Der Plan ist vorerst kein Plan

Der Plan ist vorerst, keinen Plan zu haben, weil alles, was geplant ist in dieser Zeit doch anders wird. Die Schwierigkeit mit dem Plan, keinen Plan zu haben ist aber besonders für mich Planungs-Fetischisten ausgeprägt und es ist mühsam da. Und es wird immer mehr mühsam – nicht auf sea magix sondern rundum wird es mühsam und etwas langweilig, und traurig …. 5 Wochen allein auf dem Boot auf dem gleichen Ankerplatz ist schon etwas viel. Da kann ich mir noch lange einreden, dass es sehr viel schlechtere Orte gibt, als da im Tropenparadies auf  den Bahamas mit dem wunderbar klaren Wasser (nun über 28 Grad) auf weissem Sand, einer fast konstanten schön kühlenden Brise und coolen Nachbarn auf den Booten im Georgetown Harbour.

Trotz der netten Umgebung und gelegentlicher Abwechslung durch Delfine die um uns Ankerlieger schwimmen wird es da mühsam und zwar, weil wir plötzlich nicht mehr die gern gesehenen und zahlenden Gäste sind, sondern mit den Booten halt schwer kontrollierbare und freiheitsliebende Individuen. Das ist der Regierung in Nassau oben unheimlich und so schränkt man uns massiv ein und ermuntert uns ganz offen, das Land so bald und so direkt wie möglich zu verlassen und in das Heimatland zurückzukehren. Für die vorwiegend hier vorhandenen Amis und zum Teil auch die Kanadier ist das ziemlich einfach zu machen. Für die Europäischen Boote und die Schweizer schon sehr viel schwieriger, insbesondere weil das Wetter im Nordatlantik noch nicht bereit ist für eine Rückreise unter Segeln.

Seit fast 2 Wochen gibt es ein neues Boating Protocol. Nach dem dürfen wir nicht mehr an Land, um einzukaufen, zu waschen, etc. und müssen uns alles irgendwie bestellen und bringen lassen, mit allen Schwierigkeiten, die das bringt (Mindestbestellmenge 150$, Barzahlung obwohl Du kein Bargeld mehr hast ☹, etc). Ich kriege so ein wenig das Gefühl, mit den anderen Böötlern zum Sündenbock zu verkommen, für all die Mängel der Regierung in der medizinischen Versorgung und ökonomischen Krisenvorsorge. Auf den sogenannten Family Islands, den rund 700 abgelegenen Inseln, gibt es bislang keinen einzigen nachgewiesenen Covid-19 Fall. Alle bisher aufgetretenen Fälle sind erfasst auf New Providence und Grand Bahama, den beiden bevölkerungsreichsten grossen Inseln mit Hunderttausenden Kreuzfahrttouristen. Auch wenn man meine etwas kritische Einstellung zum Kreuzfahrttourismus aussen vor lässt, könnte man auf die Idee kommen, dass das Problem wohl eher daher kommt als von den paar Yachties, die sich langsam oder meist über lange Zeit kaum bewegen, oder lange auf Passagen unterwegs sind. Aber es ist halt auch da alles eine Frage des Geldes.

Ich bin immer noch bestens versorgt, obwohl ich nun schon 10 Tage nicht mehr zum Einkaufen durfte. Und hinter Stocking Island am sogenannten Sand$beach (heisst tatsächlich Sand-Dollar Beach) haben sich ein paar Europäische Boote nahe beieinander versammelt und sind etwas Ungehorsam, indem wir zueinander zum Sundowner oder Essen gehen, zusammen an einem nicht einsehbaren Strand schwimmen, oder mit dem SUP von Boot zu Boot paddeln zum Plaudern – immer unter Einhaltung der Abstandsregeln, was ja eigentlich auch grotesk ist, da wir alle schon mindestens 4 Wochen da unter Quarantäne-ähnlichen Verhältnissen festsitzen.

Es liegen da: ein Paar aus Genf mit 2 Kids (4/7), ein Paar aus Biel mit Kleinkind (1), ein Paar aus Belgien – alle auf grossen Kats. Dann die Einrumpfer: ein Paar aus dem CH-Mittelland mit einer Ovni, Pedro (von Mallorca) allein auf seiner in GB beheimateten Moody 64, ein Paar aus Berlin mit einer Allures, ein Paar aus D mit einer kleineren Bavaria und noch die kleine sea magiX mit mir allein. Wie immer die jeweilige Zusammensetzung gerade ist, die Vielfalt der Sprachen ist spannend – gesprochen wird viel English, gelegentlich etwas Schweizerdeutsch zur Belustigung der anderen, hie und da etwas Spanisch, jedoch kaum Französisch oder Flämisch oder Deutsch.

