Auf und an der Elbe

Der (Spät)Sommer ist zurück und wir geniessen ihn in vollen Zügen. Da das schöne Wetter mit nur wenig Wind verbunden ist, heisst dies momentan weiteres Sightseeing und kleinere Sprünge hier an der Elbe. So passte auch ein Besuch in unserer Lieblingsstadt im Norden Deutschlands ins Programm. Momentan sitze ich im Cockpit im Citysportboothafen Hamburg mit Blick auf die «Elbphi», wie die Elbphilharmonie von den Hamburgern genannt wird. Die Beine sind müde von mehr als 19000 Schritten durch die Stadt, einfach so, am Bummeln, ohne bestimmtes Ziel. Sea magiX zieht ab und zu an ihren mit Ruckfendern versehenen Leinen, denn zum Tidenstrom kommt in diesem Hafen noch ein wenig Schwell von den vielen Ausflugsschiffen hinzu, die gleich hinter der kleinen Marina unter dem Sandtordamm in den Binnenhafen hineinfahren. Ab und zu brummt eines der riesigen Containerschiffe vorbei, die hier etwas weiter hinten be- und entladen werden. Von hinter mir, d.h. von der langen, in den letzten Jahren neu gestalteten Elbpromenade klingen gelegentliche Fetzen von Strassenmusik und der Verkehrslärm einer Grossstadt zu uns herüber. Aber durch die Verdünnung durch die Wasser- und Hafengeräusche wirkt der gar nicht so richtig lärmig. Es ist wirklich einer der besondersten und schönsten Liegeplätze, die wir kennen. So mitten in der City und doch äusserst maritim. Und… zu allem hinzu ist es auch noch wirklich günstig, für diese Lage. Während wir in London für eine ähnlich spezielle Location vor ein paar Wochen GBP 127.- bezahlt hatten für eine Nacht, kostet es uns hier – zugegeben mit etwas weniger luxuriösen Facilities, aber trotzdem mit bestens funktionierenden Duschen, Strom und Wasser, gerade mal € 27 pro Nacht…

Unser Stadtspaziergang führte uns via den Michel und das Komponistenviertel zu den grossen Wallanlagen, Planten un Blomen, am CCH (Congress Center Hamburg) vorbei zur Alster, wo die Jollen, SUPs und Kanus auf dem spiegelglatten Wasser um die Wette trieben (die Kanus gewannen klar), dann via die Einkaufsmeilen, Rathaus und Rödingsmarkt wieder zurück an die Elbe.

Unterwegs freuten wir uns über das viele Grün, das auch ausserhalb der Parks in vielen Quartieren sicher eine hohe Lebensqualität gibt und wunderten uns über das häufige Auftauchen von Menschen in Kuscheltierkostümen, bis wir beim CCH sahen, dass Hamburg gerade die Eurofurence hostet, eine 5-tägige European «furry convention» (www.eurofurence.de). Im CCH rangen die Architektur des Gebäudes mit den vielen Besuchern in Kuscheltierkostümen gleichermassen um unsere Aufmerksamkeit 😉.

Traurig stimmte uns das Denkmal für die Kindertransporte vor dem Dammtorbahnhof. Ich war nun schon öfters in Hamburg, aber dieses Denkmal war mir vorher noch nie besonders aufgefallen. Es erinnert an die Tausenden von meist jüdischen Kindern, die im zweiten Weltkrieg aus Deutschland in andere Länder gebracht wurden, und in den allermeisten Fällen ihre Familien nie wieder sahen. Wie viel Schmerz und Trauer durch die paar Figuren dargestellt werden kann, ist beeindruckend.

Gestern Abend hatten wir schon einen Spaziergang durch die Speicherstadt, und insbesondere einen Besuch auf der Plaza, dem Aussichtsdeck der Elbphi, gemacht. Für das Gratisticket mussten wir nicht mal anstehen. Nur schon für die Fahrt mit der geschwungenen Rolltreppe hätte es sich aber gelohnt. Und die Aussicht danach über den Hafen, mit der kleinen Marina mit sea magiX drin, aber auch in alle anderen Richtungen über die Stadt hinweg war im Abendlicht einfach überwältigend. Das machte dann sogar wett, dass wir in dem Quartier um ca. 20h schon kein ansprechendes offenes Restaurant mehr fanden.

Stattdessen marschierten wir zurück zur Elbpromenade und dort zum runden Turm am Eingang zum Portugiesenviertel. Das Restaurant «Tasquina Galego» erinnerte uns mit seinem galizisch-portugiesischen Angebot und dem Vinho Verde dazu an den Start unserer schönen Reise – sehr passend!

Auch der gestrige Tag verdient noch etwas Aufmerksamkeit: da wir auf die auflaufende Tide in der Elbe warten wollten, hatten wir den ganzen Vormittag Zeit, um mit den vom Stader Segelverein gratis zur Verfügung gestellten, tadellosen Leihvelos vom StSV die paar Kilometer nach Stade hinauf zu fahren. Dort war das ganze Städtchen im Flohmarktfieber. In den Strassen der hübschen Altstadt war für Velos kein Durchkommen. Auch hier gabs einen kleinen Stadtbummel zu Fuss, an unzähligen Verkaufsständen mit bunt gemischten Angeboten vorbei.

Bald kehrten wir dann wieder zur Ruhe und dem Frieden auf sea magiX zurück, wo sich der Skipper daran machte, den anfangs Reise provisorisch an einem Brett am Steuerstand angeschraubten Steer Pilot an seinem wahren Bestimmungsort an der Cockpitseite einzubauen. Dies verwandelte das Cockpit innert Minuten in eine Grossbaustelle und bedingte auch gelegentliche Ausflüge in die Seiten-Backskiste (das machte Bänz selbst) und in die Hecksbackskiste (dort hinunter wurde ich geschickt)…

Trotzdem konnten wir etwa eine Stunde nach Niedrigwasser losfahren, als wir nicht mehr damit rechnen mussten, im Schlick stecken zu bleiben. Der Steg des StSV liegt in der Schwinge, die etwas Elbeaufwärts von Glückstadt in die Elbe mündet. Die Brücke über dem Sperrwerk steht eigentlich immer offen und am Steg des StSV haben wir auch schon in der Vergangenheit öfters festgemacht. Der Club ist super freundlich und heisst Gäste unkompliziert willkommen, stellt wie erwähnt Leihfahrräder zur Verfügung, hat beste Facilities und kostet sehr wenig für die Übernachtung.

Nur, dass man bei Niedrigwasser im Schlick versinkt, muss einem bewusst sein, und dass die An- und Ablegemanöver im starken Strom etwas knifflig werden können ebenfalls. Aber wir finden den Ort extrem sympathisch und können ihn sehr gerne auch anderen Seglern empfehlen (aber nicht zu vielen, sonst ist da plötzlich kein Platz mehr wenn wir kommen 😉).

Es folgte eine äusserst geruhsame Fahrt Elbeaufwärts. Zu geruhsam für den Skipper, der gerne den Genni gesetzt hätte, aber aus meiner Sicht deutlich friedlicher ohne, um bei den sehr wechselnden Brisen und dem Containerschiffsverkehr ohne viele Manöver hinauf zu tümpeln. Kurz vor den Landungsbrücken ging uns dann der Wind endgültig aus und wir motorten noch die letzte Meile zum City Sportboothafen hinauf, immer mit der Elbphi voraus.

Es sind wirklich friedliche, schöne Tage, die wir hier auf und an der Elbe gerade geniessen. Und wir hoffen auf noch ein paar weitere davon.


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