Uschi schreibt sehr fleissig. Das ist ein gutes Zeichen, denn an Bord herrschen scheinbar gute Bedingungen bei Schiff, Wetter und Crew, welche das Schreiben zulassen. Dies auch wenn es offenbar recht sportlich bläst und vorwärts geht. Aber mehr nehme ich nicht vorweg – lest selber im soeben eingetroffenen weiteren Bericht von Uschi unten.
Die Position werde ich sogleich mit der kurzen Nachricht von Bänz auf der Karte updaten.
Schöner Sonntag an alle
Paddy
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Viel Wind und Welle
Sonntag, 22.12., vierter Advent, und wir sitzen im T-Shirt im Schiff. Ok, im Schiff und nicht draussen, weil es halt nicht ganz so weiter gegangen ist, wie es gestern um dieselbe Zeit noch war. Sowohl Paddy’s SMS via den Garmin Inreach, als auch die Wetterwelt-Prognose, die wir mit dem Starlink geholt hatten, sagten für die nächsten Tage und Nächte bis mindestens morgen am 23.12. mehr Wind an, und das kam dann auch tatsächlich so. Die mit 7 und 8 Bft angesagten Böen waren die ganze Nacht bis in den Morgen jeweils so lang, dass sie wohl schon eher zum Mittelwind wurden. Und auch jetzt, mittags um 12, klettert die Anzeige ständig von ca. 28kn („Der Wind hat gerade nachgelassen.“ „Auf wieviel?“ „Nur noch 28 kn“.) auf bis zu 36kn. Entsprechend beeindruckend sind die Wellenberge und -Täler, durch die Leonie uns steuert, bzw. die uns umherschubsen, wie gestern schon beschrieben. Die Genua, unser Vorsegel, ist bis auf ein kleines Taschentuch verkleinert. Und obwohl wir Gisela, unseren Wassergenerator mitlaufen lassen, fahren wir trotzdem mit ca. 5.5 bis 6 Knoten in Richtung Kap Verden.
Eigentlich wollen wir ein wenig bremsen: wir möchten nicht im Dunkeln ankommen, aber wenn es tatsächlich wie angesagt nochmals 24 Stunden oder länger so weiter geht, dann kann es sein, dass wir in der Nacht von morgen auf übermorgen ankämen. Noch mehr verkleinern möchten wir das Vorsegel nicht, denn sonst wird es schwierig für Leonie, zu steuern. Momentan rechnen wir immer wieder nach und hoffen darauf, dass der Wind morgen Abend nachlässt, dann würde es übermorgen gegen Mittag. Mir wei luege!
Vorhin stellten wir fest, dass wir es für diese Verhältnisse wirklich „gäbig“ haben. Auch wenn es anstrengend und auch beeindruckend ist, so unterwegs zu sein, so können wir trotzdem „gemütlich“ unter Deck sitzen und Leonie steuern lassen. Ob ein elektrischer Autopilot das so tagelang schaffen würde? Das Schiff ist trocken (kein neues Wasser in der Bilge) und in gutem Zustand, wir haben täglich warme Mahlzeiten, haben genug Energie und Wasser, können meistens in der Freiwache gut schlafen und auch tagsüber Schlaf nachholen, und kommen gut vorwärts. Wir stellen uns vor, wie das wäre ohne Windsteuerung oder in einem weniger praktisch eingerichteten Schiff, oder wenn wir ständig mit Seekrankheit zu kämpfen hätten… vielleicht wäre es dann nicht so klar, dass es irgendwann nach dem Besuch der Kap Verden weiter westwärts gehen wird.
Zu unserem elektronischen Kompass-Problem von vorgestern Nacht gibt es noch eine Korrektur: nicht der Kompass an sich ist ausgefallen, sondern das zusätzlich eingebaute Anzeige-Gerät hinter dem Steuerrad. Und durch seine Fehlfunktion hat es die anderen Geräte bzw. das Bordsystem gestört. Mit dem Ausstecken ist vorerst deshalb das Problem gelöst, denn die Anzeige benötigen wir momentan nicht. Sie ist für dann dort eingebaut, wenn wir von Hand steuern und von hinter dem Rad unseren zu steuernden Kurs einstellen wollen. Das brauchen wir hoffentlich nicht in den nächsten Tagen. Und: der Skipper hat in seinem unergründlichen Ersatzteile-Vorrat schon ein Ersatzgerät gefunden. Ein Punkt mehr für die To-Do-Liste in Mindeló!
Gestern, nachdem wir den Wetterbericht studiert hatten, ergriffen wir noch schnell die Gelegenheit von etwas ruhigeren Verhältnissen (mit „nur“ 5-7 Bft) für eine Cockpitdusche. Mit warmem Wasser aus dem Thermos im Kübel, Schwamm und dann dem Duschschlauch im Cockpit rückten wir der angesammelten Salzschicht auf Haut und Haaren zu Leibe. Welch Wohltat danach! Heute wäre das etwas weniger erfolgreich: das Salz würde gleich nachgeliefert. Mal sehen, ob es morgen nochmals möglich ist und sonst kommen wir halt ein wenig gepökelt auf den Kap Verden an. Die sind sich das wohl gewöhnt so.
Bald ist wieder Zeit für unsere tägliche Wetterbericht-Runde. Da gibt es einerseits eben den kleinen Garmin mit SMS an/von Paddy mit seiner Einschätzung der Wetterentwicklung und unserer Positionsangabe und Kurznachricht zu unserem Status. Und andererseits den Starlink, den wir bei diesen Verhältnissen nicht hinten in seine Halterung stecken, sondern im Cockpit versuchen, nach Norden auszurichten. Der sucht dann einige Minuten lang seine Satelliten, bevor er eine Verbindung für uns aufbaut, über die wir derzeit nur den Wetterbericht herunterladen und Paddy diese Berichte schicken. Das hat bisher einwandfrei funktioniert so. Mails, WhatsApps, etc. werden wir erst wieder auf Cabo Verde herunterladen. Wir freuen uns schon darauf, dann wieder mit Familie und Freunden im Kontakt zu sein. Ob wir das auch auf dem Weg in die Karibik so handhaben, wissen wir noch nicht so genau. Das wird sich in den nächsten Tagen weisen und hier berichtet, versprochen!
Nun schlängeln wir uns weiter durch die Wasserberge und sind gespannt, wie lange wir für die noch verbleibenden 235 SM brauchen werden. Watch this space!