… oder eigentlich bei den Bretonen… Wir sind inzwischen via die Britische schon wieder bei der nächsten Gastlandflagge angelangt.
Vom Wetter werden wir mehr oder weniger seit Beginn unserer Reise, nun schon vor 2 Wochen, so richtig verwöhnt. Wenn mal am Morgen nicht schon blauer Himmel ist, schauen wir verwundert, was denn nun los sei. Damit einher gegangen ist bisher auch meistens eine praktische, segelbare Brise. Nur gestern und heute hapert’s damit ein wenig; es ist wenig Wind und der genau von hinten für unseren Kurs nach Südwesten. Zusammen mit den Wellen, die sich hier im Gebiet des Ärmelkanals kaum beruhigen, besorgt uns das einen langsamen und ziemlich anstrengenden Kurs. Das Grosssegel schlägt sich selbst kaputt und die Vorsegel (Gennacker oder Spi) wollen nur in ganz bestimmten Windwinkeln stehen, welche dann wieder von den Wellen «ausgeschüttelt» werden. Das kann keiner unserer beiden Autopiloten steuern und so sind wir beide ständig dran. (Gute Ausrede für das Ausbleiben des nächsten Berichts, nicht wahr? ?) Trotzdem – es würde uns nicht im Traum einfallen, uns übers Wetter zu beklagen. Morgen Mittwoch soll es noch halten, dann verlässt uns dieser Ausläufer des Azorenhochs und dahinter kommt Westwindwetter – also geniessen wir es noch so lange es hält!
Am Sonntag (Bastille Day) verliessen wir Cherbourg morgens etwa 2 Stunden bevor beim Cap de la Hague Slack herrschen sollte und merkten bald, dass dies mit den soeben beschriebenen Windverhältnissen zu knapp berechnet gewesen war. Also kam der Gennacker bald hoch und wir kreuzten nah am Land vor dem Wind, um möglichst wenig Gegenstrom zu haben. Die Küste wirkte deutlich freundlicher als im April, was bei blauem Himmel und glitzernden Sonnenreflexen auf dem Wasser nicht wirklich schwierig ist. Etwa bei Omonville packte uns dann der inzwischen auf West-setzend gedrehte Strom und wir beschleunigten, weiterhin mit Genni, auf mehr als 11kn über Grund. Für Steuern und Fotografieren gleichzeitig wurde es dann irgendwann zu aufregend, so dass die Dokumentation bei 11.5kn aufhört. Wir wurden in rasanter Fahrt um die Ecke gespült und auch dahinter herrschte mehr Wind, was zusammen mit dem Strom zu deutlich mehr Wind führte, als wo meine persönliche Gennikomfortgrenze liegt. Das Bergemanöver gestaltete sich dann auch entsprechend schwierig und die Harmonie an Bord erhielt ein paar Dellen und Schrammen. Aber Schiff, Segel und Mannschaft blieben unversehrt und einige SM später kehrte auch wieder Frieden ein an Bord.
Aus meiner Sicht deutlich entspannter und aus jener des Skippers deutlich zu langsam segelten wir dann mit der Genua weiter nach Sark und auf der NW-Seite zwischen Sark und der privaten Insel Le Breghou durch den 15m breiten Gouliot Passage hindurch zum Havre Gosselin. (Für meine schon etwas ausgefranste Nerven war hilfreich, dass wir kurz vor der Passage noch das Gross bargen.) Alle Gäste-Bojen in der Gosselin Bay waren nicht unerwarteterweise an einem schönen, sonnigen Sonntag besetzt und so gings wenige Kabel weiter in die grosse La Grande Grève Bucht, zum Ankern. Der Wind pfiff böig als Fallwind über die Insel auf uns herab, aber im Windschutz des Sprayhoods breitete sich wohlige, sommerliche Wärme aus und bald konnten sogar die Wollsocken mit dem Bikini ausgetauscht werden. Es war ein echter Feriensonntag. Sea magiX schwoite am Anker wie ein tänzelndes Pony, unter Deck nahm Bänz den Wassermacher in Betrieb und im Cockpit hielt die Crew ein Nachmittagsnickerchen. Auch der Abend wurde wunderschön: während über Sark der grosse Vollmond hinaufkletterte, legte sich die Sonne nördlich von Guernsey hinter die Felsen zum Schlafen. Möwen stritten sich um ein grosses Stück altes Baguette, das wir über Bord gegeben hatten und das sich erstaunlich lange nicht auflöste und gelegentlich fuhr eins der Sonntagsausflugsboote heimwärts, aber sonst war es völlig ruhig und friedlich, nachdem auch der Wind und damit die Fallböen nachgelassen hatten.
Am Montag herrschten dann die schon beschriebenen Windverhältnisse, so dass wir deutlich weniger weit kamen, als angesichts des für Ende Woche angesagten Westwinds erhofft. Irgendwo zwischen Sark und dem Festland setzten wir die nächste Gastlandflagge: die Bretonische. Passend zu unserer Abfahrt hatten wir gerade noch den neusten Bannalec mit Inspektor Dupin aufs E-Book geladen, aber erstaunlicherweise hatte keine/r von uns bisher grosse Lust (oder Zeit??), einen Krimi anzufangen.
Wir trafen etwas östlich vom Eingang zum Tréguier Fluss an die Küste und segelten eine gefühlte Ewigkeit dort entlang der Küste gegen den Strom; durchs Wasser mit dem Spi und ohne Gross mit 6-7kn und über Grund mit 3-3.5kn… so ists wenn’s umgekehrt läuft und man den Strom gegen sich hat. Im ruhigen Wasser der Flussmündung folgten wir dann den Bojen bis zu diversen markierten Ankerplätzen, probierten den einen und anderen unterwegs aus und fanden dann etwa eine Meile nach «Le Cornu» unser Plätzchen. Der Fluss ist wunderschön, mit bizarren Felsformationen, vielen Seezeichen, kleinen Fischerbooten und an Land den typischen Nordfranzösischen Häusern, Feldern und Wald. Im goldenen Abendlicht braucht es Miraculix nicht, um uns zu verzaubern. Wir geniessen den Abend in vollen Zügen und öffnen zur Feier des schönen Orts unser zweitletztes Päckchen Helgoland-Fleisch für ein Ragout. Sogar für eine warme Cockpitdusche reicht’s. Die Abendbrise legt sich, Sea magiX dreht mit dem ablaufenden Wasser in ihrem Pool, am Land schnattern und piepen die Vögel und die kleinen Stromwellchen läppern sich der Bordwand entlang. Friede pur.