Und doch werden wir allmählich etwas ungeduldig. Es zieht uns hinaus aus dieser Bucht mit ihrem öligen Wasser, nach Norden auf Grenada, oder vielleicht nach Nordosten nach Tobago. Aber vorher gibt’s nochmals viel zu tun. Und auch die Tage seit unserer Ankunft am 28.11. waren prall gefüllt. Kein Sight-Seeing, keine Ausflüge – sea magiX bekam bisher 10 Tage lang unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.

Die gebührt ihr auch vollends. Sie begrüsste uns nach unserer 6-monatigen Abwesenheit zwar mit dreckigen Decks und Abdeckplanen, aber innen knochentrocken wenn auch staubig und bereit für neue Abenteuer. Meine Schimmel-Horrorvorstellungen haben sich Gott sei Dank und mit Hilfe des brav regelmässig laufenden Dehumidifyers und unter der Zweiwochen-Kontrolle von Peakes-Mitarbeiter Lincoln nicht bewahrheitet. Die ersten Tage verbrachten wir mit Deck, Abdeckplanen und Unterwasserschiff, sowie innenbords Putzen, um uns überhaupt an Bord bewegen zu können.

Dann gab es tausend Dinge zu erledigen. Unsere Segel, Biminiverlängerung und Baumpersenning bei Kenwyn jagen, das neue Gestell für die (als Surfboard getarnt) mit uns gereisten neuen Solarpanels bei Jenny und Sheldon von Metalworks besorgen, eine amerikanische leere Propangasflasche von einer französischen Jacht abkaufen und von „Ian the Gasman“ füllen lassen, das Unterwasserschiff mit Antifouling streichen (ohne, dass die Farbe bei den herrschenden Temperaturen um ca. 30 Grad im Schatten gleich eintrocknete), die Jungs von Peaks Repair in mehreren Anläufen dazu bewegen, das teure Polieren des Rumpfs auch so zu machen, dass es für wenigstens zwei Wochen hält, Fallen einziehen und Mast- bzw. Riggkontrolle, Ölwechsel, Propeller montieren, einkaufen, etc., etc.

Wir waren jeweils von Tagesanbruch um ca. 6h bis abends ca. 20h voll beschäftigt und immer so k.o., dass wir die Energie nicht mehr hatten, um fürs Znacht weiter zu gehen, als zum Patches-Restaurant direkt im Werfthafen. Dort kannte man uns schon nach zwei Tagen so gut, dass das Carib- und Corona-Fläschchen schon fast ungefragt am Tisch erschienen, sobald wir uns gesetzt hatten.

Natürlich trugen die Temperaturen um 30 Grad bei hoher Luftfeuchtigkeit das Ihre dazu bei, dass wir die Anstrengung deutlich spürten. Wir tranken täglich literweise Wasser und bekamen trotzdem abends Kopfweh wegen der Dehydrierung. Und ausserdem zehrte auch die noch ungewohnte karibische Zeitrechnung an unseren Nerven. Wenn Kenwyn der Segelmacher auf meine freundliche morgendliche Rückfrage nach unseren Segeln antwortete, er sei gerade dran, sie zu kontrollieren und bringe sie dann gleich, dann hiess das nicht, dass wir die Segel noch am gleichen Tag sehen würden. Und schon gar nicht, dass auch die beiden Persenninge dann dabei sein würden. Oder, dass tatsächlich alles, was wir abgemacht hatten, geklebt oder genäht worden sei. Noch am Morgen, an dem sea magiX eigentlich um 08h in den Kranwagen gefahren werden sollten, brachte er uns die letzte Persenning gegen 9h zum Schiff und fand uns nur noch dort, weil auch die Einwasserungsequipe zwei Stunden Verspätung hatte.

