Wir suchen unser Glück in Glückstadt

Am Donnerstagmittag ist genug.

Leonie ist montiert, das Dinghy in der tiefen Backskiste versenkt, die Rumpelkammer eingeräumt und das Grosssegel liegt auch schon auf dem Baum. Es ist nigelnagelneu und noch bretthart und steif. Wie lange das wohl gehen wird, bis es «seine Falten selbst lernen wird», wie Dänu unser Segelmacherfreund hoffnungsvoll meinte? Wir sind gespannt!

Das gerade trockene Wetter nutzten wir auch, um den grössten Teil einer Tube Kontaktkleber auf der lecken Regenplane entlang der Regenfänger-Naht zu verteilen und den Nummernstreifen anzukleben. Wir waren sicher, dass der Test bald folgen werde.

Als es dann um den Entscheid ging, noch einkaufen zu gehen oder loszufahren, war eben genug – wir wollten los. Uwe verabschiedete uns gewohnt freundlich und schon bald steuerten wir in den Nord-Ostsee-Kanal nach rechts, in Richtung Brunsbüttel.

Während die Crew das Steuer hütete und immer höflich den unzähligen Entgegenkommenden winkte (was wissen die, was wir nicht wissen, dass es so viele in die Ostsee zieht?), ging für den Skipper das Einräumen weiter. Wir haben wirklich unendlich viel Material an Bord! Nach einigen Meilen warf Bänz mal wieder einen Blick in die Motorbilge und kam mit sorgenumwölkter Miene hoch: die Kühlwasserpumpe tropfte wieder im Sekundentakt. Das hatten wir doch schon mal? Ja genau, letztes Jahr nach dem Winterlager am Weg auf die Azoren, und wir hatten in Horta einen neuen Simmering aufmontieren lassen… Offensichtlich mag unsere Kühlwasserpumpe das Winterlagern nicht. Nun, die Lage war klar – so wollten wir nicht losfahren. Erste Planänderung des Törns: nicht in meine geliebte Gieselau und dann am Freitag weiter nach Brunsbüttel oder weiter, sondern noch gleich am Donnerstag bis Brunsbüttel, um am Freitag zu einem Yanmar-Dealer in Cuxhaven, Glückstadt oder sogar Wedel zu kommen. Telefonisch wurden wir in Glückstadt schon fündig und der Wetterbericht versprach für Freitag nichts Gutes. Also zur zweiten Planänderung: noch am Abend durch die Schleuse, dem Tor zur Welt, und Elbe-aufwärts nach Glückstadt.

Wir waren etwas zu früh dran und hatten den Strom noch gegen uns, kamen aber trotzdem noch vor dem Eindunkeln (das hier oben momentan bei Bewölkung etwa um 22:30h-23h stattfindet) in Glückstadt an. Dies insbesondere, weil der Skipper sich weit ausserhalb des Fahrwassers entlang der 5-m-Linie hangelte (und gelegentlich, wenn ich gerade wegschaute, auch noch flacher, so dass es gelegentlich abrupte Kursänderungen und einmal sogar einen 180-Grad-Dreher brauchte…) Das war aber schnell gegangen! Eben noch im beschaulichen Kanal und dann ganz plötzlich so viel näher am offenen Wasser, mit Gezeiten, Strom, Tiefen-Nervenkitzel und allem Drum und Dran!

Freitags öffnet die Yachtwerft Glückstadt um 08:00h und schliesst um 13:30h. Wir standen – mit der ausgebauten Kühlwasserpumpe in der Hand – um 07:58h schon am Empfang und wurden von Heiko und Ralf sehr freundlich begrüsst. Die beiden bemühten sich äusserst freundlich und kompetent um unser Anliegen. Bänz konnte beim Auseinandernehmen, Putzen, Schmieren und sorgfältigen Zusammenbauen mit neuem Simmering und neuem Lager dabei sein und war sehr angetan von der «no-shortcuts-Arbeit» des Mechanikers. Zudem konnten sie eine Ersatz-Pumpe an einem anderen Ort bestellen und versprachen, dass diese von einem Freund von Ralf am Samstagnachmittag nach Glückstadt gebracht werde. Sehr hilfsbereit, professionell und sympathisch, die Menschen von der Yachtwerft Glückstadt!

Der Rest des Tages wurde mit weiteren Einkäufen, noch mehr Einräumen, einiger Büroarbeit und einem Spaziergang durch die polygonale Planstadt Glückstadt verbracht. Einmal mehr konnten wir uns davon überzeugen, dass wir bei «Kaffee und Kuchen» in Zukunft zuerst wieder das Vorhandensein einer Kaffeemaschine abchecken sollten. Was das Feine an Filterkaffee sein soll, haben wir jedenfalls noch nicht verstanden, auch wenn er ganz frisch und sehr freundlich für uns aufgegossen wurde. 🙂 Das Städtchen Glückstadt ist sehr ansprechend und wird seinem Status als Kulturdenkmal gepflegt gerecht. Nur die Matjeswoche hatten wir gerade verpasst. Ausser einer mit Heringen behangenen Schaufensterpuppe erkannten wir davon nichts mehr, können uns aber auch nicht so genau vorstellen, was es damit wirklich auf sich hat.

Gerade noch rechtzeitig kamen wir zurück an Bord, als die ersten dicken Tropfen des schon seit Stunden grollenden Gewitters zu fallen begannen. Und siehe da – mit dem Gewitter drehte auch der Wind wie angesagt und wir lagen genau richtig. Und konnten mit grosser Befriedigung zusehen, wie unsere Dichtungsarbeiten an der Regenplane sich auszahlten. Trotz viel Wasser in kurzer Zeit und starkem Wind blieb es kuschelig trocken unter unserem neuen Dach. Test bestanden!