• Menu
  • Menu

Bequia – die unaufdringlich Freundliche

Und es geht auch so… von der fröhlichen und gleichzeitig unaufdringlichen Freundlichkeit der Menschen auf Bequia sind wir begeistert. Nachdem uns auf Union Island in der Clifton Bay ein äusserst aufdringlicher „Helfer“ mit dem Bojenhaken einen ansehnlichen Kratzer in den frisch polierten Bug verpasst und den Skipper so verärgert hatte, dass wir die Flucht aus der Bucht ergriffen, waren beim Herannahen der üblichen Boat Boys in den nächsten Buchten immer schon alle Zeichen auf Abwehr geschaltet gewesen.

Welche Wohltat daher, als wir auf Bequia in der Admiralty Bay ankamen, kurz von einer Dame im Dinghy mit der internationalen Geste für „Wollt Ihr eine Boje?“ (einen grossen Ball mit beiden Händen in die Luft zeichnen) begrüsst und dankend mit Verweis auf den Anker abgelehnt hatten (internationale Geste: Kopfschütteln, lächeln und auf den Bug mit dem Anker deuten) und die Dame mit Daumen hoch und freundlichem Lächeln abdrehte. Ab dann war tatsächlich Ruhe und wir konnten ankern, ohne auch noch auf diverse Surfbretter oder Dinghies aufpassen zu müssen, die wir über den Haufen fahren würden, während sie uns umschwirrten, um ihre Dienste anzubieten. Die Erfahrungen mit den Boat Boys gehören auf den meisten Antillen-Inseln einfach dazu und sind je nach Insel und Stand der lokalen Organisation mehr oder weniger aufdringlich. Wir verstehen auch sehr gut, dass die Menschen versuchen, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, indem sie ihre Dienste und ihre Waren bei den reichen Ausländern anbieten, die hier in ihren schicken Booten daher kommen. Aber als typisch zurückhaltende und wohl relativ langweilige Schweizer sind wir es einfach nicht gewohnt, ständig so eng umschwirrt zu werden und zig Angebote für Dinge zu bekommen, die wir weder brauchen noch wollen. Nun, vielleicht gewöhnen wir uns ja irgendwann noch dran. Oder finden die perfekte Formel dafür. We live and learn.

Auf Bequia sind wir nach einigen kleinen Sprüngen seit Carriacou angekommen. Über Carriacou kann ich nicht viel berichten: wir machten dort nur einen kurzen Zwischenhalt und staunten über die vielen Boote ohne Masten in der Bucht, bis uns einfiel, dass natürlich auch Carriacou vom Hurricane Beryl anfangs Juli 2024 sehr direkt getroffen worden war.

Vieles ist im Wiederaufbau und gerade für die Saison neu eröffnet. So auch die Café-Bar dort, in der ich das Internet nutzte, um den letzten Bericht hochzuladen. Die Menschen hier sind äusserst resilient, aber der Wiederaufbau kostete trotzdem viel Kraft und braucht Zeit, wie die junge Frau an der Bar erzählte. Das können wir uns angesichts der noch immer sehr sichtbaren Zeichen der Zerstörung hier sehr gut vorstellen.

Von Carriacou gings gleich am nächsten Tag weiter zu Union Island.

Das Auge von Beryl sei genau hier über die Insel gezogen, erzählte uns Vanessa vom Strandrestaurant in der Chatham Bay. Sie freute sich, dass wir zu ihr kamen, um ein Bier zu trinken, nachdem wir uns vom Boat Boy „Jeff“ hatten dazu überreden lassen, bei ihm zum Barbecue zu kommen. Vanessa: „It’s good that you’re spreading the love“. Das Barbecue entpuppte sich dann eher als Streetfood und von dem, was ich mir üblicherweise unter „Barbecue“ vorstelle, war weit und breit nichts zu sehen.

