Emincé d’été

…sur son lit de pluie pur-bretonne, accompagné des souffles de vent d’origine atlantique et avec un soupçon d’orages… Wir können unser Wetter alle momentan wohl aus den schönen Menu-Formulierungen zusammenstellen. Zerstückelt, bzw. geschnetzelt ist dieser Sommer ja nicht nur bei uns, momentan in der Bretagne, sondern wie es scheint in grossen Teilen (Nord-)Europas.

Bei der Durchsicht der Bilder der letzten Tage (ui, habe ich schon so lange keinen Bericht mehr geschrieben?!) wird die Kurzweiligkeit der Wetterbedingungen deutlich: blau, grau, blau, grau, … Und so sind auch unsere Reiseabschnitte kürzer und kurzfristiger geworden. Wir sind noch daran, uns daran zu gewöhnen, aber «das chunnt scho guet». Vielleicht ist es tatsächlich ein kleiner Nachteil, dass wir 2019/20 eine so wunderbare Atlantikrunde erleben durften (ok, bis auf das kleine Detail von 4 Monaten erzwungener Quarantäne/Trennung und Abbruch der Reise wegen Corona), dass wir jetzt im ständigen Vergleichsmodus sind und wissen, wie es auch sein könnte. Andererseits – es geht uns bestens und wir haben den Luxus der Flexibilität. Also – fertig gejammert für heute!

Inzwischen sind wir in Roscoff in der Nordbretagne angekommen. Seit dem letzten Bericht aus Cherbourg sind also schon wieder einige Tage und einige Seemeilen vergangen.

Die Nachmittagsfahrt am 14. Juli von Cherbourg nach Alderney bei schönstem Wetter und einer leichten Nachmittagsbrise, die durch den Gezeitenstrom fast verdoppelt wurde, war mal wieder ein Moment des Segelns zum Geniessen. Ich bin beim Alderney Race immer wieder von den Urgewalten dieser Strömungen fasziniert. So unaufhaltsam, unbeirrt, im unendlichen Rhythmus… wenigstens auf die Gezeiten ist hier noch Verlass!

Der Leuchtturm von Braye auf Alderney strahlte uns bei schönstem Wetter entgegen und schon bald hatten wir angesichts des angesagten Südostwindes in der Südostecke der Hafenbucht von Braye Harbour unseren noch immer glänzenden neuen Anker gesetzt. Beim Ankertrunk im sonnigen Abendlicht stellten wir fest, dass wir einen ganzen Tag ohne Regen erlebt hatten – ein Grund zum Anstossen!

Den Montag, 15.7. verbrachten wir auf Alderney, angesichts des vorhergesagten Regenwetters mit starkem Südwestwind. Wir verlegten am Morgen an eine der trotz Hudelwetter frei gewordenen Besucherbojen näher an der Jetty und hofften, so mit dem Watertaxi etwas weniger nass zu werden beim Landgang. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, drum – Schwamm darüber. Der Skipper und ich waren im letzten Jahr hier bei einem ausgewachsenen Sturm über die Ostseite der Insel gewandert. Deshalb bot es sich an, dieses Mal – mit weniger Wind und dafür mehr Regen – die Westseite zu erwandern. Tom zog es nach der Erfahrung der Fécamp-Etretat-Wanderung vor, eine kürzere (und auch trockenere) Runde zu ziehen. So reichten bei den gelegentlichen Schauern recht kleine Büsche als Regenschutz: wenn wir uns im Lee dahinter klein machten, blies der Wind den Regen einfach quer darüber über uns hinweg. Praktisch!

Für den 16.7. war morgens noch immer recht starker und böiger Westwind angesagt, der dann aber mit Abzug der Regenwolken nachlassen und einem schönen Nachmittag Platz machen sollte. Weil ich am Donnerstag, 18.7. einen vollen Arbeitstag geplant hatte, war es mir wichtig, dann irgendwo mit Strom und Internet zu liegen. Und Tom machte sich allmählich Gedanken zu seiner Abreise; er hatte genug vom Sommer 24 auf dem Boot und fand, das sea magiX Reisebüro sollte eventuell mal seine Wetterbedingungen revidieren. So bot sich St. Malo als möglicher Ort für den 18.7. an und deshalb legten wir am 16.7. trotz unfreundlichen Wetters und rauher See früh ab, um die ca. 75 SM nach Süden in die Nähe von St. Malo zu schaffen. Erfreulicherweise hielt sich das Wetter an die Ansage der Meteorologen und es folgte ein abwechslungsreicher Segel-Tag mit wunderbar sonnigem Ende in Cancale.

Obwohl wir die Bucht von St. Malo inzwischen recht gut kennen, war uns Cancale – ausser aus Beschreibungen in einschlägigen Krimis – vorher nicht bekannt. Von den auch in der Seekarte und in der Seglerbibel «Reeds» erwähnten Austernbänken sahen wir zwar nichts. Aber das rege Bade-, Surf- und Segel-Treiben gab dem Örtchen ein sommerliches, fröhliches Flair. Wir wurden von einem Hafenmitarbeiter im Aluboot begrüsst und gleich zu einer freien Besucherboje begleitet; da wären noch einige frei gewesen. Als er zum Einkassieren längsseits kommen wollte, fuhr er fast vierkant mit seinem Aluboot in unsere Seite. Die bei ihm zu tief gehängten Fender nützten gar nichts und schon hatten wir einen tiefen weissen Kratzer im Rumpf. Es war ihm sehr peinlich und er entschuldigte sich 1000-mal und erliess uns dann das Hafengeld. So kamen wir zu einer Gratisübernachtung in Cancale. An die irgendwann kommende Polierarbeit wollen wir jetzt noch nicht denken…

