Wie in Irland treffen wir auch in Galizien genau rechtzeitig zu einem grossen Fest ein. Das ist hier aber auch nicht so schwierig, denn Mariä Himmelfahrt wird in Cedeira nicht etwa nur am 15. August gefeiert, wie wir das in gewissen Kantonen der Schweiz kennen, sondern dieses Jahr gleich vom 10.-17. August. Im Yachting Pilot wird sogar von zwei Wochen geschrieben – das ist wirklich ausführliches Feiern! Aber nicht nur die Dauer – auch die Form der Feierlichkeiten sind für uns recht ungewohnt. Wenn es in der Schweiz an solchen kirchlichen Feiertagen meist (noch) ruhiger, stiller und für Kinder sicher langweiliger wird, dann ist das in Spanien bzw. Galizien ganz anders. Wir sind jetzt mitten in den Schulsommerferien und stellen uns vor, dass sich nicht nur die Wirtschaftsvertreter etwas ausgedacht hatten, um den Konsum auch in der Ferienzeit wieder etwas anzukurbeln, sondern vor allem auch die Eltern nach Entlastung suchten. Kurz – in Cedeira ist Mariä Himmelfahrt ein Fest für Kinder. Ein Jahrmarkt mit vielen farbigen Ramschbuden, Popcorn, Zuckerwatte, Karussells, Butschautos und einer Go-Kart-Bahn (vor der meine beiden Jungs nun doch etwas länger stehen bleiben als vor allen anderen Buden… 😉). Staunend ziehen wir nach unserem Spaziergang zum Leuchtturm durch die Jahrmarkt-Gassen. Vielleicht spielt Marias Position als Mutter in der hiesigen Interpretation dieses Feiertags eine Rolle? (So quasi als Patronin all der gestressten Mütter, die in den langen Ferien eine Ablenkung für ihre Kinder suchen?)
Am Bank Holiday Monday, d.h. am wirklichen Feiertag, dem 15.8., wird anscheinend meistens zuhause gefeiert und gegessen. Auf unserer Suche nach ein paar Tapas landen wir in der Schlange fürs Kilowatio. Wir kennen diese Tapas-Bar noch von 2019 und stellen uns kurz entschlossen ebenfalls an für unsere ersten Tapa-Portionen von Raxo, Croquetas und anderem. Wenn die Spanier hier Schlange stehen, dann ist das sicher ein gutes Zeichen, und so ist es dann auch – wir geniessen unser Ankommen auch kulinarisch.
Am Mittag hatte es schon einen ersten Vorgeschmack von einem Teil der Darbietungen für die Erwachsenen gegeben: plötzlich hatte es geknallt und geblitzt und gedonnert am Strand. Nicht etwa nur zwei-drei Böller, die ja auch zum Jahrmarkt gehören könnten, sondern doch zwei-drei Minuten lang.
Wir sind überzeugt, dass dem Feuerwerks-Verantwortlichen ein Malheur passiert ist und erwarten abends beim offiziellen Feuerwerk dann nicht mehr viel. Aber weit gefehlt! Wie im vom Tourist Office erstandenen «Matchprogramm» der Woche angekündigt geht es um Mitternacht pünktlich los. Und hört gefühlt fast nicht mehr auf. Vom Cockpit aus haben wir perfekte Sicht auf die unzähligen farbigen Kugeln, Kreise, Ellipsen, Smileys und Fantasiegebilde. Fast zwanzig Minuten lang dauert die Darbietung. Wir fragen uns, ob man hier Maria vielleicht noch ein wenig nachhelfen wollte bei ihrer Himmelfahrt? Und ob man in Cedeira gerade den gesamten Feuerwerkskörper-Bestand Galiziens verpulvert hat?
Am Dienstag, 16. August bläst noch immer ein West- und Südwestwind, der die Fahrt nach A Coruña, die wir eigentlich vorhaben, ziemlich ungemütlich machen könnte. Zudem prasselt morgens auch noch immer der Regen aufs Deck. Ach so, ja, das Spanien-Hoch ist momentan ja gerade in der Schweiz zu Besuch. Wir erinnern uns wieder an den Vergleich mit Süd-England im Yachting Pilot, und auch an die Statistiken mit den meisten Regentagen Spaniens in Galizien.
Wir haben Zeit und bleiben nochmals einen Tag hier am Anker in der Bucht. Gespannt warten wir auf die «procesión de navires», die heute um Mittag mit den Fischerbooten im Hafen starten soll und dann der Küste entlang führt. Aber es regnet und windet ziemlich stark. Die Galizier lösen das Problem auf pragmatische Art: mittags tönen von allen – übrigens schön über die Toppen beflaggten – Schiffen die Nebelhörner. Und damit hat sichs dann auch… 🙂
Am Nachmittag wird es trockener (wenigstens von oben) und so steigen wir wieder in unser Dinghi, um unsere Beine (und die diversen Schrittzähler) nochmals zu aktivieren. Wir besuchen den festlich geschmückten Friedhof und staunen über die Familiengräber-Wände. Zudem fallen uns die hohen Altersangaben auf, die hier vorherrschen. Unsere Recherchen hatten schon ergeben, dass Spanien einen für Europa hohen Altersdurchschnitt aufweist. Galizien trägt dazu wohl einiges bei.
Es wird ein langer Spaziergang durch den dichten Eukalyptuswald zum kleinen Leuchtturm, dann zur Surfer-Bucht um die Ecke und schliesslich wieder zurück nach Cedeira von der anderen Seite her. Hier im Windschutz ist die Landschaft lieblicher, die Temperatur feucht-wärmer und in den Gärten (mit ihren traditionellen Speicherhäuschen) tragen die Obstbäume massenweise reife und fast reife Früchte; Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Orangen, Zitronen, Aprikosen, Feigen… eine Augenweide.
In Cedeira warten wir in zwei Bars bei Cervejas, einer Empanada aus dem Supermarkt und dann bei Kaffee und Sangría (bzw. Vino de Verano) die heftigeren Regenschauer ab, dann geht’s zum Dinghi zurück. Oje, wie kommen wir da bei dem starken Wind einigermassen trocken zu sea magiX zurück? Der Skipper fährt alleine im Windschutz der Mole ins Luv; Paddy und ich gehen zu Fuss da hin und anschliessend geht’s per Dinghi im Downwind-Kurs zum grossen Boot zurück. Alles perfekt bis zum Moment des Ankommens und Aussteigens – erst da wird’s nass im Boot, aber auch das schaffen wir ohne unfreiwilliges Bad im kalten Meer.
Wir haben die zwei Tage in Cedeira voll ausgekostet und uns besonders über die Begrüssung per Feuerwerk gefreut, aber morgen wollen wir weiter ziehen – A Coruña ruft. Und: ab morgen soll das Wetter wieder sonniger werden, mit Nord- statt Südwestwind.