Gestern Donnerstag 22.8. haben wir das Cabo de São Vicente gerundet, d.h. die Algarve erreicht. Ab sofort gilt nicht mehr die generelle Richtung Süd (180°), sondern eher Ost oder Südost (ca. 100°).
Gespannt konsultierten wir sofort alle Instrumente und schauten uns um: das Lüftchen aus NNW von soeben drehte mit auf WNW – schade, mit 5-8kn aus NNW hätten wir vielleicht sogar richtig segeln können, aber da es mitdrehte half es nicht wirklich. Der Schwell – aus West – hörte tatsächlich auf. Und wurde unmittelbar von solchem aus Südost ersetzt. Auch schade – so schüttelt es weiter das Briselchen aus den Segeln. Wobei wir es – schliesslich hatten wir ja viel Zeit – mit der Genua immerhin auf 2-3kn Fahrt durchs Wasser schafften. Und die Wassertemperatur… nun, immerhin hatten wir die psychologisch wichtige 15°-Marke überschritten. Aber warm würde ich das noch nicht wirklich nennen. Wir revidierten unsere Erwartungen sogleich (zumindest bezüglich Wassertemperatur vertrösteten wir uns auf «nach den nächsten 1-2 Kaps») und genossen die sehr romantische Felsküste, entlang derer wir unterwegs waren, bis zur Bucht von Sagres. Die Bucht gleich hinter dem Cabo São Vicente, welche wir ursprünglich angepeilt hatten, wäre ebenfalls wunderschön romantisch gewesen, aber sie war komplett mit gelben und schwarzen Bojen abgetrennt – da ist wohl inzwischen eine Fischfarm zuhause.
Wir ankerten ganz im Osten der Bucht von Sagres, in der Hoffnung, dass das Kap uns dort vor dem SE-Schwell etwas schützen würde, aber das war eine leere Hoffnung. Dazu gleich mehr. Die Bucht selbst gefällt uns sehr, mit hell-goldenem Sandstrand vor rostroten Felsen mit dunklen Höhlen und einzelnen grünen Büschen, sowie einigen sehr südlich anmutenden Yucca- und Aloe-Pflanzen. An die Felswand geklebt einige Häuser – wohl Restaurants und Hotels – und wie in der Bucht von Arrifana auch wieder ein Zick-zack-strässchen, entlang dem die Autos der Badegäste parkiert sind. Badegäste hat’s nachmittags viele; hier auch viele ohne Neoprens. Das animiert ebenfalls zu einem Sprung ins Wasser, aber ich checke zuerst nochmals das Thermometer und lasse es dann doch bleiben. Bei 15.1° vergeht mir einfach die Lust dazu.
Stattdessen nimmt der Skipper für die Cockpit-Dusche, welche diesmal bei richtig angenehmer Lufttemperatur stattfinden kann, unsere kleine mobile Salzwasserpumpe in Betrieb. Sie funktioniert einwandfrei und pumpt einen dicken Strahl kaltes Salzwasser ins Cockpit bzw. auf den/die Duschende/n. Somit ist auch dieses für die südlicheren Gefilde und vor allem für die Überfahrten mitgenommene Utensil getestet und für gut befunden. Es ist jedenfalls sehr viel sicherer als das An-Bord-Holen von Salzwasser per Kessel in voller Fahrt. Das anschliessende Abspülen mit fast heissem Wasser aus dem Duschsack ist dann aber essenziell – sonst wäre die Erfrischung wohl doch etwas kühl.
Abends leert sich der Strand und bald hört man nur noch das Rauschen der Brandung und die Geräusche der Wellen an unserem Heck oder an der Bordwand. Eines ist sehr deutlich anders als in den letzten Wochen: die Lufttemperatur ist auch abends und dann nachts spürbar wärmer (wir haben den Tag grossteils in Badehose/Bikini verbracht und können auch abends in Shorts im Cockpit sitzen) und die Luftfeuchtigkeit ist stark zurück gegangen, so dass das Deck morgens fast trocken ist. Die Sterne sind deshalb auch sehr klar und hell sichtbar und wir geniessen einmal mehr die wunderbare Stimmung und Natur.