Der Sprung von Cancale nach St. Malo am Mittwochmorgen erwies sich als Kreuzkurs, bei dem nach 5 SM der Wind einschlief und der Motor helfen musste. Angesichts der gerade herrschenden Nippzeit, in der die Gezeitenkurve sogar in St. Malo relativ flach ausfällt und auch bei Niedrigwasser mehr als 4m Tide da sind, konnten wir trotzdem direkt in die riesige Marina von Les Bas Sablons einfahren, obwohl wir fast genau zur Niedrigwasserzeit da waren. Am Steg gab es als erstes ein ausgiebiges Abspülen des ganzen Schiffs und auch der Oelzeuge, Rettungswesten, etc.: Wir hatten am Vortag ziemlich heftige Duschen mit Meerwasser abbekommen. Bei jener Gelegenheit war auch klar geworden, dass meine Oelzeughose nicht mehr dicht war… ein Besuch in der grossen Shipchandlery am Hafen stand an. Abends gab es ein sehr feines Abschiedsznacht für Tom im «Le Bulot», bei der Tour Solidor.

Während Tom am 18.7. viele Stunden im Zug am Weg zurück in die Schweiz verbrachte, der Skipper sich um die Haushaltsthemen kümmerte wie Wäsche waschen, Einkaufen und Intramuros besuchen, sass ich ca. 9 Stunden lang vor dem Laptop am Kartentisch und arbeitete. Die Verbindung via das Wifi der Marina war so wackelig, dass ich sie über mein Handy erstellte. Und prompt das Gerät jeweils nach 60 Minuten für einige Minuten in den Kühlschrank legen musste. Für den nächsten Arbeitstag muss dann wohl eine andere Lösung her – das ist auch noch so eine der Pendenzen auf der Liste, aber bis dahin sind ja jetzt wieder ein paar Wochen Zeit. Natürlich herrschte genau dann das schönste und sehr warmes Sommerwetter mit einer perfekten Brise für die Fahrt hinaus aus der Bucht von St. Malo. Aber auch das haben wir schon gelernt: meine Arbeitstage werden immer irgendwie quer liegen und wir können immer danach eine Lösung finden. Und – es ist ja auch schön, so von unterwegs arbeiten zu können.

Gestern Freitag, den 19.7., hatten wir dann tatsächlich wieder einen wunderbaren Sommertag. Zwar blies der Wind den ganzen Tag von vorne und wir mussten den ganzen Weg von St. Malo bis Bréhat und dann weiter kreuzen, aber einerseits war der Wind nicht zu stark und zwang uns nur einmal für ein paar Stunden zum Reff, und b) schien den ganzen Tag die Sonne, so dass es auch für mich mit nur einem Pulli unter der Oelzeugjacke kuschlig war – solange ich nicht im Schatten sass. Bei der Ile de Bréhat liess der Wind nach und gleichzeitig drehte der Strom in eine für uns ungünstige Richtung. Irgendwann wurde klar, dass wir rückwärts durch den Chenal de Bréhat zurück gespült würden, wenn wir es weiter mit Kreuzen probieren wollten. Der Motor musste für 2SM helfen. Einmal mehr war die Kraft der Strömung eindrücklich. Nach der Durchfahrt reichte die leichte Brise wieder für einige Meilen Weiterfahrt.

Wir wollten so weit westlich kommen wie möglich, denn für heute Samstag war zunehmender Westwind mit Regenschauern angesagt und ich wollte gerne einen Ort erreichen, wo wir vielleicht für die nächsten paar Tage wieder parkiert sein könnten. So waren wir auch bereit, als der Wind am Abend einschlief, noch die letzten Meilen bis Perros-Guirec zu motoren. Dort fanden wir mehrere Besucherbojen vor und schnappten uns eine davon, denn in den Hafen wären wir bei dem Wasserstand nicht mehr gekommen und heute Morgen eben auch nicht heraus. Es gab eine wunderbar ruhige Nacht an der Boje.

Heute Morgen gings dann wieder früh los, um noch vor dem Westwind-Dreher und dem Regenwetter möglichst in Roscoff anzukommen. Fast hätte es gereicht… Auf den letzten 3 Meilen erwischte uns die erste Front dann doch. Aber wenigstens hatten wir bis da trocken segeln können.

Die Vorhersage mit Westwinden gilt nicht nur für Samstag, sondern gleich für einige der kommenden Tage. Und wie sagt man so schön? «Gentlemen don’t sail upwind.» Da warten wir lieber wieder ein paar Tage ab. Wir haben ja Zeit. Und Flexibilität. So schön! Soll es doch regnen und stürmen… 😊

… dachte ich noch vor ein-zwei Stunden. Inzwischen hat sich alles schon wieder geändert. Morgen geht’s wahrscheinlich doch gleich wieder los, denn soeben wurde uns für morgen ein Nordwestwind 4-6 Bft und trockenes Wetter versprochen, mit dem wir vielleicht bis L’Aber-Ildut oder bis L’Aberwrac’h kommen könnten. Dann sollte es doch noch möglich sein, durch den Chenal du Four zu gelangen, und somit um den wohl westlichsten Punkt dieses Abschnitts. Meine schon so gemütlich ausgemalte Pause muss wohl noch warten. Watch this space – wer weiss, was uns der nächste Wetterbericht erzählt, oder was wir zu erzählen haben werden!

Der Besuch von Roscoff im Regen mit von der Marina für eine Stunde geliehenen Velos fiel fast buchstäblich ins Wasser