Die Nacht in Port Ramsay war ganz ruhig – zu ruhig eigentlich, denn auch am Morgen gibt es keinen Wind. Wir motoren bis zur Ecke von Mull und machen dort in Craignure mal fest an einer Visitors Mooring für den Znüni-Halt. Und siehe da – weniger als eine Stunde später können wir von der Boje gleich weg-segeln; der Wind ist gekommen.
Im glatten Wasser geht es den Sound of Mull entlang hinauf. Wir sind erstaunt über die ungewohnt vielen anderen Segelboote; da hat sich seit unseren letzten Besuchen in dieser Gegend viel geändert. Früher reagierten wir mit Neugier auf das eine andere Segelboot, das wir vielleicht in einem Tag gesehen hatten. Heute müssen wir schon schauen, ob sie die Kollisionsverhütungsregeln kennen (ein grosser Holländer kennt sie offensichtlich nicht und zwingt uns freundlich winkend und stur geradeaus-motorend zu einer Not-Wende).
In Tobermory gibt’s unter Segel eine kurze Hafenrundfahrt; die Bucht wirkt irgendwie kleiner als früher, mit heute voller Marina und noch einigen Ankerliegern. Wir haben keine Lust auf Marina und viele Boote und segeln weiter ins Loch Sunart und dort in die Drumbuie Bay (das schreibt sich original anders, aber ich will mir ja nicht die Finger verstauchen beim Tippen). Auch da liegen schon drei andere Segelboote und es kommen noch einige weitere Yachten hinzu im Verlauf des Abends, aber hier ist sehr viel Platz und wirklich grosser Frieden. Unser Anker will ungewöhnlicherweise erst im zweiten Anlauf halten und so gibt’s nebst den 35m Kette noch ca. 20m Leine, so dass sea magiX in den starken Böen des Abends dann wild tanzt. So kommt uns auch keiner zu nah – und wir sind ganz sicher, dass er so hält.
Der Nachmittag wird unter der Regenblache mit Winschen-Revidieren verbracht durch die einen. Und eigentlich mit Schreiben durch die anderen. Aber hier ist einer der Orte ohne Internet-Abdeckung. Und so gibt’s nicht nur ein wenig Schreiben sondern auch ein Nickerchen während der Schottische Sommer aufs Deck über mir tropft. Aaaaaah, Luxus!
Eigentlich wollten wir am Dienstagmorgen um 06h schon los, um genug mitlaufenden Strom im Sound of Mull zu haben. Aber wir wachen erst um 06.15h auf… auch das ein Zeichen, dass das eine gute Nacht war, trotz viel Wind und Fallböen, die an der Regenblache zerrten und rüttelten. Wir haben volles Vertrauen in unseren Anker.
Im Verlauf des Morgens klart sich der Himmel auf und es folgen wieder einige wunderschöne Stunden (natürlich Am-Wind…) Segeln, an Schlössern, Türmen, spannenden Felsformationen und viel grüner Küste vorbei, so dass wir uns auch überlegen, ganz ans Südwestende von Mull zum Tinker’s Hole zu kreuzen. Aber die Tide würde zu früh drehen und gegen den Strom und den Wind segeln macht einfach keinen Spass; auch nicht, wenn die Sonne scheint.
Die Temperaturen sind weiterhin tief – ein Zustand, den sich die unter Hitzewellen stöhnenden Menschen zuhause gar nicht vorstellen können. Ich trage weiterhin meine zwei bis drei Schichten Icebreaker-Merinowolle unter dem winddichten Fasi und dem schweren Oelzeug, und schaue jeweils, dass ich die Sonnenbrille über der Kappe trage, damit der kalte Wind nicht am Bügel entlang doch noch zu den Ohren dringt…
Der Strom passt gerade, so dass wir an den Garvellachs vorbei durch die berühmt-berüchtigte Corryvreckan-Passage segeln können. Tom, der noch unter einem kleinen Pentland-Firth-Trauma leidet, ist zufällig wieder am Steuer. Gespannt schauen wir, was mit uns passiert, als wir allmählich auf die dicke Stromlinie gelangen. Aber wir sind – für gewisse Speed-Freaks an Bord – «zu früh» dran; das Wasser rundum köchelt zwar ein wenig, am Ufer gurgelt und schäumt es, und die wie üblich in der Mitte neckisch zum Hängenbleiben gesetzte Lobster-Pot-Boje zieht es ziemlich unters Wasser, aber unser Speed over Ground kommt nicht über 9 Knoten… fast schon ein wenig enttäuschend! 😉 Und vielleicht ist Toms Trauma jetzt ein wenig verarbeitet. Naja, wir möchten es trotzdem hier nicht bei Strom gegen Wind versuchen; dann passen die dramatischen Beschreibungen im «Keltischen Ring» (Quasi Pflichtlektüre für alle Fans der Hebriden) sicher besser mit Wasserfontänen bis zur Saling und so.
