Eine Woche auf und ab auf Madeira

Die Veröffentlichung unseres letzten Berichts ist schon wieder eine Woche her und es mehren sich scheints die Nachfragen, was denn da los sei. Wir bitten um Entschuldigung: wir konnten nicht schreiben, denn wir «mussten» wandern, staunen, schauen und geniessen.

Inzwischen ist Samstag, der 7. September, wir liegen noch immer in der Marina Quinta do Lorde und morgen soll es südwärts weiter gehen. Also höchste Zeit, um die vielen Eindrücke zumindest teilweise festzuhalten. Gleichzeitig rede ich mich hier mit der altbekannten Ausrede heraus, dass Bilder mehr als tausend Worte sagen. Dies soll deshalb ein weniger Wort- und stärker Bild-lastiger Bericht werden.

Madeira, eigentlich die «Holzinsel» (madeira = Holz auf Portugiesisch), hat uns in dieser kurzen Zeit genau wie vor fünf Jahren wieder mit ihrer Vielfalt in den Bann gezogen. Vom früheren Holz ist heute zwar nur noch im Insel-Inneren viel übrig, wo die Hänge und Schluchten so steil und unzugänglich sind, dass das Abholzen schwieriger bis unmöglich war. Aber die eindrücklichen Steilhänge der Vulkaninsel, gepaart mit den abwechslungsreichen Landschaften und den wunderschönen Küsten faszinieren uns sehr. Viel mehr Grün im Norden, wo die Wolken ihre Feuchtigkeit fast täglich abregnen, bis zur Wüsten-ähnlichen, stark erodierten Mondlandschaft ganz im Osten zum Cabo São Lourenço. Ein generell südlich-ausgeglichenes Klima mit vielen Mikroklimas in den verschiedenen Regionen und viele Bemühungen um den (Wander)Tourismus machen es den Besuchern leicht, diese Insel zu mögen.

Madeira topographisch. Bildnachweis: Wikipedia (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f7/Madeira_topographic_map-fr.svg)

Wir mieteten einen Fiat 500 von Goldcar, obwohl wir deren auf den Verkauf von teuren Versicherungen ausgerichtetes Geschäftsmodell nicht mögen (Merke für ein andermal: bei der Übernahme des Wagens nicht nur genau auf allen Seiten kontrollieren und darauf bestehen, dass alles im Rapport aufgenommen wird, sondern auch unter den Wagen schauen und auch dort auf Genauigkeit achten…). Zwei Wanderungen unternahmen wir gemeinsam mit Baba und Robi von der SY Maxi. Es machte viel Spass, so gemeinsam unterwegs zu sein, auch wenn unser kleiner Cinquecento arg ins Schnaufen kam wenn wir zu viert drin sassen.

Der Cinquecento braucht mal eine Verschnaufpause. Hier nach der Passhöhe von Encumeada

Die eine Wanderung hatten wir vor fünf Jahren ebenfalls zu viert mit Ruth und Kurt absolviert. Sie führt vom Caniçal-Tunnel via die «Boca do Risco» nach Porto da Cruz und gibt viele atemberaubende Blicke auf die steile Nordküste frei. Für nicht ganz schwindelfreie Crewmitglieder waren auch diesmal einige Passagen etwas herausfordernd. Aber wie Robi auf gut Berndeutsch sagte: Gring abe u loufe. Und wie schon 2019 klappte das auch diesmal wieder. Nur bei den Selfies suchte ich keinen zusätzlichen Nervenkitzel.

Die zweite gemeinsame Wanderung war eine Rundwanderung auf den zwei Levadas «Nova» und «do Moinho» durch das Tal der Ribeira da Ponta do Sol. Auch hier gab es einige ausgesetzte Stellen, die ich naturgemäss nicht noch fotografieren mochte, weil ich mich eben auf «Gring abe und loufe» konzentrierte. Wie dankbar war ich Robi da dafür, dass er diesmal zwei verschiedene fröhliche Socken mit Schweizerkreuzen und anderen Bildchen trug – es fiel mir leicht, mich in heiklen Momenten auf sie zu konzentrieren 😊.

Einen Muskel-Erholungs-Tag verbrachten der Skipper und ich mit einer kleinen Inselrundfahrt, in welcher unser Cinquecento auch zu zweit ab und zu an seine Grenzen stiess. Über Berge und Täler ging es via Santana mit seinen sehr touristisch hergerichteten Reetdach-Häuschen bis nach São Vicente und dann wieder durch die Mitte über die Regionalstrasse via Encumeada durch das vor zwei Wochen abgebrannte Waldgebiet südwärts nach Ribeira Brava und dann wieder heim. Eindrücklich, wie die Folgen des Waldbrandes mit kleinen Felsstürzen und sichtbar verstärkter Erosion schon zutage treten.