Es gab auch Highlights. Mit Schrecken hatten wir einen Riss im Kopfteil des Vorsegel-Rollers gefunden. Um das zu ersetzen, müssten wir den Mast legen. Dazu gibt es hier eigentlich keine Einrichtungen. Sheldon von Metalworks war unsere Rettung. Hoch über dem Boden, mit einem Assistenten, der ihm vor allem den Generator vom Auto her hoch hielt, und Bänz, der ihm mit einer Blache einen Funkenschutz davor hängte, schweisste er auf unserem Vorschiff den Roller wieder zu. Uff, was waren wir dankbar um die unkomplizierte Unterstützung!

Das Einwassern am 4. Dezember, 6 Tage nach unserer Ankunft, verlief ebenfalls aufregender als gewohnt. Wir hatten am Vorabend noch den Motor getestet, der Skipper hatte den Impeller für die Kühlwasserpumpe kontrolliert und ersetzt und das Motörchen hatte fröhlich Wasser aus Kesseln schöpfend vor sich hin geschnurrt.

Leider war das am Einwasserungsmorgen dann plötzlich nicht mehr so. Aber vorher gabs noch einen anderen Spannungsmoment: kaum waren die Gurten von sea magiX gelöst, als von innen der Wasseralarm laut schrillend losging (der meldet sich, wenn Wasser den oberen Bilgenrand erreicht, aber noch bevor es die Bodenbretter überspült). Wasser im Schiff?! Hektik an Bord! Bilgenpumpe an, alle Ventile kontrollieren, suchen, woher das Wasser kommen konnte, während vom Land die Helfer an den Leinen zogen und fragten, was los sei und ob sie die Leinen lösen könnten. Nein, nicht lösen, auch wenn sie schon 2 Stunden in Verzug waren. Bald konnten wir aber sehen, dass die Pumpe das Wasser wegbrachte und kein neues nachkam. Also einfach das viele Spül- und Regenwasser, das von der schrägen Lage des Schiffs nach vorne geschwappt war, als wir wieder auf ebenem Kiel lagen. Tief Luft holen: Entwarnung. Fürs Erste.

Ok, jetzt Motor starten und die Einwasserungsbox freigeben. Aber auch nach dem x-ten Startversuch kam kein Kühlwasser aus dem Auspuff. Auch nicht, als der Skipper Wasser direkt ins Sieb leerte, den Impeller nochmals kontrolliert hatte, etc. Kaum eingeschaltet ging der durchdringende Hitzealarm des Motors los und aus dem Auspuff röhrte es, wie von einer aufgemotzten Zuhälterkarre. Wir hingen noch immer in der Box. Die Helfer hatten das Boot inzwischen angebunden und sich in den Schatten gesetzt. Was nun?

In der Bucht von Chaguaramas fliesst ein starker Tidenstrom entlang dem Ufer, d.h. quer zur Einwasserungsbox. Am 4. Dezember war kurz vor Vollmond, d.h. die Strömung sprudelte munter wie ein Fluss an „unserer“ Box vorbei. Ob wir da ohne Motor im Schlepp eines Dinghys raus kommen könnten, ohne unsere schön polierte sea magiX an den hässlichen Pollern oder schlimmer an der rauhen Betonwand entlang zu schrammen, schien uns fraglich. Der Dockmaster „Raga“ wurde gerufen. Er ist üblicherweise abends meist high oder betrunken, aber mittags noch recht zurechnungsfähig. Und: er hat ein kleines GFK-Dinghy mit 8PS-Motor. Als wir sahen, dass er unsere Schleppleine zuerst an seinem Heck, und dann – noch schlimmer – an seinem Bug befestigte, fragten wir uns zwar schon, ob er schon seine erste Tüte geraucht hatte. Aber beggars can’t be choosers und so lange er uns aus der Box und bis zur nächsten Boje schleppen konnte, wollten wir nicht kritisieren. Es wurde dann aber prompt kurz etwas spannend, als er merkte, dass er mit Rückwärtsfahren sein Böötchen gerade versenkte und sich aufs Schöpfen konzentrieren musste. Aber einige zähnebeissende Minuten später waren wir mit Hilfe eines kräftigen, kurzen Schubs vom röhrenden Motor um Haaresbreite an den Pollern vorbei aus der Box und bald danach an der nächsten Boje fest. Puuuuuuh, was für ein Einwasserungstag! Die nächsten Stunden verbrachte der Skipper damit, die Kühlwasserpumpe stückweise auseinander zu nehmen, wieder zusammen zu setzen, den Keilriemen ab- und wieder aufzusetzen, den Impeller aus- und wieder einzubauen, durch die Leitungen zu blasen, etc. etc. Es nützte alles nichts. Stunden später gab er sich geschlagen. Schliesslich haben wir gefühlt fast ein zweites Schiff aus Reservematerial an Bord. Darunter auch eine Reserve-Kühlwasserpumpe. Nicht viel später kam das Signal, den Motor wieder zu starten. Und siehe da – es sprudelte munter aus dem Auspuff und klang wieder wie ein anständiger, kleiner Dieselmotor. Nix mehr Blingbling, dafür wieder Blubblub. Wir wissen jetzt noch nicht, was an der alten Pumpe kaputt war, aber der Routineblick zum Kühlwasser ist wieder Routine und nicht mehr Hochspannung.