Wieder im ruhigen Wasser des Sound of Jura geht es weiter südwärts, hier nun wieder mit sehr böigem Wind bis zur Lagg Bay auf Jura, wo einmal mehr der Anker so gut greift, dass wir einen Ausfallschritt machen. Wir sind ganz alleine; im Mini-Hafen hängt ein Motorboot, und das eine Haus in der Bucht sieht nur teilweise bewohnt aus. Grüne Wiesen und grüner Wald, ein Bächlein, das hinter uns ins Meer plätschert, die Sonne, die auf der anderen Seite des Sounds das Ufer beleuchtet, und immer wieder das Rauschen der Böen auf dem Wasser – wiedereinmal Friede pur.
Am Mittwoch, 13.7. sind wir schon gar nicht mehr überrascht, dass es morgens nicht regnet. Allmählich gewöhnen wir uns an dieses schönere Wetter hier. Wieder geht es früh los, um den südwärts laufenden Strom mitzunehmen. Die Paps of Jura setzen sich wunderbar gegen einige Cumuli in Szene, dann nähern wir uns Islay, der Insel der 7 Distillerien (Ardbeg, Bowmore, Bruichladdich, Bunnahabhain, Caol Ila, Lagavullin und Laphroaig sind diejenigen, die jeweils aufgezählt werden). Natürlich möchte der Skipper wieder ein Bild von sea magiX vor der Lagavullin-Distille, so wie schon eines von der Vorgängerin dieser Yacht existiert. Die Einfahrt ist aber sehr tricky und die Erinnerung an den Besuch mit der X-35 ist geprägt vom Geräusch von «Kiel an Felsen». Des Skippers Begeisterung für die Idee wird deshalb von seiner Crew nicht vorbehaltlos geteilt, zumal der Wind inzwischen auf 5 Bft zugenommen hat.
Einige Kabel vor den Felsen kommen die Segel runter und unter Motor tasten wir uns durch zwischen den Felsen, die hier in Schottland im dunklen Wasser leider nicht so leicht zu erkennen sind wie im türkisfarbenen der Karibik. Die Anweisungen sind jeweils klar: «halte auf das linke Haus dort zu», «jetzt weiter rechts auf die Ruine», «noch ein wenig mehr rechts», «ok, jetzt ein Schwenker um 90 Grad nach backbord», etc. etc. gaaaaaanz langsam (nicht so einfach bei 5 Bft) folgen wir genauestens den Anweisungen des Yachting Pilots… und doch – Tom hat schon den Rückwärtsgang eingelegt und ich rufe von vorne, dass ich hier die Felsen zu gut unter dem Schiff sehe, da setzt sea magiX wieder auf. Das unangenehme Geräusch von Blei (von der Kielbombe) an Fels hat uns wieder eingeholt. Aber da wir schon am Rückzieher sind, war es wirklich nur sehr sanft. Der Skipper macht im sehr engen Felsenkäfig eine Tellerwende, während ein Touristenboot netterweise wartet und dann nonchalant auf der gemäss Pilot falschen Seite direkt hineinfährt während wir enttäuscht aussen vor bleiben und zuschauen. Nun, dann gibt’s halt einfach den Distillerie-Besuch am Landweg…
In Port Ellen werden wir schon von Graham und Dianne von der Maunie erwartet und in einen freien Platz geleitet; das ist mal wieder super Service! Der Landgang kann bald folgen… (Aber vorher brauchts eine Dusche – ich traue mich nicht, die Kappe in der Öffentlichkeit auszuziehen. :-()