Faulenzen und Sightseeing auf Barbados
Do., 26. – Sa., 28. 12.
Wir waren uns schnell einig: auf Barbados könnten wir länger verweilen. Das Flohnerleben mit viel Faulenzen, Baden, am Schiff aufräumen und «umechnuppere», gemütlichen Sundowners und ab und zu an Land gehen und einen Eindruck von unserer Ecke der Insel bekommen, hat uns sehr zugesagt. So sehr, dass das Blogschreiben mal wieder letzte Priorität bekam.
Am Donnerstag wurde es Nachmittag, bis wir mal mit Hilfe eines wackeligen Wifis von der Strandbar und dann doch mit einem GB von Swisscom alle Mails heruntergeladen und ganz wenig in der Mailbox aufgeräumt hatten. Nach der grössten Nachmittagshitze sattelten wir dann wieder unser Dinghi und fuhren an Land, um am endloslangen, schönen Strand nach weiteren Bars mit Wifis zu suchen, wie auch den Segelclub ausfindig zu machen. Dort war gerade ein etwas gehobenerer Dresscode aktuell als unsere Flipflops, Shorts und schon etwas angeknabberten T-Shirts hergeben wollten.
Im «Lobster Alive» Restaurant genossen wir ein lokales Bier (Banks) an der Bar (auch zu Ehren von lieben Kolleginnen, die diesen Auftrag erteilt hatten, gäll Pia, gueti Usred!) und ergatterten dazu das Passwort zu ihrem starken Wifi. Das Restaurant wirkte sehr ansprechend: die Tischchen werden draussen im Sand mit Tischtuch etc. bereitgestellt – nach Anzahl Reservationen, nur. Und im grossen Becken neben der Bar tummeln sich unzählige Hummer jeder Grösse, bis sie auf dem Teller eines der Gäste landen. Sehr freundlich, professionell, nicht gerade günstig, aber sicher für Hummerliebhaber eine empfehlenswerte Adresse. Wir kehrten trotzdem tiefbefriedigt ohne Hummer aber mit Passwort an Bord zurück und widmeten uns dort dem Verarbeiten weiterer Vorräte, bei wunderschönem Sonnenuntergang und friedlichster Stimmung, während die Tanzmusik (mit umpa-Takt über 6 oder mehr Stunden, um dann spätnachts sehr abrupt auf Hiphop zu wechseln) vom Land her spielte.
Für Freitag hatten wir uns vorgenommen, diesmal etwas früher an Land zu kommen, um uns dort um mögliche Autovermietungen zu kümmern. Der Spaziergang bis zur einzigen Vermietung in Fussmarsch-Reichweite wurde doch schon recht warm, obwohl es erst 9h morgens war. Die Preis-Leistung entsprach dann aber nicht unseren Vorstellungen und wir zogen unverrichteter Dinge von dannen. Da wir schon in der Nähe des Cruise-Terminals waren, wanderten wir anschliessend dorthin, mit der vagen Idee, uns vielleicht dort einem Taxi-Ausflug mit anderen zusammen anzuschliessen. Und auch, um abzuklären, wie dort denn das Ausklarieren funktionieren würde, sofern wir das Prozedere befolgen würden. Die Taxi-Idee war schnell gestorben, als wir in dem Getümmel des Terminals, an dem gerade 4 Kreuzfahrer wieder angekommen waren, eintauchten. Und auch die Ausklarier-Idee bekam deutliche Fragezeichen, denn wir sahen beim Zoll nur eine ewiglange Schlange von Passagieren, die wohl hier ausstiegen und ihre Koffer durch den Zoll bringen mussten. Ob wir dann hier anstehen müssten, war nicht ganz klar, aber es bestand auch keine Möglichkeit, mehr herauszufinden. Dem Terminal wieder entkommen, kühlten wir im nahe gelegenen Marine Power Shipchandler mit Deutschsprechender Händlerin wieder auf Betriebstemperatur herunter und füllten unseren Vorrat an Edelstahlnieten und Fischerhaken wieder auf, bevor wir uns auf den Weg zum ebenfalls in der Nähe liegenden Busterminal machten.