Trotzdem – es war ein schöner Abend am Holztisch und wir lernten dabei gleich auch noch Amy und Pete von der grossen Alu-Yacht Blue Sky kennen, die viele Jahre lang Boote überführt hatten (vor allem aus Kanada nach Mexico oder umgekehrt. Das nennt sich dann „the bumpy road“. Eine Bezeichnung, unter der wir uns sofort etwas vorstellen können. 😉) und entsprechend vieles zu erzählen hatten. Und eben – nebst einem von jemand anderem zubereiteten warmen Essen bekamen wir auch das Gefühl, einen kleinen Beitrag an den Wiederaufbau nach Beryl geleistet zu haben. Win-win also…

Vor der Chatham Bay hatten wir noch bei Frigate Island eine Nacht verbracht, nachdem wir aus Clifton Harbour sofort nach dem Einklarieren und der Erfahrung mit dem Boat Boy wieder abgezogen waren. Hinter Frigate Island liegt ein versunkenes Marina-Projekt aus der Jahrtausendwende, das nie vollständig fertig gebaut wurde. Bis zu Beryl gab es auch eine Verbindung zur Fregatten-Insel via Hängebrücken. Jetzt ist sie wieder eine abgetrennte Insel, die einigen Jachten Wellenschutz bietet. Über die flache und jetzt durchbrochene Landzunge pfeift der Wind in Dauerstärke. Ein Paradies für Kite-Surfer und Foil-Surfer. Wir kamen in den Genuss einiger beeindruckender Darbietungen dort und können uns gut vorstellen, welches Verletzungsrisiko für die Surfer bei diesen Tempi wohl besteht. Besonders gestaunt habe ich jedoch vor allem über den Kite-Surfer, der elegant und genau abgemessen ins Luv seines Katamarans manövrierte, so dass sein Kite ohne auch nur ein Tröpfchen Salzwasser abzubekommen auf dem Dach des Kats landete und von der Partnerin zusammengelegt werden konnte, während er sich zum Boot zurücktreiben liess. Anscheinend ist es auch beim Kite-Surfen so, dass das Parkieren die grössere Kunst ist, als das schnelle Fahren/Fliegen. Wenn er es gehört hätte, hätte ich jedenfalls geklatscht.

Von der Chatham Bay auf Union ging es dann im nächsten wirklich kleinen Sprung weiter nordwärts nach Mayreau. Hier kamen wir gerade an, als mal wieder ein intensiver Squall über die kleine Insel zog.

Fröhlich feierte die Männercrew nebenan einen Regentanz und seifte sich ein, aber als alle schön schaumig waren, zog der Schauer weiter… Grosses Gelächter (auf beiden Booten, zugegeben). Auf unserer anderen Seite lag ein französisches Boot mit halb im Mast eingerolltem Grosssegel.

Die Crew (auch dies eine Männercrew) bemühte sich intensiv, das Segel irgendwie zu bewegen, aber das war auch nach Stunden erfolglos. Am nächsten Tag legten sie mit noch immer halbem Gross wieder ab. Ob sie das je wieder bewegen konnten? Interessiert beobachteten wir auch eine grosse amerikanische Yacht, die – wie wir einfach mal annahmen – vom Grossvater mit Enkel im Teenageralter gesegelt wurde. Die kam ebenfalls mit dem Grosssegel noch oben durchs kleine Ankerfeld gebraust und hatte wohl gehofft, dass es in der Bucht weniger Wind haben würde (hatte es nicht), um sich um die ebenfalls klemmende Rollanlage kümmern zu können. Diesmal war es ein Rollbaum-System. Sie drehten nochmals eine Runde draussen und konnten das Segel dann wenigstens herunterziehen und danach am Anker dann auch aufrollen. Vielleicht ist unser altmodisches simples System mit von Hand Auftuchen auf dem Baum nun doch etwas einfacher zu handhaben als Rollreffs? Die beiden Beobachtungen gaben uns jedenfalls wieder „food for thought“, weil wir ja schon länger darüber nachdenken, wie wir sea magiX längerfristig altersgerechter einrichten können.

Von Mayreau gings dann mit dem nächsten Amwindkurs nach Bequia.

Dort hatten wir endlich auch wieder Lust auf Landgang und waren nicht zu faul, das schön am Vorschiff festgezurrte Beiboot zu wassern.

