Von Aideen und Peter, die im Hafen von Vila do Porto auf ihrem «Schiff mit dem grössten Kühlschrank» leben, und gleichzeitig bei Santa Barbara ein Haus vermieten, konnten wir am Montag, 12.6. einen 125cc-Scooter mieten. Wir stellten fest, dass die Insel die genau richtige Grösse für solche Verkehrsmittel hat.
Im Uhrzeigersinn gings drum herum, jedes Nebensträsschen erforschend, mit vielen Foto-Stopps und gelegentlichem Umdrehen, wenn das Strässchen einfach im Gebüsch oder an einer Treppe endete.
Die Touristensaison beginnt erst im Juli; die meisten Orte an der Küste wirkten noch verlassen, Cafés noch nicht geöffnet, Ferienhäuser mit geschlossenen Läden, etc.
Fussgänger werden gegrüsst, und teils auch entgegen kommende Autos oder Landwirtschafts-Fahrzeuge. Begegnet man unterwegs jemandem, so entwickelt sich schnell ein Gespräch. So erfuhren wir, dass viele der nach Kanada und USA ausgewanderten Azoraner im Juli und August auf die Inseln zurückkehren, aber sonst kaum da sind, was den verlassenen Eindruck der Dörfer am Wasser erklärt.
Beim ersten Halt in Anjos, an der Nordküste, konnten wir zusehen, wie der von draussen zurück kehrende Fischer sein Boot bei viel Schwell geschickt mit der Winde heraus zog. Keiner der kleinen Häfen rund um die Insel bietet Platz, um ein Boot im Wasser zu lassen. Sie funktionieren alle so, dass sie an der Rampe bei Bedarf ein- und dann wieder direkt ausgewassert werden.
Wir finden die uns empfohlene Blues Bar mit ihrer wunderschönen Terrasse direkt am Strand zwar problemlos, aber auch die ist noch nicht geöffnet – Nebensaison, eben…
Im Landesinneren überwiegt der Eindruck der grünen Felder mit den begrenzenden Steinmäuerchen und den Kuh-Herden. Daneben leuchtet rot die Ton-Erde, die früher direkt vor Ort verarbeitet wurde.
Steil fällt das Gelände jeweils vom Plateau zum Meer hinunter ab. So entstehen wunderbare Ausblicke von den diversen Miradouros aus.
Zum Nord-Osten bei Santa Barbara und auf der Ost-Seite verändert sich die Landschaft wieder und es gibt auch Wald (Eukalyptus- und Pinienarten). Santa Barbara selbst bietet ein Café gleich neben dem Tante-Emma-Laden, wo wir uns für insgesamt €1.60 zwei «bicas» (Espressi) leisten. Ein Lieferwagenfahrer legt auch kurz einen Halt ein und gönnt sich ein schnelles Glas Weisswein… jetzt ist klar, warum Peter meinte, wir sollten «immer schön rechts fahren».
Ein Geheimnis, das mich seit unserer Ankunft hier beschäftigt, sind die charakteristischen Kamine, die die Häuser hier oft haben. Gerne verstünde ich ihre Bauweise und Nutzung besser. Sie sind z.B. nicht immer unten im Haus, sondern manchmal auch im ersten Stock. Zudem haben sie alle – aussen am Haus, wie einen Anbau – die runde Ausbuchtung für den Feuerraum. D.h., die Wärme wird nicht gleichmässig im Haus verteilt, sondern nur dort an der Seite. Und dann eben die typischen grossen Hüte, die in einem recht langen runden gemauerten Rohr enden, oder teils auch direkt so abgeschlossen werden. Ob da in diesen grossen Dachkammern noch Dinge geräuchert wurden? Wir werden bei nächster Gelegenheit jemanden danach ausfragen. Vorerst begutachten wir diverse Ruinen, bei denen man noch bis zum Ofen sieht.