Am Terminal war es wie immer bisher auf Barbados: wir schauten etwas fragend in der Gegend rum und schon bald wurden wir gefragt, wohin wir fahren wollten. Als wir meinten, einerseits zur wichtigsten Sehenswürdigkeit der Insel, d.h. dem Harrisons Cave, und andererseits zum dort in der Nähe liegenden Wald, wurde der freundliche Herr gleich ganz besorgt um uns – wir sollten den Wald meiden, das sei eine einsame und «not good» Gegend, und wir sollten doch einfach den Bus nehmen, der beim Harrisons Cave vorbeifahre. Vielleicht gibt es keinen Bus zu jenem Wald, aber jedenfalls befolgten wir seinen Ratschlag (und jenen von einigen anderen, die uns dann auf der Suche nach dem richtigen Bus noch halfen), zahlten unsere BDS 3.50 pro Person (die Pauschale gilt pro Person und Fahrt, egal wohin die Reise geht. Barbados Dollars werden im Verhältnis 2:1 in USD umgerechnet, also zahlten wir zusammen USD 3.50 pro Weg) und erlebten danach eine äusserst laute, rasante, fröhliche, freundliche und unterhaltsame Fahrt durchs Inland der Insel bis zu einer Kreuzung, wo der Fahrer uns zum Aussteigen aufforderte und wir die restlichen 500m zum Touristenspot spazierten.
Inland ist die Insel sehr beschaulich für karibische Verhältnisse. Wie Paddy schon beschrieben hat, ist dies die einzige nicht-vulkanische Insel des karibischen Bogens hier. Sie erinnerte mich ein wenig an unser Mittelland mit ihren sanften Hügeln, grünen Feldern mit Zuckerrohr, Kartoffeln, Süsskartoffeln, Weideland für Rinder, gelegentlichen Hecken aus anderen Büschen als bei uns und ab und zu Wäldchen mit äusserst abwechslungsreichen Bäumen, und dazwischen wieder Siedlungen und Dörfer mit den typisch karibischen farbigen Holzhäusern und gelegentlichen Villen der Wohlhabenderen. Vom mehrstöckigen Traumhaus mit wunderbarem Umschwung bis zur mit Wellblech, Draht und Karton zusammengehaltenen Bretterbude gab es alles zu sehen.
Der Busfahrer fuhr wie ein Henker, blieb aber für jeden stehen, der winkte, dass er mitkommen möchte, egal ob er bei einer Bushaltestelle war oder nicht, hielt auch an, wenn ein Passagier rief, dass da hinten noch jemand komme und grüsste hupend bei jedem zweiten Haus wo ihm jemand winkte. Dazu lief die ganze Fahrt lang seine Playlist vom Handy über die Bordlautsprecher und übertönte fast das unglaubliche Rattern, Quietschen und Dröhnen der Fahrgeräusche. Unser Gehör war wie betäubt nach dem Aussteigen.
Beim Harrisons Cave fanden wir den üblichen grossen Parkplatz voll mit Taxibussen, Tourbussen und Mietwagen, und als wir für Tickets zum Schalter kamen, teilte uns die Dame dort mit, dass es leider erst wieder in 2 Stunden, um 16h Platz habe im Tram, das uns in die Höhle bringen sollte. Unsere enttäuschten Gesichter (so lange konnten wir nicht warten, denn wir wussten nicht, ob es nach dem Eindunkeln noch Busse zurück geben würde) liess sie nachfragen, von welchem Schiff wir denn seien. Und als wir ihr erklärten, dass wir gerade 20 Tage auf See in einem ganz kleinen eigenen Boot gesegelt seien, und als erstes hier auf Barbados direkt zu dieser Sehenswürdigkeit gekommen seien, und jetzt nicht hinein kämen, denn wir müssten beim Eindunkeln an Bord sein, da kam sie aus dem Staunen nicht heraus und fand, da müsse man etwas machen für «these 2 persons who sailed for 20 days to get here, imagine that!». Viel Telefonieren, mit Kollegen diskutieren, mit dem System kämpfen und eine halbe Stunde später, in der wir nicht von unserem Platz beim Schalter gewichen waren, und tatsächlich – Pauline machte es möglich. Sie schrieb auf unsere Quittung, dass wir die Leute seien, die sie an Jolene schicke, und jagte uns zur nächsten Gruppe mit. Einfach unglaublich liebenswürdig, die Menschen hier!
Der Besuch der Grotte war schön und sehr gut inszeniert (und wir hatten problemlos Platz im Tram; da hätten noch einige mehr Platz gehabt!). Nicht, dass wir überheblich klingen wollen, aber wenn man im Jura aufgewachsen ist und Kalksteingrotten mit schönen Stalagtiten und Stalagmiten von da her schon kennt, so war es doch für uns etwas weniger spektakulär, als wir uns anhand der Beschriebe vorgestellt hatten. Aber das Erlebnis mit Pauline war dafür so unbezahlbar, dass wir nach der wieder ebenso haarsträubenden Rückfahrt im Bus einen ganz tollen Tag hinter uns hatten.
