(Anmerkung zum Beitragsbild: das ist noch von vorher und deshalb sind wir auf dem falschen Bug. Anscheinend habe ich an jenem Tag das unendliche Blau gar nicht mehr fotografiert, sorry…)
Soeben haben wir die wohl längste Motor-Phase unseres mehr als 30-jährigen gemeinsamen Seglerlebens beendet. Es ist Sonntag, 4. Juni, also Tag 4 der Überfahrt, und bis gerade vorhin ist der brave Motor gelaufen. Seit gestern Samstagmorgen. Und wir sind noch immer glücklich verheiratet, trotzdem… 😊.
Jetzt hat der Wind auf Südost gedreht und genug zugenommen, dass wir eben wieder segeln können und nicht einfach nur mit viel Getöse aber keinem Vortrieb hin und her schwanken in der doch wieder beachtlichen Dünung. Bänz ist am Steuer und geniesst es – bald «muss» er in die Freiwache für 2 Stunden. Es sind noch ca. 355 SM, d.h. wir sind in der zweiten Hälfte der Reise angelangt.
Die Routine hat sich inzwischen recht gut etabliert und auch die Nachtwachen funktionierten bisher bestens, aber bekanntlich kommt das anspruchsvolle Wetter erst. Deshalb haben wir heute schon, bei schönstem Wetter, die Uhren auf Azorenzeit umgestellt, d.h. die gemeinsame Wache von 15-18h um eine Stunde verlängert. Ich wollte lieber nicht einen der nächsten Tage verlängern, die eben gemäss Wetterbericht jetzt rauher zu werden drohen.
Unsere Versuche, mit dem Iridium-Satellitentelefon einen abonnierten nachgeführten Wetterbericht von Wetterwelt herunterzuladen sind bisher allesamt misslungen. Die Verbindung zum Netz kommt etwa einmal von 3 oder 4 Versuchen zustande, aber dann hat es bisher noch nie geklappt, dass die Mail/s auch tatsächlich heruntergeladen werden konnten. Sehr frustrierend.
So segeln wir noch immer in der Hoffnung, dass der Bericht vom Donnerstagmorgen auch eine Woche später noch einigermassen stimmt. Dann kommt es zwar stark, d.h. mit bis zu 30 kn, aber von hinten, von Montagnacht oder Dienstagmorgen an und lässt aber bald wieder nach. Paddy hat sich ebenfalls, trotz eigenem Törn in den Hebriden, per SMS gemeldet und seine Vorhersage klang weniger freundlich. Vor allem sagt er eher nördliche Winde voraus und Wetterwelt eher südliche… welches wird es dann wohl sein? Und bleibt die Stärke im erträglichen Rahmen? Ich sage mir immer wieder, dass es keinen Sinn macht, sich Sorgen zu machen, aber die potenzielle Aussicht auf bis zu 7 Bft von der Seite wie Paddy meldet, finde ich nicht erfreulich. Deshalb hoffe ich weiter auf Wetterwelt, und auf unsere bisherigen Erfahrungen, die allesamt gut ausgegangen sind. Eines ist sicher: es wird in jedem Fall vorbei gehen. Und wir haben ja Zeit – wir müssen nicht gegenan bolzen, um zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu sein und können einfach mit dem Wind abdrehen, wenn es sein muss. Einmal mehr – ein Privileg.
Vorbereitet sind wir aber schon: im Schiff ist aufgeräumt, im Cockpit ebenso. Die beiden Dieselkanister wurden inzwischen eingefüllt und in der Rumpelkammer versorgt; wir haben also einen vollen Dieseltank. Einzig die Kühlwasserpumpe des Motors tropft weiterhin stetig vor sich hin. Aber da wir hoffen, nicht mehr so viel motoren zu müssen, ist auch jenes Thema momentan nicht prioritär.
Und da es gerade so gut ging, habe ich gleich für die nächsten Tage vorgekocht. Es gibt Linseneintopf mit viel Gemüse. Mehrmals… Aber das kann man auch aufwärmen wenn’s kachelt, hoffe ich.
Und so ist schon Tag vier am zu Ende gehen. Viel zu berichten gibt es nicht. Wir haben bisher ein paarmal Delfine von weitem gesehen, gelegentlich kommt eine Möwe oder eine kleine Seeschwalbe vorbei, aber das wars dann auch schon. (Die Seeschwalbe setzte sich zutraulich kurz unters Sprayhood – war wohl recht gemütlich so!)
Noch immer ist rundum unendliches Blau, das immer wieder anders wirkt, eine sanfte Brise, die uns vorwärtstreibt, das (recht gemütliche) Rauschen der Bugwelle und die Heckwelle, die vor sich hin plätschert und klingt, wie wenn sie Geschichten erzählen würde. Ein Genuss!