Auch einen Funchal-Tag genossen wir, mit den drei Must-have-Sehenswürdigkeiten des «Mercado dos Lavradores», der «Rua de Sta Maria» mit den bemalten Türen und dann dem Besuch des grossen und sehr schön angelegten Jardím Botánico.

Vom Botanischen Garten aus wird eines der wohl schwierigsten Probleme dieser schönen Insel augenfällig: die sehr hohe Bevölkerungsdichte mit gleichzeitig äusserst unwegsamem Gelände führt zu sehr viel Auto-Verkehr und entsprechend vielen Strassen. Wie die Regionalverwaltung dieses Problem für die Zukunft lösen will, ist uns schleierhaft.

Überall ziehen sich die Strassen über und durch die Landschaft. Wie das in Zukunft weitergehen soll ist eine grosse, dringliche Frage für die Menschen auf Madeira.

Und zu guter Letzt, heute Samstagmorgen, reihten wir uns dann doch noch in die Völkerwanderung zur Punta Sâo Lorenço ein. Wir waren früh genug dran, um noch nicht zum Gänsemarsch gezwungen zu werden, aber als wir nach den ca. 2.5 Stunden zum Ausgangspunkt zurück kehrten, staunten wir ziemlich über die kilometerweit geparkten Mietautos. Unser Kalkül, dass hier an einem Samstag, d.h. Wechseltag, vielleicht nicht ganz so viele andere Touristen unterwegs sein würden, war nicht ganz aufgegangen. Trotzdem – auch diese Wanderung im steinigen und teils steilen Wüstengelände ist äusserst eindrücklich und jeden Schweisstropfen wert. Nur würden wir jedem Wanderer empfehlen, sie nicht in Crocs oder Flipflops angehen zu wollen. Aber das haben die Betreffenden dann wohl irgendwann auch selbst bemerkt.

Nebst dem Erkunden der Insel hielten uns auch einige Arbeiten am Boot, am PC oder an unseren sozialen Kontakten beschäftigt. Unser Steg war kurzzeitig fest in Schweizer Hand mit vier Schweizerfahnen in einer Reihe. Ein Highlight war es, Manuel Stucki von der SY Moontide und Barbara und Alois Jost von der SY Kailua kennen zu lernen. Auch die SY Entropy mit Silke und Martin legte sich bald wieder zu uns und so verbrachten wir einige schöne Stunden bei Aperos und bei einem sehr feinen Znacht auf der Maxi.

Danke an Baba Dessauer fürs Video!

An Bord verbrachte Bänz einmal einen sehr staubigen, anstrengenden Tag damit, das Teak im Cockpit abzuschleifen, während ich mit Baba’s Nähmaschine die nötigen Anpassungen am Dinghy Cover vornehmen, sowie meine alte Oelzeughose auf Oelzeugshorts kürzen konnte. So zogen die Tage ganz schnell ins Land. Es gäbe – in einem wortreicheren Bericht – noch viel zu erzählen.

Z.B. von den feinen Fisch- und Pulpo-Essen in Caniçal (gemäss Buschauffeur mit scharfem S und dunklem l «Kanissau» ausgesprochen) bei Joana und Noemia in der noch immer sehr empfehlens- und preiswerten Tasquina do Pescador, wo sie schon beim Aufnehmen der Bestellung wissen, dass der Skipper dann seinen cafe com chirinho (oder so) nehmen wird. Oder von den Umbauarbeiten am Resort von Quinta do Lorde, das von der Hotelkette Hyatt übernommen worden ist und am 1.10. eröffnen soll. Oder… aber eben – ich will mich ja mal kürzer fassen ;-)).

Wir könnten uns hier wohl problemlos noch viele weitere Tage beschäftigen. Die Insel mit ihren tausenden Facetten würde lange nicht langweilig. Aber es zieht uns weiter. Morgen wollen wir hier, wahrscheinlich gemeinsam mit der SY Maxi, Leinen lösen und die ca. 160 SM nach Südosten zu den Ilhas Selvagem segeln. Die stehen unter strengem Naturschutz, benötigen eine Bewilligung fürs Ankern und dürfen nur in Begleitung eines der dortigen Rangers betreten, bzw. erkundet werden. Ein exklusives Abenteuer, das nur bei passendem Wetter stattfinden kann, und das der Skipper mir quasi zum Geburtstag schenken will. Ich freue mich darauf! Und werde dann danach, bzw. nach den weiteren nochmals ca. 120 SM bis zu den Kanarischen Inseln bei Gelegenheit wieder berichten. Aber «eis ums anderi» – auch bis zu jenem Bericht wird es wieder eine Funkpause geben… «Com paciência, por favor!»