Am Samstag, 28.12. beschlossen wir, nach dem gelungenen Test mit der Busfahrt vom einen Terminal, nun einen Bus vom anderen, mehr in der Nähe des Dinghis zu nehmen, und fuhren diesmal mit einem blauen, d.h. Überlandbus, nach Nordosten zu einem Dorf, das für seinen Surfstrand bekannt ist: Bathsheba. Auch diese Fahrt war wieder erlebnisreich und unterhaltsam. Bathsheba selbst war wohl bis vor nicht all zu lang ein schönes Touristendorf mit Hotels, Bars und Restaurants. Das Foto im Doyle von 2012 zeigt noch ein schönes gepflegtes Gebäude direkt neben der Kirche. Das sahen wir jetzt im 2019 auch wieder, nur ist es heute verlassen und verlottert. Auch hier sind die Auswirkungen des Kreuzfahrt-Tagestourismus klar spürbar; der längerfristige, nachhaltigere Hoteltourismus hat keine Überlebenschance.
Es gibt ein Restaurant mit Bar und Parkplatz, wo die Touritaxis und Tourbusse parkieren. Dort sind auch – wie überall, wo einige Menschen zusammen kommen, einige Händler mit farbigen Tüchern, Souvenirs, Kokosmilch, etc. Hundert Meter weiter ist aber keine der Gruppen mehr unterwegs und eine Bar, die etwas weiter weg vom Parkplatz liegt, bekommt kaum mehr Kunden. Wir spazierten von der Endstation des Busses einige hundert Meter dem Strand entlang und kamen dabei an Hotelruinen und Bauruinen vorbei, und waren dort fast ganz für uns alleine, um die speziellen Gesteinsformationen und den schönen Strand zu bestaunen. Immer wieder fanden wir auch wunderschön verkalkte Pflanzen- und Schalentierabdrücke. Beim Bushalt entschieden wir uns dafür – leichtsinnigerweise, wie sich später zeigen sollte – den nächsten Bus zurück nach Bridgetown zu nehmen, um dann gleich von dort weiter an die Südküste zu fahren und dort etwas zu Mittag zu essen.
In Bridgetown erreichten wir das Gate (wirklich eine Gittertür), von dem unser Bus nach Sam Lordes Castle, und damit an die Strände der Südküste fahren sollte, 10 Minuten vor der Abfahrtszeit um 13.00h. Freudig reihten wir uns wieder in die Schlange ein und warteten. Und warteten. Und warteten… auch um 14h noch immer, inzwischen aber mit laut knurrendem Magen und viel grösserer Ungeduld als die Menschen um uns herum. Um 14:15h gaben wir nach und wechselten unsere Jetons problemlos beim Schalter wieder zurück in BarbadosDollars, die wir sogleich nebenan in zwei Notfall-Burger vom BurgerKing investierten. Fazit: in 80% unserer Fahrten hatte das ÖV-System gut geklappt; da war es nicht so schlimm, dass es halt beim dritten Versuch dann nicht mehr klappte.
Und nochmals – die Menschen hier beeindruckten uns sehr. Sie blieben weiterhin fröhlich und freundlich, uns Touris gegenüber extrem hilfsbereit und waren immer tiefenentspannt unterwegs. Und gleichzeitig haben wir noch nie so viele Klein- und Kleinsthändler an jeder Ecke gesehen. Jeder versucht, etwas zu verkaufen. Nicht aufdringlich und nie aggressiv, sondern einfach um ein eigenes Einkommen bemüht.
Zurück an Bord gabs Sundowner und dann einen feinen Filet-Gemüse-Eintopf mit gefrorenem Schweinsfilet zu 5 USD pro Kg und Salat, der gleich viel gekostet hatte wie das Filet. Endlich wurde auch noch der letzte Mohikaner, unser Rotkabis, verwertet. Bin ich froh ist der weg! Aber die Kartoffeln und Zwiebeln aus Teneriffa sind noch immer bestens in Schuss und werden uns wohl noch einige Tage weiter begleiten.
Allmählich begannen wir auch wieder, das Boot aufzuräumen, das Dinghi an Bord zu nehmen, etc., um uns dann morgen wieder vom Flohner-Ankerleben zu lösen und die ca. 110 SM nach Nordwesten nach Martinique zu segeln. Barbados hat uns wirklich sehr gefallen und wir würden es noch länger hier aushalten, wie gesagt. Aber auch die französischen Antillen sind schön und wir freuen uns schon darauf, sie und die weiteren Inseln hier wieder zu besuchen und neu zu entdecken. Diesmal mit Sea magiX statt mit Sparti Vento, wenn auch die beiden Boote sehr vergleichbar sind (und auch schon bezüglich der Farbe unseres Rumpfes… Wir sagten doch, dass wir kein blaues Schiff wollten!).