Auch an Land sind die Menschen auf Bequia sehr fröhlich und freundlich, aber unaufdringlich. Wir wurden am Laufmeter begrüsst, auf der Insel willkommen geheissen, und wenn wir ein Angebot (Taxi? Bananas? Coconut Water?) dankend ablehnten, dann war die Reaktion jeweils „Fine, have a nice day“ und nicht „I have a very good taxi“ oder andere Varianten von Hard Selling. Wie gesagt – eine Wohltat. Im Customs Office hängt eine „Note to all Visitors“, die einerseits vor den nicht unterhaltenen und somit sehr unsicheren Bojen in der Bucht warnt, und andererseits die Besucher auffordert, sich beim Hafenamt zu melden, wenn man in irgendeiner Form zu Land oder zu Wasser aufdringlich belästigt werde. Anscheinend haben hier die Behörden gemerkt, dass die Insel so deutlich attraktiver wird für die meisten Segler. Beliebt ist Bequia in jedem Fall: in der – zugegebenermassen riesigen – Admiralty Bay lagen wohl an die 400 Boote und es kamen täglich mehr dazu. Ob die alle im Doyle Pilot (Seit wohl 40 Jahren die Hafenhandbuch-Bibel der Karibik) gelesen hatten, dass Weihnachten auf Bequia toll sein soll? Jedenfalls war es auch bei uns an der weniger geräumigen Nordwestseite der Bucht ziemlich eng für unsere an den 40-50m Kette tanzende sea magiX.

Das Wasser war zwar recht ruhig, d.h. es gab kaum Schwell von draussen, aber die Böen pfiffen auch hier mit Wucht über die Hügel und aufs Wasser hinaus, so dass sea magiX im Verlauf einer Nacht wohl mehrere Meilen an ihrer Kette hin und her segelte. Nach der ersten Nacht verlegten wir den Anker nochmals ein paar Meter weiter nach vorne zwischen unsere Nachbarn und konnten so von 40 auf 50m Kette aufstocken. Bei 4.5m Wassertiefe ein gutes Verhältnis, und nachdem wir wie üblich den Anker mit der Taucherbrille kontrolliert hatten, fühlten wir uns wirklich sicher, auch wenn es gerade mit 25 Knoten durchs Rigg pfiff wie ein falsch gestimmtes Orgelkonzert. Das Tauchen auf den Anker haben wir uns zur Routine angewöhnt. Einerseits, um zu sehen, ob er eben auch bei den Nacht-Squalls mit starken Böen halten würde (oder zB nur an einem Büschel Seegras hält und sich dann im Dunkeln mitten im schönsten Traum losreissen, über den Boden rumpeln und uns direkt aus der Koje in ungeahnte Hektik versetzen würde) und andererseits, weil jetzt in der Hochsaison der Anker des Nachbarn nie weit entfernt ist und wir keine unangenehmen Überraschungen provozieren oder erleben möchten.

Eingekreist ist der auf den Anker schauende Skipper… weit weg, die 45-50m!

Bequia gefiel uns auch sonst sehr gut. Die Insel ist überschaubar klein und das meiste Leben spielt sich in Port Elizabeth, dem Ort am Kopf der Admiralty Bay ab. Dort gibt es alles, was ein Seglerherz begehrt. Nebst vielen Restaurants und Bars auch alle möglichen Läden, vom Tante-Emma-Laden mit engen Regalen und hochgestapelten Kisten bis zum (im Doyle hoch gelobten) Spezialitätenladen, in dem man nebst Lindor-Kugeln und Starbucks-Kaffeekapseln auch Earl Grey Tee bekommt, wenn man den Preis nicht scheut. Das 25-Teebeutel-Päckchen Earl Grey hätte umgerechnet sage und schreibe 13 CHF gekostet… Wow! Hier ist die Kundschaft wohl eher weniger preis-sensitiv. Im Markt gab es dann aber auch schönes Gemüse bei „Wolfgang“ (wahrscheinlich heisst er morgen, wenn ihn ein Amerikaner anspricht, dann wieder „Henry“ oder „Tom“ 😉) zu erschwinglicheren Preisen. Die Fähre von St. Vincent kommt täglich 4-5mal und die Schnellfähre ebenfalls etwa 3-4mal. Von dort wird auch das Gemüse geliefert; scheints wird es tatsächlich auf der grossen Insel (genannt „Mainland“ von der Lokalbevölkerung) angebaut. Der Salat war jedenfalls wirklich frisch und wurde sehr genossen. „Wolfgang“ reagierte auf unsere Herkunft aus der Schweiz augenblicklich mit „Roger Federer – I’m a fan of Roger“. Im Nu hatte er einen Anknüpfungspunkt gefunden und konnte fröhlich sein Gemüse verkaufen. Wahrscheinlich hat er für jede Nationalität irgendeinen Fan-Helden parat. Zynisch? Vielleicht. Aber er wirkte dadurch weder aufdringlich noch anbiedernd und hat sein Ziel erreicht – wir kauften ihm für immerhin ca. 20 CHF diverse Gemüse und Früchte ab. Und danach waren sowohl wir als auch er zufrieden. Was will man mehr? 😊Den Reis im Supermarkt legte ich hingegen wieder hin, nachdem ich im Päckchen gleich mehrere ausgewachsene Krabbeltiere beobachtet hatte. Da sind wir wohl noch zu europäisch verwöhnt.

