Am Pilgerziel für Big Wave Surfer

(Quelle des Beitragsbilds: www.algarve.guide.pt)

Einmal mehr holte uns der Nebel auf der Fahrt von Aveiro nach Nazaré wieder ein. Es reichte gerade noch, um unsere Position ausserhalb von Aveiro in der Karte einzutragen, da war er auch schon da. Dick wie eh und je; gelegentlich hörten wir den einen oder anderen Fischer und ab und zu gabs ein AIS-Signal einer anderen Jacht, aber diesmal sahen wir sie nicht einmal, wenn sie weniger als 200m entfernt waren. Ein kleiner Vogel suchte kurz vor der Nebelwand Zuflucht bei uns und blieb uns lange treu. Ob er ebenfalls die Orientierungsschwierigkeiten im Nebel fürchtete? Wir bekräftigten unsere Erleichterung, dass die Instrumente trotz Update weiterhin funktionieren und hielten den Skipper erfolgreich davon ab, unterwegs den nächsten hochzuladen. Stattdessen bekam der Motor mal wieder ein wenig Aufmerksamkeit, wobei es da gewohnt gut aussah. Ein weiteres System, das nicht im Betrieb geändert werden sollte… Bänz hat inzwischen schon Ersatz für die nicht mehr kommunizierende «Übersetzungsbox» (den Sea Talk Converter) bestellt und wir hoffen, dass sie rechtzeitig in eine der Marinas bei Lissabon geliefert wird. Dadurch entsteht auch ein gewisses Bedürfnis an Planbarkeit, zusammen mit Paddys nahender Abreise. Auch er recherchiert inzwischen alle möglichen Verbindungen zum Flughafen von Lissabon ab den möglichen Orten, wo wir in den nächsten Tagen landen könnten.

Nazaré ist einer der möglichen Orte. Dort gibt’s einen der wenigen Häfen an dieser Küste, in den man bei (fast) allen Verhältnissen hinein- und hinausfahren kann, mit Marina und viel Tourismus. Denn Nazaré ist vor allem unter Wellensurfern besonders bekannt als der Ort mit Wellen in Weltrekord-Höhe, wie uns ja schon Antonio in Aveiro erzählt hatte. Die Bilder und Filme im Internet auf Youtube, z.B. vom diesjährigen Weltrekord-Ritt des Deutschen Sebastian Steudtner, sind sehr beeindruckend. Die Wellen entstehen hier, weil unter Wasser ein schmaler Canyon mit einem Höhenunterschied von fast 1000m aus der Tiefe bis ans Ufer aufsteigt. Die Tiefenlinien auf der Seekarte sind beeindruckend nah bei einander. Jeder Bergsteiger weiss, was ein solches Bild an Land heisst… Im von grosser Tiefe steil flacher werdenden Wasser türmen sich die Wellen auf und wenn gleichzeitig ein Herbststurm bläst und auch noch Strom gegen Wind kommt, können sie so haushoch werden. Ein Mekka für Big Wave Surfer und ein Albtraum für Segler.

Wir sind froh, nicht bei den für solche Wellen nötigen Verhältnissen hier anzukommen, sondern bei inzwischen wieder aufgeklartem, blauem Himmel, einem angenehmen, leicht segelbaren Wind von der Seite und goldenem Abendlicht.

Nazaré hat nicht nur diese Wellen und den darauf ausgerichteten Tourismus, sondern auch eine alte Standseilbahn, die den Ort am Wasser mit dem ursprünglichen alten Ort «O Sitio» mit seiner Wallfahrtskirche Santuario de Nossa Senhora da Nazaré auf dem Hügel verbindet. Da der Wind wie momentan fast jeden Tag erst auf den Nachmittag angesagt ist, nutzen wir den Morgen für ein wenig Sightseeing. Der weite Sandstrand ist gut organisiert eigenen Zelten, am Ufer werden Souvenirs en Masse angeboten, aber auch Bacalhão (an der Salzluft getrockneter Kabeljau), andere getrocknete Fische und Tintenfische, sowie Süssigkeiten und Fruchtsäfte.

Oben in «O Sitio» gibt es weniger Fisch und mehr gehäkelte Decken und gestrickte Pullis; wohl schon in Vorbereitung für die baldige Surfer-Hochsaison. Wir, bzw. die Herren, klettern auf den Aussichtspunkten herum, auf denen die «Wave Spotters» im Herbst dann stehen werden und für ihre Teams Ausschau nach der nächsten Monsterwelle halten, geniessen die Ausblicke auf schönes blaues Meer und hell-beigen Sandstrand und kehren dann rechtzeitig für die Abfahrt auf die Mittagszeit zu sea magiX zurück.

Mit einer leichten, aber günstigen Sea Breeze geht’s dann wieder der Küste entlang südwärts. Ab hier werden die endlosen, wunderschönen Sandstrände von gelegentlichen Felsabschnitten an der Küste unterbrochen. Einzige Abwechslung ist jedoch weiterhin ein gelegentliches kleines Ausweichmanöver, um Fischerfähnchen oder -Bojen zu umrunden. Ansonsten herrscht beschauliche Ruhe an Bord, während wir uns alle diverse Vorstufen von Sonnenbränden holen. Als sich abzeichnet, dass die Brise bis zu den Ilhas Berlengas gleich aussen an Peniche reichen könnte, wenden wir dorthin hinaus, denn Peniche ist im Yachting Pilot wenig anziehend beschrieben. Die Berlengas sind kleine Felsinseln mit einem alten Fort und Leuchtturm drauf, die etwa 5 SM vor Peniche aus dem tiefen Meer herausragen. Tagsüber tummeln sich dort massenweise Ausflugsboote, die an Bojen festgemacht werden, während sie auf die Rückkehr ihrer Passagiere von der Inselwanderung warten. Wir hoffen und rechnen damit, dass die Bojen abends bzw. nachts dann leer bleiben, wenn die Passagierschiffe ihre Kunden wieder an Land bringen und dort auf den nächsten Morgen mit neuen Kunden warten. Von der ersten Boje, die bei unserer Ankunft frei ist, werden wir verjagt. Aber an der nächsten, die wir uns schnappen, werden wir toleriert und so können wir zusehen, wie sich die Bucht unter dem Leuchtturm bis gegen 19h leert. Bald sind wir fast alleine in der Bucht und können die malerische Aussicht, den friedlichen Abend und später die sternklare Nacht voll geniessen, während sea magiX sich im leichten Schwell sanft hin und her wiegt.


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