Am Samstag, 9.7. nehmen wir den dritten Anlauf für Neptune’s Staircase. Dabei fällt mir auf, dass wir Neptun gar nichts rechtes geopfert hatten. Vielleicht hilft es ja, wenn ich ihm sobald wir in freiem Wasser sind, mal einen dollen Schluck Lagavullin spendiere? Ich nehme es mir jedenfalls vor. Das könnte ja auch mit dem ständigen «Auf-die-Nase-Wind» helfen.
Gefühlt in Rekordzeit erreichen wir die unterste Kammer. Die Leinen sind jedenfalls meist noch nicht wirklich fest, da läuft das Wasser schon. Wir haben unsere beiden Schleusenwärter-Kumpels im Verdacht, mit diesen eingeübten Crews den Staircase-Rekord brechen zu wollen. Aber sie winken ab; der Schnellste war scheint’s mal in 55 Minuten durch: ein einzelnes Boot, das gar nie festmachte, sondern immer in der Mitte der Schleuse mit laufendem Motor sass und gleich zur nächsten fahren konnte wenn die Tore sich öffneten. Da haben wir natürlich keinen Stich dagegen mit unserem Einparkieren jedesmal. Dafür darf Oma tatsächlich die letzte Schleuse bedienen. Sie freut sich wie ein kleines Kind.
Locker geht’s aber trotzdem; teils fast zu locker und die eine Norweger-Yacht opfert eine Leine, als das noch ziemlich verschlafene Crewmember vor lauter Kaffeebecher halten die Leine dicht belegt und die 46 Fuss Yacht an der Klampe aufhängt. Der Platsch, als sie dann nach gerissener Leine herunterfällt, ist beachtlich.
Die Jubaluba lässt es krachen mit passender Musik (z.B. Bridge over Troubled Water 😉) und dann kommt der Moment, wo die Barriere für den Autoverkehr fällt, die Spannung ins Unermessliche steigt und alle den Atem anhalten. Sekunden verstreichen, dann eine Minute… und endlich – ohne grosses Aufhebens, Ruckeln oder Quietschen dreht sich die Brücke zur Seite. In der Schleusenkammer bricht spontaner Applaus und Gejubel aus – wir haben’s geschafft!
Den Nachmittag verbringen wir nicht etwa wie ich mir vorgestellt hatte bei einem langen Spaziergang, um mal wieder ein paar Schritte ohne Treppen zu sammeln, sondern per Bus N47 in Fort William. Eigentlich auf der Suche nach feinem frischem Brot im Lidl, aber wir lassen uns vorher zu lange von all den Outdoor-Läden und einem feinen Cappuccino zu stark verführen und kommen erst zum Lidl als dessen Brotgestelle abgesehen von einigen Süssigkeiten wie Apfeltaschen, etc., leer gekauft sind. Dafür habe ich eine schöne neue Softshell-Jacke…
Dann gibt es endlich die schon am Vortag erträumten Fish n Chips im Hog and Gruel Pub. Fort William nennt sich «the Outdoor Capital» und ist tatsächlich voll auf Outdoor-Aktivitäten ausgerichtet. Wir begegnen unzähligen Wanderern, Bergsteigern mit typisch britischem krebsrotem Sonnenbrand im Nacken (wie sich die wohl den geholt haben?) und Bikern. Hier kommt wohl jeder hin, um den Ben Nevis zu besteigen, der heute nur noch mit einer kleinen Dächlikappe aus Wolken bedeckt über dem Städtchen thronte.
Im Bus zurück erreicht uns Toms Nachricht, dass er angekommen ist. Der Crewwechsel steht an; Sandras zwei Wochen gehen schon zu Ende nach ca. 700SM, vielen spannenden Erlebnissen und viel Spass und Gelächter. Danke Sandra für die schöne Zeit!