Während Pico die dunkle Insel genannt wird, bezeichnet man Faial oft als die blaue Insel wegen der vielen Hortensien. Diesen Titel haben wir intern aber schon an Santa Maria vergeben. Dort waren die Hortensien schon in voller Blüte, als wir ankamen und auf Faial begann sie erst. Was in unserem Erleben Faial am meisten prägt, ist einerseits der unter Seglern berühmte Hafen Horta und andererseits die bei klarem Wetter umwerfende Aussicht auf die Nachbarinsel Pico mit dem gleichnamigen 2500m-Berg. Natürlich hat Faial noch einiges anderes zu bieten; zum Beispiel die Wüstenregion von Capelinhos, die im Vulkanausbruch von 1958 entstanden ist, oder die smaragdgrüne Caldeira im Landesinneren, oder all die schönen Miradouros, oder auch das familiäre winzige Meerbad bei Ribeirinha. Und doch – immer wieder wandert der Blick hinüber zum Pico, um zu sehen, in welchen Wolkenkragen er sich gerade hüllt. So ist eigentlich die Nachbarinsel für uns das eine bestimmende Element von Faial. (Und das andere wie gesagt das Seglermekka Horta.)
Mit Ruth und Kurt hatten wir eine schöne Wanderung an der Ostseite der Insel gemacht. Dort verursachte das heftige Erdbeben von 1998 so schwere Schäden, dass viele Gebäude unbewohnbar wurden und einmal mehr viele Bewohner der Insel in die USA oder Kanada auswanderten. Stumme Zeugen jener schieren Kraft sind heute noch die Kirche von Ribeirinha und der langsam zerfallende Leuchtturm.
Die Wanderung führte durch einen schattigen, dichten «Feenwald» (mit einigen Kobolden) und über saftige Weiden mit noch nicht ganz erblühten Hortensienhecken via den verfallenden Leuchtturm wieder hinunter ans Wasser zum kleinen, aber wie überall gut mit Garderobe, WC und Dusche ausgerüsteten Meerbad.
Diesmal hatten wir unsere Badesachen nicht dabei. So zogen wir wieder hinauf zum Treffpunkt mit unserem Taxi bei der Bar von der Casa do Povo, wo die Pickups seit dem Morgen davor standen und die lokalen Musiker für ihre Auftritte an der Festa de Sao Joao vom Abend ihre Stimmen ölten. Fröhlich auch der kleine Hund, der gemeinsam mit seinem Herrchen und dessen Tochter auf der Vespa hingeführt worden war – mit eigenem Töffhelm, während die Tochter keinen hatte… Entspannt, halt!
Als alle Wetterberichte Sonne pur anzeigten, mieteten der Skipper und ich wieder einen Scooter und machten wie schon auf Santa Maria unsere Inselrundfahrt mit vielen Abstechern entlang der schönen, teils sehr zerklüfteten Küste.
Auch zur Caldeira hinauf ging es, von wo aus der Blick auf Pico besonders schön ist. Innen drin herrscht leuchtendes Grün in allen Schattierungen. Hinunter steigen dürfte man nur mit einem speziell ausgebildeten Guide. Es ist ein besonders geschütztes Naturschutzgebiet.
Die Wanderung drum herum sparten wir uns – lieber nutzten wir die Zeit, um nochmals nach Ribeirinha zu fahren. Diesmal hatten wir die Badesachen dabei. Aber der starke Schwell sorgte für wenig entspanntes Schwimmen. Trotzdem – schön, mal wieder im kühlen Meerwasser zu schwelgen!
Auch Capelinhos hat uns beeindruckt. Vor 65 Jahren brach hier an der Westseite von Faial ein Vulkan aus, der die Häuser unter einer meterdicken Ascheschicht begrub und eine neue Landzunge entstehen liess, so dass der Leuchtturm heute viel zu weit inland steht. In all den Jahren hat sich erst ganz wenig Vegetation neu angesiedelt. Braunroter, trockener Sand und schwarze Lava in bizarren Formen prägen das Bild.
Das Städtchen Horta erstreckt sich entlang der grossen Bucht mit einerseits der Marina und andererseits dem Fährhafen. Viele der Häuser haben schön verzierte Balkone. Viele Strassen sind gepflastert und weil gerade die Strandpromenade erneuert wird, können wir auch zusehen, wie die Mosaike in Holzrahmen und mit sehr viel Handarbeit gelegt werden. Wie auf allen anderen Inseln gibt es viele aufgegebene Geschäfte und zerfallende Gebäude. Aber auch viel Leben und äusserst hilfsbereite Menschen in den Läden, die äusserlich oft kaum als solche erkennbar sind. Gelegentlich fragte ich mich, ob wir nun gerade in jemandes Vorzimmer stolperten, oder doch im gewünschten Haushaltsladen gelandet waren.
Natürlich gehörte in Horta auch der Besuch des Kultrestaurants «Peter Café Sport» dazu. Der Gin Tonic dort ist berühmt, denn der Gin dazu wird selbst hergestellt. Mit unseren bretonischen Freunden von der Lucky Rabbit genossen wir dort einen gemütlichen Apero-Abend (an dem zu des Skippers Freude auch viel Englisch gesprochen wurde) und wie schon erwähnt ein paar Tage später dann auch unser Hochzeitstag-Essen. Die Beiz hat ein eigenes System entwickelt, um mit dem starken Besucherstrom zurecht zu kommen: wer einen Tisch möchte, schreibt sich auf der Warteliste ein und wird dann aufgerufen, sobald einer frei ist. Wir waren an fünfter Stelle und hatten unseren Vinho Verde – Apero noch nicht fertig getrunken, als wir unser Tischchen im Café bekamen. Sehr effizient!
Das spezielle Flair von Horta kommt aber eindeutig von der bunten Mischung von Seglern aller Nationen, die sich hier versammeln. Es sind viele Holländer, Franzosen, Amerikaner, einige Engländer, Deutsche, Belgier oder Schweden und auch einzelne Schweizer. Wem immer man hier begegnet; man kann mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass dies entweder Segler sind oder sonst Wanderer. Also Menschen, die gerne draussen in der Natur unterwegs sind und ihren Luxus in der Verfügbarkeit von Zeit, schönen Momenten und guten Gesprächen finden. Und sich ab und zu als Tüpfchen auf dem i noch ein exzellentes, selbst gemachtes frisches Glacé vom Café Atlántico leisten.
Je länger wir auf diesen wunderschönen Azoreninseln unterwegs sind, desto klarer wird uns eines: we will return again – soon.