Die etwa 30 SM von Hamburg nach Brunsbüttel hatten wir mit Hilfe des Spring-Stroms so schnell hinter uns gebracht, dass wir deutlich zu früh vor Brunsbüttel ankamen und eine sehr unangenehme, rauhe Strom-Gegen-Wind-See vorfanden, die uns die Wartezeit vor der Schleuse nochmals so richtig versalzte. Vor Brunsbüttel muss man momentan als Sportboot mit langen Wartezeiten rechnen, denn noch immer ist dort nur eine kleine Schleuse in Betrieb, während die andere weiter renoviert bzw. repariert wird. Bei uns dauert’s etwa 45 Minuten oder so, bei ständig zunehmendem Wind bis zu 28 Kn und mehr.
Als sich hinter uns die Schleusentore schliessen ist das auch symbolisch – das Ende der diesjährigen Segelsaison auf dem Meer. Wir haben zum Glück keine Zeit, die Köpfe hängen zu lassen, denn hinter uns ist noch ein Einhandsegler hereingekommen, der bei dem starken Wind jemanden braucht, der ihm mit den Leinen hilft – auch in der geschützten Schleuse.
Auf dem NOK erleben wir zum ersten Mal kleine Schaumkronen und der Wind bläst den Nieselregen durchs Cockpit direkt in den Niedergang. Mich schläfert das regelmässige Motorgeräusch wieder mit Nachdruck ein und ich wache erst auf, als die Drehzahl ändert und wir in den Gieselau-Kanal einfahren. Dort sind wir von den hohen Eichen gut geschützt, wenn auch am nächsten Tag Laub-recheln angesagt ist.
Gegen Abend legt sich noch ein britischer Einhandsegler hinter uns. Der Skipper, Christopher, kommt dann aufs Abendessen zu uns, hilft uns beim «Küche-Leeren» und lässt sich beraten. Er sollte eigentlich am Sonntag schon in Hamble in Südengland sein (heute ist Dienstag!) und ist alleine unterwegs. Wir raten ihm, seine Belle Serene in Cuxhaven oder in Rendsburg für ein paar Wochen liegen zu lassen und das Boot dann später, ohne gefährlichen Stress und bei passenderem Wind nach England zu holen. Momentan und bis auf weiteres ist viel West- und Südwestwind angesagt. Sehr unangenehm für ihn, und weil sie bei auflandigem Wind zu gefährlich sind, hätte er auch keine Möglichkeit, bei den Ostfriesischen Inseln Zwischenhalte zu machen. Seine Geschichte (Komplikationen nach einem Bandscheibenvorfall und viele Monate Leiden) stimmt uns einmal mehr nachdenklich und zeigt, wie wichtig es ist, die Gelegenheit für schöne Erlebnisse und Reisen dann zu packen, wenn es möglich ist. Unser Projekt für 2019/20 wird so einmal mehr bestätigt. Es ist ein schöner, spannender Abend und wir werden mit Interesse verfolgen, wie Christopher vorwärts kommt.
Am nächsten Morgen regnet und nieselt es abwechselnd und ist allgemein wenig einladend. Amüsiert beobachten wir, wie der deutsche Staat sein Geld los wird: mit viel Hallo kümmern sich fünf Männer um ein Loch, das bei der Gieselau-Schleuse geflickt werden muss: während mindestens 1.5 Stunden schauen vier Männer zu – alle in Arbeitskleidung, Helm und zwei mit Warnwesten, weil sie den Verkehr von etwa 1 Auto auf 3 Stunden regeln müssen – und einer buddelt etwas in dem Loch. Das Ganze unterbrochen von einer Znünipause um etwa 08.30h, die sicher gewerkschaftlich vorgeschrieben ist. Wir staunen nicht schlecht…
Die Fahrt zur Rader-Insel dauert nicht lange und schon bald liegen wir bei Schreibers im kleinen Hafen. Während wir warten, dass das Wetter abtrocknet, damit wir die Segel abschlagen und das Schiff fürs Abmasten bereitmachen können, putzt Bänz an Deck und ich schreibe Webseite und arbeite ein wenig fürs Büro. Die Zeit vergeht im Nu, wie immer. Es liegen schon einige andere Boote hier, teils schon mit gelegtem Mast, und warten auf den Auswasserungs-Termin; so auch Silmaril, die schöne Yacht von Alex und Ursula. Das fühlt sich an wie Heimkommen…