Ich sitze im Cockpit, die zerzausten Überreste meiner Fönfrisur von gestern spiegeln sich im Laptopbildschirm, von steuerbord wummert die Disco-Bar vom Strand, backbord klappern die Fallen eines Ankernachbarn und von unten mischen sich die Düfte des leise köchelnden Gemüsecurrys mit den Geräuschen des Skippers auf der Fehlersuche bei Reparatur Nr. 2 des Abends. Ein heimeliges Gefühl stellt sich ein – wir sind glaube ich heute soeben angekommen in unserer Reise. Oder eben eingeschüttelt worden. «Shaken, not stirred, please», kann man wohl für die heutigen 35SM über Grund aber ca. 45 durchs Wasser sagen. Wir liegen jetzt in Portimao, die Sonne scheint um 19.25h noch immer vom knallblauen Himmel und ca. 10kn Wind halten unseren Bug schön auf die Wellchen gerichtet, die zwischen den Hafenmolen hereinspazieren. Wenn der Wind wie angekündigt heute Abend einschläft, wird sich das Boot drehen und wahrscheinlich quer zu den Wellen hin und her gerollt. Uns stört das normalerweise nicht – wiegen statt schütteln ist uns in jedem Fall lieber.
Aber der Reihe nach, schliesslich sind schon wieder ein paar Tage vergangen seit dem letzten Eintrag hier. Heute ist Freitag, der 26. Mai. Vorgestern Mittwoch reiste ich problemlos nach Faro und konnte am Nachmittag auf ein piekfein geputztes und poliertes Schiff steigen und die Crew komplettieren. Am Donnerstag hiess es ausschlafen, ein wenig einkaufen im uns weiterhin sehr sympathischen Olhao und nach der letzten Dusche (mit Fönfrisur) gings um Mittag dann los hinaus in die Lagune zum Ankerplatz vor Culatra. Aaaaah, Wasser, Sonne, Wind, so schön! Den Anker zogen wir mit Vollgas fest, und trotzdem blieb ein Rest von Misstrauen nach der schlechten Erfahrung vom letzten Sommer, als er genau hier nicht gehalten hatte.
Am nächsten Morgen gings dann rechtzeitig trotz Windstille los, um nah bei der Tidenkenterung von 08h kurz nach Hochwasser am Lagunenausgang zu sein. Es ist sehr beeindruckend, mit welcher Kraft die Wassermassen, die vorher die ganze Lagune gefüllt hatten, jetzt wieder durch das kleine Loch hinausströmen. Wie üblich sind hier auch einige kleine Fischerboote versammelt – in dem strömenden Wasser, bzw. den Wirbeln und Neerströmen, tummeln sich wohl viele feine Fische.
Draussen dreht die Morgenbrise gerade von gemütlichen 3 Bft auf stramme 4 Bft auf und kommt ziemlich genau von dort, wo wir hinwollen. Kombiniert mit den kurzen Stopperwellen gibt das bald eine anstrengende Rumpelfahrt. Aber sea magiX legt sich mit Freude ins Zeug, stürmt durch die Wellen, schüttelt sich ab und zu wenn sie aufgestoppt wird und zieht gleich wieder los. Ihre Crew sitzt auf der hohen Kante, weiht die neue leichte Oelzeugjacke ein oder lässt den auszusteuernden Windstoppfasi nassspritzen und freut sich über den blauen Himmel und die frische Luft.
Nur die Toilette findet das Geschüttel wirklich nicht lustig und tut das auf ihre sehr deutliche Weise kund… Während wir nichtsahnend auf der Kante sitzen und unser Gewicht zum Tragen bringen, entleert sie sich verkehrt herum durch die WC-Schüssel ins Schiff… so eine Sch…! Zum Glück ist auf sea magiX der ganze Toilettenraum gleich wie eine Duschkabine gebaut. Das hat eine gleichmässige Verteilung der Bescherung im ganzen Schiff verhindert. Wer schon mal bei viel Krängung und Schütteln kopfüber literweise unangenehme Dinge geputzt hat, kann sich vorstellen, was für Kommentare jetzt hier notiert werden könnten. Vor allem, als nach dem Ankern hier in Portimao klar wurde, dass ich nur Symptombekämpfung betrieben hatte: das genau gleiche Bild begrüsste mich wenige Stunden später schon wieder, nur diesmal auf ebenem Kiel und im ruhigen Wasser… Fotos ersparen wir uns davon – das kann sich jeder selbst denken wenn er das Foto des geputzten Raums sieht.
Dafür ist die Toilette jetzt wirklich super sauber und die Dringlichkeit der Ursachenbekämpfung wurde äusserst deutlich. Nicht unerwarteterweise fand sich im schier unerschöpflichen Fundus von Ersatzteilen das gesuchte Lippenventil und der Skipper konnte Reparatur Nr. 1 des Abends zügig erledigen. Hoffen wir, dass die Toilette ab jetzt wieder dichthält.
Reparatur Nr. 2 erwies sich als etwas weniger offensichtlich: Gisela, unsere Wassergeneratorin, hatte beim Test nur kurz gemeldet «Error 12V/24V» und danach geschwiegen, und auch nicht das kleinste Ampèrechen geliefert. Die Spurensuche entlang den diversen Verbindungskabeln ergab keine eindeutigen Hinweise. Auch hier griff der Skipper dann in den schon erwähnten Fundus in der Rumpelkammer-Koje und baute den Ersatz-Controller ein. Wir konnten Gisela seither noch nicht testen (der Trockentest, bei dem ich im Cockpit wie wild am Propeller drehte, war nicht schlüssig – man sagt, ich sei zu langsam gewesen… 😉). Hoffen wir, dass dies tatsächlich die Lösung ist. Und hoffen wir, dass wir nicht nochmals einen neuen Controller benötigen… da wären wir jetzt ausgeschossen. Siehe da, das Ersatzteillager ist ja doch begrenzt.
Das Gefühl stellt sich deutlich ein: Boot und Crew sind an diesem Tag richtig eingeschüttelt worden. Das Rigg konnte sich «einfideln», die Crew ebenfalls, erste Reparaturen fanden statt. Angekommen!