(Fr., 16.6.) Für uns ist Santa Maria die entspannte Insel. Mit leiser Wehmut sind wir gerade daran, bei gemütlichen 3 Beaufort aus West-Süd-West nordwärts in Richtung Sao Miguel, bzw. Punta Delgada zu segeln. Früh ging es heute Morgen los, da im Verlauf des Tages der Wind einschlafen und der Regen übernehmen soll. Auf der Kante sitzend geniessen wir die momentan noch morgendliches Wohlbefinden verbreitende Sonne und lassen die letzten paar Tage Revue passieren. Fazit: die Insel hat uns allen vieren (Ruth und Kurt begleiten uns auf diesem Tagestörn nach Sao Miguel) sehr gut gefallen. Ruth: «du kommst um eine Ecke und da ist gleich wieder eine ganz andere Landschaft». Sie haben gestern (Do. 15.6.) von Aideen’s und Peter’s Scooter profitiert und die Insel rundum erkundet, während Bänz sich um einige Pendenzen fürs Boot kümmerte und ich den Tag in diversen Zoom-Meetings als Arbeitstag verbrachte.
An den Tagen davor erlebten wir zwei kontrastreiche Wanderungen. Für Ruth und Kurt war der Dienstag der «Einlauftag» und für sie als versierte Wanderer und Bergsteiger konnten wir ebenfalls einen herausfordernden Einstieg bieten. Wir warteten den Vormittag ab, an dem es noch richtig regnete. Für den Nachmittag war bewölktes, aber trockenes Wetter angesagt. Was wir erst dann richtig zu spüren bekamen, war, dass Bewölkung auf den Azoren nicht so funktioniert wie am Festland. Wenn in der Schweiz bedecktes Wetter herrscht, dann ist die untere Grenze der Wolkendecke trotzdem meistens auf mehr als 2000m Höhe. Auf den Azoren surfen die Wolken auf den Atlantikwellen an die Insel heran und beginnen erst da, wenn überhaupt, ein wenig zu steigen. Am Dienstag klappte das mit dem Steigen nicht und die Wolken hüllten Santa Maria einfach in eine feuchte, dicke weisse Watte ein. So entpuppte sich unsere Küstenwanderung von oben an der Praia Formosa zurück nach Vila do Porto als Nebelabenteuer und Geisterwanderung, bei der wir das Meer links von uns zwar hören, aber nicht sehen konnten. Wir waren mit dem Bus Nr. 3 zur Haltestelle gefahren, von der aus wir den Wanderweg gut erreichen konnten. Da der Skipper im nahe liegenden Café noch besseres Wetter abwarten wollte, richteten wir uns zuerst zurück dorthin. Und wurden prompt sogleich von einem sehr freundlichen Bauern zurück gepfiffen und darauf hingewiesen, dass wir in die falsche Richtung gingen. Unglaublich, wie hilfsbereit und offen die Menschen hier sind! (Er lachte äusserst verständnisvoll auf Bänzs «First a bica»).
Im Café konnten wir den Locals beim Dominospielen zusehen, während wir unsere Bifanas und Colas genossen. Alles Abwarten nützte nichts – die Sonne konnte sich durch den dicken Nebel hindurch nicht durchsetzen. So gings trotzdem dann los zum Wanderweg, der sich auf einigen Strecken in ein sehr sumpfiges und schlammiges Bachbett verwandelte. Zurück in der Marina brauchten wir etwas länger als sonst, um die Schuhe wieder einigermassen sauber zu bekommen… und die Socken mussten ausgewaschen werden, bevor sie ins Boot und in den Wäschesack verschwinden durften.
Am Mittwoch hatte sich das schönere Wetter dann wieder durchgesetzt. Da Südwind blies, suchten wir uns eine Wanderung im Norden der Insel heraus, was sich als durchaus sinnvoller Plan erwies. Mit dem gut gefüllten Schulbus gings zuerst nach Santa Barbara und dann von dort aus in einer Rundwanderung nach Norte und zurück. Die Wege waren diesmal breiter und meistens trockener. Trotzdem versanken sowohl Ruth mit ihren hohen Wanderschuhen als auch der Skipper mit dem ganzen Schuh im Mud. Und meinten beide, der Schlamm sei zum Glück dickflüssig genug, dass er nicht gleich in den Schuh hineinlaufen konnte. Vorbei an schön herausgeputzten weiss-blauen Häusern, vielen Herden von Mutterkühen mit Kälbern, entlang unzähligen Steinmäuerchen und blau-weissen Hortensienhecken wanderten wir durch die schöne und auch auf kleinem Raum sehr abwechslungsreiche Landschaft und genossen die entspannte, sonnige Insel.
Auf den Bus für den Rückweg warteten wir dann 40 Minuten lang und waren gerade dran, die Taxi-Nummer herauszusuchen, als er herangebraust kam. Der Fahrer erklärte, er habe einem Autofahrer helfen müssen, der vor lauter Schreck vor dem Bus sein neues Auto gleich in eine Wand gefahren habe. Naja, so wie hier jeder in der Mitte der Strasse fährt, können wir uns die Szene gut vorstellen. Und dann wieder ganz entspannt: «but it isn’t too much delay»…
Inzwischen hat der Wind ein wenig zugenommen, Kurt hat das Steuer übernommen, erste Delfine haben vorbei geschaut und Ruth aufgemuntert, die noch mit etwas Übelkeit kämpft, die Sonne scheint und sea magiX stürmt Punta Delgada mit 7kn über Grund entgegen. Was kann man sich da noch mehr wünschen? Wir sind neugierig auf die nächste Insel und geniessen noch die Entspannung der letzten.