Weiterhin gibt es natürlich Kleinprojekte am Boot und vor allem Unterhaltung am Funk. Ende letzter Woche haben zum Beispiel meine direkten Nachbarn, Ed und Tania aus den USA angekündigt, sie würden nun in die USA zurückfahren und hätten noch ein paar Kisten Bier, die sie zum Selbstkostenpreis abgeben würden. Sofort grosses Geschnatter am Funk, wo und wann das stattfinden könne, da die Liquor Stores seit 3.5 Wochen zu sind und die meisten schon den Boden ihrer Schiffsbilge ausgeschleckt haben, weil alles ausgetrunken ist.

Da Ed nicht wusste, wie das genau heisst, wo er seit 4 Wochen am Anker ist, habe ich durch-gegeben, sie sollen einfach am Sandbeach nach der schönen, dunkelblauen X-37 Ausschau halten und dann gleich daneben seien sie richtig. Keine 5 Minuten später sind rund 15 Dinghis mit full speed aus allen Richtungen auf mich zugeschossen und haben sich brav bei Ed in die Schlange eingereiht (immer unter Einhaltung der Distanzregeln). Ein Riesenspass, dies zu verfolgen und ich musste selber gar nicht los, weil Schweizer und Belgier auch für mich je ein 24 Pack Bier mitgenommen haben. Als ich dann später am Tag nochmals zu Ed rüber gerudert bin, hat er mir nochmals 2 Kisten überlassen und war immer noch nicht ausgeschossen! Er hat mir anvertraut, dass er in den USA 70 Kisten à 24 Dosen und unzählige Wein- und Gin Flaschen zu einem Bruchteil des Preises hier gebunkert hatte – das nenne ich dann mal längerfristige Planung!

Daneben hatte ich immer wieder etwas mit meiner Elektroinstallation zu tun und auch der Reserveplotter hat nun eine Halterung am Steuerstand (für wenn ich allein unterwegs bin) und ist vollständig konfiguriert.

Während der langen Wartezeit bin ich mir nun auch klar geworden und habe entschieden, wie und mit wem ich heimreisen werde, nachdem sea magiX nach aktuellem Fahrplan am 7. Mai in Freeport auf den Frachter geladen worden ist. Trotz der langen Reisezeit und der Ungewissheit über die Dauer und den Ankunftsort möchte ich zurück nach Europa segeln. Dies erscheint mir aus gesundheitlicher Sicht, und um die Atlantikrunde doch noch irgendwie versöhnlich abzuschliessen die beste Lösung. Und da ich bisher kaum Erfahrung auf Katamaranen habe, habe ich mich zugunsten des Angebotes des älteren aber sehr erfahrenen Belgischen Paars auf einer Lagoon 45 entschieden. Das Boot scheint mir gut in Schuss und ist mit allem, was man sich wünschen kann, ausgerüstet. Frank und Gwenda sind angenehme und interessante Leute mit realistischem Budget und vor allem fahren sie mit mir zusammen nach Freeport (oder wenn es sein muss nach Palm Beach) und laden mich da direkt am Frachter auf für die gemeinsame Fahrt mindestens auf die Azoren. Voraussichtlich am 28.4. fahren wir zusammen von hier in Georgetown los und stoppen nach Tagesschlägen jeweils. Ich würde natürlich noch gerne Thunderball Grotto und swimming Pigs sehen und das passt gut in das Reiseprogramm und passt auch fast in die Auflage, das Land so rasch als möglich zu verlassen und dabei nur zu stoppen um auszuruhen und zu verproviantieren.– Freeport ist auch einer der ausgewiesenen Rastplätz. Da können wir dann nochmals den Kat verproviantieren und beim ersten guten Wetterfenster geht es los über den Nordatlantik Richtung Azoren.

Allgemeine Warnung: dieser Blogeintrag ist etwas zensiert da wir nicht alle Auflagen gemäss Boaters Protocol einhalten konnten (und wollten). Zum Beispiel bin ich vorgestern an Land zum Einkaufen, Glace schlecken und Brauchwasser auffüllen und mit gutem Internet mal wieder alle Device updates und vor allem einen langen Video Call mit Uschi erledigt. Kein Mensch hat sich um mich gekümmert aber ich hab auch schön meine Gesichtsmaske und Handschuhe getragen. Im Wesentlichen haben wir jedoch die Abstandsregeln auf den grossen Booten gut eingehalten – nur mit den Kindern geht das natürlich nicht beim Spielen. Seht selbst auf den Fotos – immer schön Abstand.