Stippvisite auf Pico, «the dark island”

Sie ist wirklich dunkel – viel dunkler als diejenigen, die wir bisher gesehen haben. Dunkelgrauer, meistens fast schwarzer Lavastein kontrastiert mit hellgrünem Gras und – wie um den Kontrast zu betonen – selten blauen, sondern oft weissen Hortensien, sowie mit den wunderschönen blauen Lilien, die überall auf den Inseln zu finden sind.

Für uns ist Pico die Insel, auf der sich die schwere Arbeit am deutlichsten zeigt, die nötig ist, um dem Land ein wenig Mais, Wein oder Weideland abzutrotzen. Für ihren letzten Azorentag hatten Kurt und Ruth ein Ticket für die Fähre nach und von Pico gekauft und wir schlossen uns ihnen an. In Madalena fanden wir den Taxifahrer José, der vor knapp 50 Jahren sechs Jahre lang in Kanada gelebt hat und uns als kundiger Tourguide viele Hintergrundinformationen über das Leben auf Pico liefern konnte, während er mit uns eine halbtägige Rundfahrt auf der Westseite der Insel fuhr. Das waren 100 sehr gut und spannend investierte Euros, auch wenn das Wetter leider nicht ganz so mitspielte, wie wir das gehofft hatten. Viele der Miradouros unterwegs liessen wir gleich aus, weil so diesige und dann weiter oben neblige Sicht war. Der Berg Pico hatte sich nicht nur einen kleinen Kragen zugelegt, sondern gleich die ganze Kapuze tief heruntergezogen.

Äusserst spannend war es trotzdem: im Unterland der West- und Südwestseite der Insel wurde schon von den ersten portugiesischen Siedlern vor mehreren Jahrhunderten Wein angebaut. Dazu räumten die Menschen in unzähligen Stunden harter Arbeit die schwarzen Lavasteine von ihren ca. 20-30 m2 kleinen Vierecken weg und bauten damit Mauern, um die Reben vor dem Wind zu schützen. Der dunkle Stein nimmt die Wärme der Sonne spürbar auf und strahlt sie lange noch ab, wovon die Reben ebenfalls profitieren konnten. Gleichzeitig war da von Anfang an nur sehr wenig bis eigentlich kein Humus, d.h. die Reben wurden in Ritzen der Lavafelsen gezogen, und nicht schön aufgereiht in regelmässigen Reihen wie bei uns, sondern dort, wo gerade genug Erde (und Feuchtigkeit) war für ihre Wurzeln.

Etwas weiter südlich verändert sich die Landschaft stark: hier ist mehr Weideland für einen der wichtigsten Wirtschaftsbereiche der Insel heute: «beef». Auch für die Kühe und Rinder wurden die Felder von Steinen befreit und diese für Mauern genutzt. Es ist deutlich sichtbar, wie Felder aussehen, in denen diese beschwerliche Arbeit nicht vorgenommen wurde. Sie sind Geröllhalden, in denen sich die Brombeerstauden ungehindert breit machen würden.

Im Süden liegt auch Lajes, der Walfänger-Ort. Im Museum können wir sehen, wie bis vor wenigen Jahrzehnten die Männer in schmalen, kippeligen Holzbooten mit «Legemast» die riesigen Tiere jagten und danach fast jeden Teil der Kadaver in der Walfabrik verwerteten. Wir sind froh, dass diese mächtigen Geschöpfe heute nur noch mit Fotokameras gejagt werden.

Via den kleinen aber bei sonnigem Wetter sicher sehr schönen Lagoa Corre Agua geht es dann an die Nordseite der Insel, nach Sao Roque do Pico, zum kommerziellen Hafen, von wo aus die Versorgung der Insel stattfindet. Wöchentlich kommen hier mindestens drei Frachter aus Lissabon an und bringen alles mit, was die Inselbevölkerung braucht. Auch Josés Taxi war dabei.

Etwas weiter westlich nahe beim Flughafen liegt Arcos, wo der Vulkanausbruch von 1718 bizarre Felsformationen hinterlassen hat, mit denen das Meer bei Flut ein eindrückliches Schauspiel von schäumenden Fontänen spielen muss. Wir sind bei Ebbe da – da geht’s viel zahmer zu und her. Aber die schwarzen, gewundenen und zackigen Lavafelsen beeindrucken uns trotzdem. Hier möchte ich nicht angespült werden und an Land klettern müssen.

Zuletzt bringt uns José noch zu den Grotten von Furna do Frei Matias, die auch der Ausgangspunkt sind für unsere letzte gemeinsame Wanderung mit unseren Wanderprofi-Freunden. Wir hatten sie uns (die Grotten, nicht unsere Freunde) etwas grösser und tiefer vorgestellt, aber da sind wir wohl mit den Kalkgrotten gleich vor unserer Haustüre zuhause etwas verwöhnt.

Ohne José, von dem wir viel erfahren hatten über den Alltag auf der Insel («Abfallentsorgung? Hmmm, wie man halt so Abfall entsorgt!» ;-)), aber auch über die Zeit unter dem faschistischen Salazar-Régime oder über die damals sehr grosse Macht der Kirche in Portugal und den Azoren, wanderten wir dann auf dem quasi in der Fall-Linie angelegten, breiten Wanderweg 600 Höhenmeter hinunter nach Madalena zum Hafen, von wo die Fähre dann wieder nach Horta ging.

Unterwegs konnten wir sehr deutlich den Temperatur-Unterschied spüren, wie auch zusehen, wie sich bei wärmerer Luft die Wolken aufzulösen begannen und wie die Flora sich veränderte. Eines war aber überall gleich: in diesem Klima scheint alles zu wachsen, sobald es irgendwo eine Ecke mit genug Erde gefunden hat. Wasser kommt (gemäss José) genug, dass nie bewässert werden muss. Und kalt wird es auch nicht im Winter (bis 14 Grad fällt das Thermometer. Und geheizt wird selten, aber wenn, dann entweder mit einem Holzofen oder mit der Umkehrung der elektrisch betriebenen Klimaanlage.) Bestaunt von vielen Kühen, besungen von unzähligen fröhlichen Vögeln, gelegentlich bequakt von Kröten und Fröschen, die in jedem Tümpel residieren, wanderten wir recht strammen Schrittes mehr als drei Stunden lang zwischen schwarzen und dunkelgrauen Lavamäuerchen mit Hortensien-, Wildrosen- und Lilienhecken meerwärts.

Pico hätte sicher noch einiges zu bieten. Nicht zuletzt natürlich auch die Besteigung des höchsten Bergs von Portugal mit seinen 2500m. Aber das überlassen wir den echten Bergsteigern und bleiben bei unserer liebsten Fortbewegungsart: jener auf dem Wasser, möglichst mit Segeln: Schuster, bleib bei deinem Leisten. Oder eben – Segler bleib bei deinen Schoten. 😊

Es war der letzte gemeinsame Wandertag mit Ruth und Kurt auf dieser Reise. Die Zeit mit ihnen hat sehr viel Spass gemacht und wir konnten wunderbar von ihrer Wander-Erfahrung und den jeweils schon super vorbereiteten Routen profitieren. Danke an Euch beide, cool wars!

Ab jetzt können sich unsere Schrittzähler wieder ein wenig zurücklehnen; sea magiX braucht dringend auch wieder etwas mehr Beachtung und wer weiss – vielleicht schaffe ich es auch irgendwann wieder, diese Webseite etwas aktueller zu halten. Working on it…


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