Wenn wir irgendwo vor Anker liegen, versuchen wir jetzt mit Autoscheiben-Schildern und einem Netz über die Scheiben des Sprayhoods die ärgste Sonneneinstrahlung zu reduzieren.

Für Bequia hatten wir uns auch vorgenommen, endlich unsere Beine wieder etwas zu aktivieren. (Meine morgendlichen Theraband-Übungen reichen halt nicht wirklich für ein rundum fittes Gefühl, auch wenn sie sehr gut tun). Es gibt von „Action Bequia“, einer Gruppe von Menschen, die sich um die Attraktivität ihrer Insel bemühen und zB eine offizielle Abfallsammelstelle für alle Boote eingerichtet haben, einen Fussgängerweg entlang der Ostseite der Bucht, komplett mit Holztreppe über eine Felsnase und einen Holzsteg um einen Vorsprung herum, bis zum unteren Strand mit dem logischen Namen „Lower Bay“.

Man spaziert an diversen Hochpreishotels vorbei, aber auch an gemütlichen Bars und am Strand entlang und hat immer wieder wunderbare Ausblicke auf die Bucht mit ihren unzähligen Ankerliegern. Der ganze Spaziergang ist aber wohl in etwa einer halben Stunde hin und zurück gemacht – da sind wir erst allmählich warmgelaufen. Naja, warm bzw. heiss ist es schon nach dem ersten Schritt. Aber trotzdem – so wanderten wir von der Lower Bay dann hinauf zur Strasse und über den Hügel auf die Luvseite (Windseite) der Insel zur Friendship Bay. Dort kühlte uns der Wind wieder auf Betriebstemperatur hinunter, während wir am Strand im Schatten sassen und den freien Blick aufs Wasser genossen.

Kein Ankerlieger – keine Liegestühle: wir hatten den ganzen Strand für uns. Die Kehrseite: wir fanden keine offene Bar, denn alles Leben spielt sich auf der anderen Inselseite ab. Deshalb gings bald wieder zurück auf die bevölkerte Leeseite und heim zu sea magiX, deren Kühlschrank jetzt im Energie-Überfluss Tag und Nacht läuft und Wasser und (auch alkoholfreies) Bier in rauen Mengen kühlt.

Die zweite „Wanderung“ führte uns am nächsten Tag nach Nordosten über den Hügelzug zur Spring Bay. (Wanderwege gebe es keine auf der Insel, meinte die Dame im Tourist Office. „You hike on the roads“.) Immer dem Schatten nach kamen wir an der Kehrichtentsorgung vorbei: eine grosse Grube, in der die Menschen ihre Kühlschränke, Öfen, Autopneus und auch den gesamten Kehricht aus der Sammelstelle von Action Bequia entsorgen… Stimmt, alles andere wäre hier wohl einfach viel zu teuer. Aber wenigstens geht es nicht direkt ins Meer. Und die Trennung von Rezyklierbarem von gemischtem Abfall funktioniert ja schon an der Sammelstelle nicht. Spätestens hier finden aber die beiden Sparten sowieso wieder zusammen. Da zählt wohl vor allem mal der Gedanke, dass man sammelt und nicht einfach irgendwo entsorgt. Kleine Schritte führen zum Ziel.

Am Strand der Spring Bay angekommen staunten wir nicht schlecht: unter den riesigen Palmen im Schatten hatte sich eine Herde Kühe und Kälber niedergelassen. Das grobe, widerstandsfähige Gras, das sie hier fanden, ist sicher sehr salzig. Wie ist wohl dann die Milch dieser Tiere?