Von Santa Barbara gehts dann nochmals nordwärts zur Punta do Norte, wo wir eigentlich einen Leuchtturm auf einem Felsen erwarten, um unsere Mittagssandwiches zu verspeisen. Aber weit gefehlt. Der sehr verlotterte Schotterweg führt uns durch fast undurchdringliches Dickicht zu einer verfallenden Loran-Station im Heckendschungel und endet dann wieder in einem Feld, von dem aus wir auf das Leuchttürmchen hinunter schauen können. Den Picknickplatz suchen wir uns weiter oben, bei Norte, und geniessen den Windschutz eines verlassenen Häuschens.
Eindrücklich dann die Hänge hinter den Küstendörfern Sao Lourenço und Maia, die bis weit hinauf terrassiert und mit Steinmäuerchen eingefasst sind – hier wurden Reben angepflanzt, aber sie sehen für unsere ungeschulten Augen nicht mehr alle sehr gepflegt aus; da ist wohl niemand mehr da, der die Hunderten von steilen Treppen hinauf- und hinabsteigt, und sich um die Pflanzen kümmert.
Bei Maia besuchen wir den höchsten Wasserfall Portugals, die Ribeira de Aveiro, die auf Meereshöhe hinunter stürzt.
Am Leuchtturm in der Südost-Ecke, Gonçalo Velho, liegt unten die Ruine der alten Walfangstation. Auch da hinunter führen viele Spitzkehren im Fussweg… die Vulkaninsel mit ihren steilen Hängen und zerklüfteten, stark erodierten Bachläufen lässt grüssen.
Die Strasse führt von hier wieder mehr ins Landesinnere in Richtung Pico Alto, wo die von Süden mit dem Wind hergetriebenen Wolken hängen bleiben und mit Nieselregen drohen. Schnell weiter westwärts, nach Praia de Formosa, quasi unter der Wolke wieder hinaustauchen. Markant, wie viel wärmer hier die Temperatur ist, als auf der Nordseite: die warme Luft wird an den Berg getrieben, steigt auf, kühlt sich in der Höhe (Naja, der Pico ist 507m hoch) ab und regnet sich deshalb gleich aus und fällt auf der anderen Seite abgekühlt wieder herunter. Ich bin jedenfalls froh, denn allmählich wurde es mir auch im Windschatten des Skippers recht kühl auf dem braven Scooter.
Auch Praia de Formosa ist noch quasi menschenleer, ausser einer anderen Touristengruppe von jungen Portugiesinnen und Portugiesen, die sich ebenfalls im einzigen geöffneten Café eine «bica» oder «cerveja» gönnen.
Bald sind wir wieder auf der Zielgeraden für Vila do Porto. Um 17:35h sollten unsere Freunde Ruth und Kurt am Flughafen landen, die uns während ihren Azoren-Wanderferien besuchen kommen.
Ihr Flieger hat dann aber genug Verspätung, dass es uns reicht, noch vorher zu tanken und einzukaufen, bevor wir sie an Bord von sea magiX begrüssen können.
Das Abendessen im A Travessa in Vila do Porto geniessen wir dann zu viert. Nachdem wir das Restaurant von anderen Seglern empfohlen bekommen hatten, können wir diese Empfehlung gerne hier weiter geben; eine lustige Mischung aus portugiesischer und bayrischer Küche, ergänzt durch Angebote für die amerikanischen und kanadischen Heimkehrer im Sommer und begleitet von einer grossen Auswahl an selbst gebrauten Bieren (aber für Weinliebhaber gibt’s auch Rebensaft). Der Eigner erzählt uns, dass er eigentlich ein zweites Restaurant in Praia de Formosa hätte, aber das nicht öffnen kann, weil ihm die Mitarbeitenden dafür fehlen. Sein Lokal in Vila do Porto betreibt er mit 10 Personen, die er benötigt, um die Öffnungszeiten abzudecken, da die Küche durchgehend von Mittag bis 21h offen ist. Eine erstaunliche Info für uns ist, dass er seinen Ruhetag auf Samstag gelegt hat, weil dann am wenigsten laufe. Spannend, was man da alles erfährt!
Es war ein spannender und sehr abwechslungsreicher Scooter-Tag und auch diesen Ausflug können wir allen Santa-Maria-Reisenden von Herzen empfehlen.