Wie erwartet war es sehr schwachwindig, um nicht zu sagen windstill am Morgen. Der wurde deshalb mit Ausschlafen, diversen Büroarbeiten und dem weiteren Erledigen von Schiffspendenzen verbracht; der Skipper nahm die Einrichtung der Fernbedienung für den Anker in Angriff. Das war seit mehreren Wochen aus unerfindlichen Gründen ein Pièce de Résistance auf der To-Do-Liste gewesen und immer wieder hinter andere Dinge gerutscht.
Erstaunlicherweise klappte aber der Einbau der Elektrik und die Einrichtung elektronisch recht zügig. Wir wurden uns sogar innert nützlicher Frist einig über die Pfeilrichtungen und ihre Bedeutung (ist nun der nach oben gerichtete Pfeil für „Anker auf“ oder für „Anker raus“ zu wählen?). Gegen Mittag hatten wir also auch schon eine eingerichtete Anker-Fernbedienung, so dass es fortan vom Steuer aus möglich wäre, den Anker zu heben oder zu setzen, was vor allem für die Zeiten wichtig ist, in welchen Bänz alleine unterwegs sein wird. Was wir noch immer nicht hatten, war Wind.
Ausnahmsweise hatte sich sogar unser Wunder-Wetterprogramm getäuscht und mehr versprochen, als dann wirklich kam. So beschlossen wir kurzerhand, einen Büsum-Besuch dem Motoren nach Helgoland vorzuziehen.
Wir liehen zwei der vom Segelverein freundlicherweise gratis zu Verfügung gestellten Fahrräder. Ihr Zustand war deutlich mitgenommener als andere, aber sie hatten genug Luft und auch mindestens jeweils eine der Bremsen funktionierte ebenso.
Büsum und Borkum sind sich sehr ähnlich. Hinter den Deichen versteckte Häuschen, von denen mindestens jedes zweite als Ferienwohnung vermietet wird, oder eine Pension ist, oder gleich ein Hotel. Unzählige Touristenläden, Kleiderboutiques, Cafés und Restaurants, und genau wie in Borkum auch viele Kliniken, Physiotherapien und medizinische Zentren für die in grosser Zahl anwesenden Senioren. Alles sehr gepflegt und aufgeräumt und mit einer Fussgängerzone, die zu umfahren auch für Fahrräder recht komplex wurde. Was mich dann doch etwas überraschte war, dass man anscheinend für den Aufenthalt am Deich zum Meer hin ebenso eine Tagesgästekarte zahlen muss, wie für die Nutzung des Strandes – nicht nur für die Strandkörbe. Für uns war das jedoch sowieso viel zu heiss, und den Anblick auf das spiegelglatte Meer brauchten wir auch nicht. Wir suchten uns eine kleine Eisbar am Rückweg, etwas abseits der Massen, und kamen rechtzeitig zurück zum Hafen, um noch mit einem Bootsnachbarn kurz sprechen zu können, dessen Mast auf seiner Bavaria fehlte. Ich hatte mir schon alle möglichen Szenarien ausgedacht, wie das hatte passieren können, aber die tatsächliche Erklärung war nicht dabei: sie waren am Donnerstag bei dem Gewitter, das uns kurz vor Bremerhaven erwischt hatte, nach Büsum ins Städtchen gegangen, um etwas zu essen und hatten ihr Boot da vertäut, wo es jetzt noch lag. Und als sie zurück kamen, lag der Mast unten. Die Gewitterböen waren hier in Nordfriesland wohl schon deutlich heftiger als jene, die uns durchgepfiffen hatten, aber trotzdem – wenn ich mir das Gespräch mit der Versicherung vorstelle… Nun, für uns war einmal mehr klar, wie viel Glück wir dort vor Bremerhaven gehabt hatten. Das hätte wohl deutlich heftiger sein können.
Abends wurde dann – zum Leidwesen des Koch-Timings – noch ein weiteres Projekt in Angriff genommen: Bänz schliff und polierte den Rost des Kochherds ab und brachte die beiden Brenner auf Vordermann. Der Rost alleine kostet nämlich als Ersatzteil mehr als einen Drittel des ganzen Herds, aber der war wirklich sehr rostig und die Brenner russten stark. Mit dieser Behandlung hatte die Smutje sehr viel kostengünstiger quasi einen neuen Herd. Ein weiterer Punkt auf der Pendenzenliste konnte somit abgestrichen werden.