Auch diesen Strand hatten wir ganz für uns. Nur war er leider weniger attraktiv als jener in der Friendship Bay: das Sargassogras hat sich hier schon meterdick angesammelt. Den schicken Golfklub, der etwas zurückversetzt liegt, beeindruckt dies wohl nicht sehr. Aber die noch nicht ganz fertig gebaute Luxus-Hotelanlage wohl schon: ob die je fertiggestellt wird? Baden ist jedenfalls in dieser schönen Bucht nicht sehr einladend.

Zurück an Bord kümmerte sich der Skipper (unter anderem – es gibt immer kleinere und grössere Projekte am Bootsunterhalt) um die Erneuerung der hydrostatischen Auslösung der Rettungsinsel.

Das kleine Gerät wird an der Leine befestigt, welche die Rettungsinsel auf dem Deck in ihrem Rahmen hält. Sollte das Schiff untergehen und niemand hätte die Rettungsinsel vorher vom Schiff gelöst und aktiviert, so löst genügend Wasserdruck (in unserem Fall bei ca. 2-2.5m Wassertiefe) eine Feder aus, die ein scharfes Messer hervorschnellen lässt, das die Leine sauber durchtrennt. Die Rettungsinsel kann dann aufschwimmen und wenn genügend Zug an der anderen Seite der Befestigung kommt, wird auch diese Befestigung durchgetrennt und verhindert, dass die Insel mit dem Schiff untergeht. Sehr clever! Ich war etwas skeptisch, wie das bei der dicken Leine mit nur einer Chance gehen sollte und konnte es dann mit dem alten Gerät testen. Ich hangelte mich unter Wasser der Ankerkette entlang abwärts, bis ich (eben, etwa bei 2-3m Tiefe) ein „Klick“ hörte. Gespannt tauchte ich wieder auf. Und siehe da – die 8mm-Leine war tatsächlich sehr sauber durchgetrennt. Funktioniert wirklich! Gut zu wissen, auch wenn wir das hoffentlich nie im Ernstfall brauchen werden.

Ein anderes Thema war der inzwischen dritte Brotbackversuch. Ich bin noch in der Experimentierphase… Was in der 21 Grad kühlen Schweizer Küche mit 24 Stunden Aufgehen wunderbar funktioniert hatte, ist wohl nicht ganz so direkt auf karibische Verhältnisse übertragbar. Und dann ist da natürlich auch noch die Mehlmischung, bei der ich den passendsten Mix noch finden muss. Diesmal hatte ich 400g Vollkorn- und 200g Weissmehl in meiner Mischung. Nach weniger als 8 Stunden ging es gemeinsam mit einem noch stärker experimentellen Banana-Bread schon in den Ofen, im offenen „Körbchen“. Naja, nach 60 Minuten, diversen Dreh- und Wendungen und viel Werweissen hatten wir einmal mehr einen eher flachen, recht kompakten, aber diesmal runden Brotlaib. Nächstes Experiment: noch weniger Hefe (wie misst man 1/8 Teelöffel Trockenhefe?), Mischung 50-50 und ca. 12-16 Stunden gehen lassen. We’ll see… Zum Glück haben wir genug Gas und viel Zeit. Und finden hoffentlich auf Martinique irgendwo dann auch wieder Vollkornmehl.