Ein weiterer Knackpunkt vor unserem Start war das neu für uns geschweisste Gestell für die Surfboard-Solarpanels. Wie so üblich bei Booten gestaltete sich die Montage auf dem endlich von Kenwyn gelieferten Bimini recht anspruchsvoll. Und natürlich passte es an zwei Stellen um je etwa einen halben Millimeter nicht. Da nützte alles Schieben, Drücken, Heben und Schimpfen nichts. Aber an Bord einen Stahlrahmen abschleifen ist keine gute Idee: da sind die Flugrostflecken überall schon vorprogrammiert. Also Rahmen wieder ins Dinghy packen und das Bimini ebenso. Letzteres musste zurück zu Kenwyn für 4 weitere, grössere Löcher und eine zusätzliche Verstärkung und Ersteres schliff und feilte der Skipper an Land zurecht.

Inzwischen hatten wir uns entschieden, auch für nächsten Sommer nochmals hier bei Peake’s die Hurricane Season zu verbringen und ein kleines, trockenes, wenn auch sehr staubiges und heisses Aufbewahrungsräumchen zu mieten.

Dort verbrachte der Skipper inmitten unseren diversen hier eingelagerten Blachen und anderen Materialien einen weiteren Morgen damit, die Panels mit viel Sika fachgerecht am Rahmen festzukleben. So ging es mehrfach hin und her, bis wir am Dienstag, dem Tag an dem wir eigentlich hatten losfahren wollen, endlich den Erfolg verbuchen konnten. Solarpanelgestell montiert und es passt. Dann beim Anschliessen nochmals ein Taucher, als es erstmal gleich die Sicherung durchbrannte und wir dann feststellten, dass der neue Controller, der für die doppelte Energiemenge im Vergleich zu früher ausgelegt ist, einen Temperatursensor benötigt, der aber nicht im Lieferumfang dabei gewesen war. Lange Gesichter. Bis der Skipper auch dafür einen temporären Workaround gefunden hatte. Als wir dann endlich die Panels anschliessen konnten, strahlten wir doch beide ziemlich: mit neu 480 W war die auf 75% gesunkene Batterie bei voll laufendem Kühlschrank innert Kürze schon wieder geladen und schon begann die Suche nach weiteren Energie-Abnehmern. Luxus!

Unterdessen hatten wir uns auch verproviantiert für weitere Tage und Wochen an Bord, viel Material ins Storage-Räumchen gebracht und dort auch ein paar Kakerlakenfallen aufgestellt, an Bord allmählich ein paar Sitzflächen frei geschaufelt und aufgeräumt und konnten am Dienstag, dem 9.12. nach dem Mittag zu Customs und Immigration für den Ausklarierungsprozess. Wir brauchten nur etwa eine Stunde dafür und profitierten davon, dass wir Durchschlagspapier benützen durften, um diejenigen Formulare auszufüllen, die in 3- und 5-facher Ausführung benötigt wurden. Am Abend räumten wir noch bis gegen Mitternacht auf. Dann waren wir – endlich – bereit zum Start. Es konnte losgehen!