Mit dem Heiligen Geist auf Terceira

Ich sitze im Cockpit in der Marina von Angra do Heroismo auf Terceira und lasse mich von der soeben über dem Hügel aufgehenden Sonne wärmen. Zum letzten Mal in dieser Saison, wenn alles so geht wie geplant. Es ist entschieden – wir werden in den nächsten Stunden diese «Insel des Heiligen Geistes» verlassen und uns auf den Weg nach Norden machen. Vorgesehener Ankunftsort ist Baltimore, Irland, aber das wird sich im Verlauf der nächsten Tage erst entscheiden. Es könnte auch weiter östlich in Irland sein, oder auch die Scilly Islands, bzw. Lands End an der Westecke von England. We’ll see… In jedem Fall wollen wir die Biskaya und Frankreich möglichst weit im Osten liegen lassen, um den weiterhin sehr aktiven Orcas aus dem Weg zu gehen.

Das Wetterfenster hat sich für uns eher spontan ergeben – geplant war, dass wir noch mehr Zeit hier auf Terceira verbringen würden, zumal wir in den 6 Tagen seit unserer Ankunft wenig schönes Wetter hatten und es nicht schafften, das Landesinnere wirklich zu sehen oder sogar eine Wanderung zu unternehmen.

Über dem zentralen Vulkanmassiv hing auch an den trockeneren Tagen jeweils eine dicke Wolke, aus der es sehr nass und kalt (ca. 8-900m ü.M.) nieselte, so dass wir knapp bis zum nächsten Baum sehen konnten, nicht jedoch die scheints wunderschöne und spezielle Landschaft dort.

Es reichte für eine Bus-Rundtour mit drei verschiedenen Bussen. Die Buslinien führen aussen entlang der Küste und so konnten wir jeweils ein wenig davon sehen.

Auch den anderen Hafen der Insel, Praia de Vitoria, konnten wir besuchen. Es war ein sehr windiger Tag und wirkte für die zahlreichen Ankerlieger in der Bucht vor der kleinen aber nicht übervollen Marina recht ungemütlich.

Auch 24 Stunden Scootermiete lagen drin, in denen wir den Versuch machten, etwas vom Landesinneren zu sehen. Der sehr sorgfältig angelegte Pfad rund um die Schwefelfumarolen war beeindruckend und die Wärme der Fumarolen angenehm, da wir bis dahin ziemlich durchnässt waren. Aber die Grotten verpassten wir und auch sonst bleibt das Landesinnere von Terceira auf der Bucket List… wie auch sonst ein nochmaliger Besuch der Insel; ein Grund mehr, wieder die Azoren zu besuchen.

Die Stadt Angra do Heroismo gilt als Unesco-Weltkulturerbe. Sie wirkt tatsächlich äusserst pittoresk mit ihren gepflegten, farbigen Häusern rund um die Kathedrale und die zentralen Plätze. Auf uns wirkte sie ein wenig stark touristisch, aber das war eventuell durch den starken Kontrast zu Graciosa zu erklären.

Zu unserer Erinnerung an Terceira, bzw. die Azoren generell, werden auch die diversen Abende und sonstigen Treffen mit der Lucky Rabbit Crew gehören. Sie segeln erst in ein paar Tagen los in Richtung Bretagne. Merci pour les soirées très sympas, nos amis!

Ein Charakteristikum der Insel sind die unzähligen, fröhlich farbigen und immer individuellen kleinen Kapellen in jedem Dorf. Sie werden «Imperio» genannt und stehen für das Reich des Heiligen Geistes. Meist in der Nähe der Dorfkirche, die ebenfalls nirgends fehlen darf. Bei Gelegenheit werde ich mir die Zeit nehmen, zu recherchieren, wer jeweils zuerst war… Ob da die Konkurrenz oder das Zusammenspiel im Vordergrund steht? Spannende Frage, spätestens für «das nächste Mal»!

Nach dem gestrigen Entscheid, heute Vormittag zu starten, gab es noch viel zu tun: Grosseinkauf an frischem Gemüse und Früchten, Vorkochen, den tropfenden Wasserhahn neu montieren und abdichten, das Boot rundum aufräumen und für Langfahrt einrichten, eine letzte gründliche Reinigung, Diesel nachfüllen und einen guten Platz für die Kanister finden, Wasser einfüllen, Wäsche waschen, letzte Büroarbeiten vornehmen, etc. etc. So fällt auch dieser Bericht ungewöhnlich kurz aus. Es gäbe noch viel zu erzählen und zu beschreiben – vielleicht komme ich ja während der Überfahrt dazu. Schön wars in jedem Fall und der Abschied fällt schwer.

Es ist ein Abschied auf Zeit, soviel ist uns klar: die Azoren haben uns als Inselgruppe in ihren Bann gezogen und wir werden sehr gerne wieder kommen. Nächstes Jahr, hoffentlich! Jetzt wenden wir uns wieder Nordeuropa zu und sind gespannt, wie diese Überfahrt werden wird. Bericht folgt… in ca. 14 Tagen dann! 😊


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