Wir verbrachten drei schöne, gemütliche Tage auf Bequia, genossen das Umherstreunen an Land und die luftige Lage an Bord (ich schaltete auch noch einen halben Arbeitstag ein), und beschlossen dann trotzdem, angesichts der drohenden Nord- und Nordostwinde, den verbleibenden Weg nordwärts in kleinere Stücke zu zerlegen. Deshalb standen wir am 22.12. um 08:05h schon vor der (geschlossenen) Türe von Customs und Immigration: nein, die öffnen erst um 08:30h. Naja, nochmals bei „Wolfgang“ vorbei schauen (er hatte noch keine neuen, schönen Bananen), ein wenig mit den schon (oder noch?) reichlich zugedröhnten Strassenhändlern „plaudern“ (Standardgespräch: „Hello, how are you today?“ „Thank-you, I’m fine, and you?“ „Yeah mon, fine, too. Do you want any … (je nach Angebot: Coconut Water, Cucumbers, vom Boden aufgelesene Mangos, Marihuana, etc.)?“ „No, thanks, I don’t need anything just now.“ „That’s fine then – have a nice day!“ „Yeah, thanks, you, too!“) …und tatsächlich, um 08:29h kamen die Beamtinnen, öffneten die Rolläden ihrer „Büros“ (in Port Elizabeth sind alle Behörden, inkl. Post Office und Revenue, aber vor allem auch Customs und Immigration im gleichen Gebäude), legten ihre Stempel zurecht und los gings. Bald hatten wir ausklariert und etwa eine Stunde später konnte der Anker hoch kommen und wir waren am Weg zum Amwindkurs nach Chateaubelair auf St. Vincent. Wie war das nochmal mit dem Amwindsegeln und Kreuzen? Gentlemen don’t sail upwind? Wir sind natürlich sowieso keine gentlemen, aber trotzdem – irgendwie läuft da was falsch… und wird wohl noch länger so weiterlaufen: der Inselbogen der Antillen biegt erst bei Antigua nach Westen ab. Da liegen viele Inseln zwischen uns und dort. Alle auf Amwindkursen 😉. Na, dann sind wir eben bescheiden und freuen uns, wenn wir nicht kreuzen müssen, bzw. versuchen so wie jetzt, die eher östlichen Winde zu nutzen und die nördlichen zu vermeiden.

In Chateaubelair kamen wir am frühen Nachmittag an. Eine Seebrise blies gerade recht heftig. Am Strand riefen und gestikulierten Kinder, als mich der Skipper zwischen diversen Bojen hindurch lotsen wollte. Wrack? Ok, vielleicht besser aussen rum. Die Bucht ist bis ganz nah ans Ufer sehr tief aber an ihrem Nord(ost)rand hat sie einen flacheren Vorsprung, wo man dann doch ankern kann. Gefühlte zwei Bootslängen vom Ufer und noch immer 9.5m Tiefe. Wir fanden einen schönen Platz zwischen zwei Kats und zogen wie üblich die ca. 45m Kette schön fest. Bald darauf brausten zwei Charterkats heran und legten sich gleich neben uns. Jener im Lee legte so wenig Kette, dass der Anker erst hielt, als er wirklich schon fast auf den Steinen des Ufers sass. Aber er machte keinen zweiten Anlauf – kein Problem, ist ja nicht mein Schiff… und jener im Luv hatte seinen Anker so nah bei uns gelegt, dass er bei 10m Tiefe gerade mal 20m Kette geben konnte, bevor er mit uns auf Tuchfühlung gehen würde. Aber auch hier gab es erst einen zweiten Anlauf, als die Boatboys ihn darauf aufmerksam machten, dass er zu nah bei uns liege… nach dem zweiten Versuch war er immer noch viel näher als nötig, aber wenigstens etwas seitlich versetzt, so dass er wohl zuerst auf die Steine treiben würde, bevor er uns treffen würde. Oje, stimmt, jetzt müssen wir uns wohl wieder an die Charterkapitäne mit ihren zu grossen Spielzeugen gewöhnen.

Die Bucht von Chateaubelair ist spektakulär. Die Steilwand geht zig Meter fast senkrecht hoch und ist über und über grün bewachsen. Nachts hörten wir unzählige Tiergeräusche so nah an unserem Liegeplatz. Und nach den windigen Tagen und Nächten der letzten Wochen war es erholsam, auch mal wieder gut windgeschützt zu liegen. So nah am Ufer wäre es wohl ein Leichtes, zu uns zu schwimmen, wenn ungebetene Gäste an Bord steigen möchten. Andererseits – wer soll denn bei dem steilen Ufer überhaupt hierher kommen? Trotzdem – erstmals seitdem wir wieder unterwegs waren, legten wir das untere Brett im Niedergang ein. Da soll sich ein potenzieller Einbrecher zuerst mal das Schienbein anhauen, wie das mir schon 1000x passiert ist! Zum Glück machte niemand diese schmerzliche Bekanntschaft mit unserem Lukenbrett und wir hatten eine gute, ruhige Nacht.

Am Morgen des 23.12. ging es wieder früh los: wir wollten die ca. 35 SM bis Soufrière auf St. Lucia bei Tageslicht segeln und hofften darauf, dass der Wind noch nicht zu nördlich dreht. Ob das gelingen würde? Mir wie luege…