Die Nacht wird «rather rolly», was bei SE-Schwell nicht weiter verwunderlich ist. Da der Schwell von einem Sturm weit weg im Süden stammt, ist er unabhängig von den vorherrschenden lokalen Windrichtungen (sofern es Wind gibt). Wir müssen uns deshalb darauf einstellen, dass momentan alle Buchten, die für Ankern bei nördlichen Winden passen, sehr schwellig sein werden. Deshalb hier eine kurze Beschreibung oder Anleitung für alle Nicht-Segler, wie «rollendes Schlafen» normalerweise abläuft. Du legst Dich in Deine Koje z.B. auf den Rücken, und bevor Du darüber nachgedacht hast, hat Dich das Boot auf die rechte Seite gedreht. Reflexartig hältst Du Dich an der Matratze fest, aber das ist ein Fehler, denn noch bevor Du so richtig zugegriffen hast, drehst Du schon wieder – schwupps – auf die andere Seite. Das Spiel machst Du ein paarmal mit, bevor Du zur Strategie findest, die dann auch funktioniert: wenn Du auf der Seite liegen willst, musst Du die Bewusstlosen-Stellung, die Du aus dem Nothelfer-Kurs von anno dazumal kennst, einnehmen. Das obere Bein über das untere Bein angewinkelt entspannt ablegen, den einen Arm ebenso, und das Ohr fest ins Kissen gepresst, damit Deine Blase nicht ständig vom Gurgeln an der Bordwand zur Überfunktion animiert wird. Sobald Du aufhörst, Dich gegen die Bewegungen zu wehren, und Dich stattdessen entspannt mitgehen lässt, funktioniert es bestens und Du schläfst wunderbar – zumindest bis der Wind dreht oder aufhört und sich der Rhythmus der Bewegungen von Sea magiX ändert…
Morgens telefoniert Bänz kurz mit dem Yanmar-Händler von Cascais und wird informiert, dass sein bestelltes Dieselfilter-Gehäuse schon in der Lagos Marina eingetroffen sei. Wir könnten es also heute dort holen. Bald kommt eine leichte Brise (7kn) aus Ost auf und wir heben den Anker voller Optimismus, denn am Wind können wir auch bei Wellen mit wenig Wind segeln. Leider entpuppt sich die Brise kaum sind wir draussen als Land-Thermik, die schon nach 200m wieder einschläft. So motoren wir mal wieder – diesmal Ostwärts – entlang der Küste, zwischen Fischerfähnchen hindurch und an Fischfarmen vorbei.
Die Küste ist weiterhin sehr malerisch, mit rot-gelben Felsformationen, der weissen Brandung unten, gelegentlichen Höhlen am Wasser und einem grün-braunen Macchia-Deckel, der ab und zu von weissen Häuser-Siedlungen unterbrochen wird. Einige Windräder drehen gaaaaaanz langsam im blauen Himmel und wir schauen immer wieder auf die Windanzeige, aber eigentlich ist das unnötig, so lange das Wasser so spiegelglatt daher kommt. Wir werden uns wohl vor Lagos in eine – wohl ebenfalls rollende – Bucht zum Mittagessen legen und mindestens den ersten Teil des einmal angedachten «Sünnele-Bädele»-Programms umsetzen. Ob es dann nach Lagos weiter geht, oder sonst wohin, wird sich – auch je nach Windentwicklung – noch zeigen. Der Wetterbericht hat aber diesbezüglich wenig Hoffnung gemacht und so wäre ja vielleicht ein Besuch von Lagos am Abend ein Alternativprogramm. Über das Städtchen haben wir jedenfalls schon viel Positives gelesen.