Beschaulichkeit auf Cape Clear Island

«Egal wo wir in SW-Irland noch hin gehen – Clear Island besuchen wir diesmal in jedem Fall!» So ertönte es vom Skipper schon vor mehreren Tagen irgendwo in der Bantry Bay. Und somit war klar, wohin uns der Genacker am Dienstag, 11.8., tragen sollte, nachdem wir von der schönen Dunboy Bay bei Bear Haven kommend zuerst den Dunmore und dann den berühmten Mizen Head rundeten. Der Kurs passte: Clear Island lag an.

Als Bänz uns erklärt, dass er vor 30 Jahren einen Törnbericht über diese Insel mit ihrem winzigen Hafen auf der Nordseite gelesen und es seither nie mit Wind, Wetter oder Route gepasst habe, sind wir schon nicht mehr ganz so sicher, wie dieses Abenteuer denn jetzt herauskommen würde. Aber Wind und Wetter passen ja diesmal und wenn es uns nicht gefällt, ist es nicht sehr weit bis zur nächsten Ankermöglichkeit. Während wir den Genni bergen können wir beobachten, wie eine kleine Segeljacht in den Einschnitt hinein motort, den wir als North Harbour ausgemacht haben. Ok, es ist also wirklich da bei diesen Felsen – der Einschnitt ist bei diesem Nachmittagslicht nicht ganz so klar erkennbar. Man solle 50m Abstand zum Felsen auf der linken Seite halten und danach auf die North Pier zu halten. Mit den 50m Abstand bleibt rechts nicht mehr sehr viel übrig…

Hinter der North Pier kommt das Heck einer Island Ferry zum Vorschein – und gleich davor, ganz scharf rechts geht’s zwischen zwei grossen Sturmtoren in die Hafeneinfahrt hinein. Ein grösseres Schiff könnte evtl. mit dem Radius hier schon ein Problem haben.

Spätestens dann aber im Hafen drin: der ist zu unserer Überraschung nämlich platschvoll. Für Nordseewoche-erprobte Crews ist es kein Thema, als viertes Boot im Päckchen zu liegen, nur bleibt dann noch eine knappe Bootsbreite übrig für die kleinen Fischerbötchen, die da vielleicht noch vorbei in den inneren, seichten Hafen möchten. Bänz hängt mal einen Fender auf diese Seite raus und wir hoffen alle darauf, dass jetzt am Abend bei Annäherung zum Niedrigwasser keiner mehr da hinein will. Ansonsten war da immer noch das gegenüberliegende Boot am Liegeplatz «no berthing». Wir setzen darauf, dass dieses mit Priorität hätte weichen müssen.

Beim Abendspaziergang erfahren wir dann von einem local Expert, dass wir gerade in der «busiest week of the year» seien, mit 70-Boot-Regatten im nahe gelegenen Schull (ausgesprochen wie ein Schädel «skull») und weiteren Veranstaltungen im ebenfalls nahen Baltimore. Da sind wohl ein paar Segler vor dem Rummel hierher ins beschauliche Cape Clear geflohen – nur um hier ihren eigenen Rummel zu erleben. Am Strand spielen die Kinder im und auf dem Wasser und am Land sitzen ihre Eltern an den Pub-Bänken und geniessen die Abendsonne.

Wir sparen uns den empfohlenen etwas längeren Spaziergang (unser local expert erzählt zuerst etwas von 40 Minuten, wird dann aber durch des Skippers Nachfragen doch etwas vorsichtiger und korrigiert auf 60) auf den Hügel mit Aussicht nach Baltimore für morgen auf und gehen nur den kürzeren Weg hinüber zum South Harbour. Auch hier – uns wunderts nicht mehr so – liegen doch einige Jachten in der nicht sehr grossen Bucht.

Am nächsten Tag möchte unser Päckchen-Nachbar etwa um Mittag los; so bleibt uns noch etwas Zeit für den Spaziergang, der wohl eher bei 90 Minuten einzuordnen wäre und für uns etwa 2 Stunden dauert, weil wir eine Zusatzschleife zur Turmruine einbauen und dabei diverse dichte Brombeerhecken, stachelige Ginster-Böschungen und trügerisch weiche Heidekrautkissen zu überwinden haben. Die Insel ist tatsächlich (bei diesem Wetter) wunderschön und der Ausblick von oben auf den berühmten Fastnet Rock einerseits und nach Baltimore bzw. in die heute still daliegende Roaring Water Bay andererseits absolut lohnenswert.

Hinter dem kleinen Coop können wir danach für 2€ sogar noch warm duschen und erfahren gleich auch noch einen weiteren Teil der Lösung des Rätsels des so vollen Hafens: nein, es werden trotz perfekter Versorgung mit Wasser und Strom am Steg keine Gebühren verlangt. Das erklärt wohl auch, warum die beiden grossen inneren Boote in unserem Päckchen still und verlassen da liegen; die sind wohl einfach hier parkiert bis ihre Eigner wieder Zeit für sie haben… schade in einem so winzigen Hafen!

Mit schönen Bildern und Eindrücken von Cape Clear Island geht’s am Mittag dann los (unsere Nachbarn kommen erst gerade zu ihrem Boot als wir schon losgelegt haben; sind wohl Schweizer Pünktlichkeit nicht gewöhnt 😉); zuerst zum Fastnet Rock (siehe das «Fastnet Special») und dann mit einer Sightseeing Tour durch Baltimore unter Volltuch weiter zum Barlogue Creek Harbour.

Eine winzige Bucht, die eigentlich schon voll ist mit zwei anderen Segeljachten als wir ankommen, aber die beiden Segler sind gerade im Begriff, den Ort für den Abend zu verlassen.

Der Ankertrunk wird diesmal ausnahmsweise in einen Sack und ins schnell aufgeblasene Dinghi gepackt, dann geht’s noch «just in time» mit dem letzten leicht auflaufenden Wasser «hinauf» durch eine kleine Enge in den See hinter der Bucht. Mitten auf dem Wasser geniessen wir dann unser Apero-Picknick (die schönen Plätze an Land waren meist von Campern belegt), bevor es über die inzwischen durch das ablaufende Wasser entstandene Stromschnelle wieder in die Bucht zurück geht. Hier wäre wohl eine GoPro oder sonst eine Action-Videokamera die passendere fotographische Ausrüstung und dann hätten wir vielleicht auch noch etwas später hinunter fahren können. So aber bin ich froh, dass wir trockenen Fusses bzw. Kameras hinunterrutschen konnten.

Das dominierende Thema am wunderschön ruhigen (fast?) Vollmondabend ist dann die Frage, ob wir morgen für den grossen Abschnitt über die Biskaya starten sollen oder nicht. Die Entscheidung wird auf morgen vertagt – wie schon so oft – in der Hoffnung, dass sich bis dann das Wetter klarer (oder passender für unseren Kurs) zeigt. Mir wei luege…