Zumindest hier im Südwesten. Für heute sagt Met Éireann: “An anticyclone of 1030 hPa centred to the southwest of Ireland maintains a mostly moderate to fresh westerly or variable airflow over the country.” Ein Hoch mit 1030 hPa ist ziemlich beachtlich – und wir geniessen jede Minute davon… Ich sitze gerade am Montagmorgen, dem 8. August um kurz nach 07h im Cockpit und geniesse die Morgenstimmung – und trage nur einen einzigen Faserpelz im Moment. So schön! Und wenn ich die Bilderübersicht der letzten Woche ansehe, so wird sie kontinuierlich blauer. Auch das ein sehr erfreuliches Zeichen.
Heute vor einer Woche war Bank Holiday Monday, an dem es nochmals so richtig kachelte und morgens in Sturzbächen regnete, so dass ein Ire über seine wunderschönen Blumen im Vorgarten meinte «they got a real bashing». Auch am Dienstag folgte nochmals ein regnerischer Tag, aber seither wurde es täglich schöner, trockener und auch – juhui – wärmer.
Wir blieben auch am Mittwoch noch in Valentia, denn für unsere generell südliche bzw. südwestliche Richtung war der Wind ziemlich ungünstig und Valentia hat viele interessante Spaziergänge zu bieten mit den wunderschönen Fuchsien- und Firefly-Hecken, romantischen Ausblicken in kleine Buchten und der dramatischen Brandung beim Leuchtturm. Unsere Schrittzähler können nach Wochen des (fast-)Stillstands im wörtlichen Sinn mal wieder ein paar Erfolge feiern.
Donnerstagmorgen geht es los – nicht zu früh, um noch ein wenig Gezeitenhöhe zu haben – um an der Innenpier noch Wasser zu bunkern und dann über die Barre quasi durch den Hinterausgang nördlich von Beginish Island hinaus. Die Leading Line, die da bestehen sollte, finden wir bis zuletzt nicht, aber mit den eng platzierten Tonnen und dem Plotter gelingt es auch so, ohne Felsen oder Sand zu küssen.
Bei schönstem Wetter und ordentlich Nordwind rauschen wir auf Sightseeing Tour zwischen den Skelligs hindurch. Spitz und schroff ragen die beiden Felsen aus dem Wasser. Vor Great Skellig tummeln sich die Ausflugsboote und verdeutlichen den Grössenunterschied und die imposante, steile Felswand. Den Felsen als Insel zu bezeichnen erscheint mir etwas übertrieben. Aber angesichts der Höhe von mehr als 200m und rauhen Schroffheit passt auch die Verniedlichung «Inselchen» nicht wirklich. Hier haben Mönche vor Jahrhunderten ein Kloster gebaut und da oben (es sind 600 Stufen, sagt der Beschrieb) gelebt. Wie muss das wohl bei Sturm und im Winter gewesen sein? Beeindruckend!
Lieblicher geht es weiter in den Kenmare River und bald sind wir im Wellenschutz des Kaps, bzw. der dort vorgelagerten Inseln. Auch der Kenmare River ist eigentlich eine grosse Bucht und die Bezeichnung «Bay» wäre wohl passender. Man sagt, die Feudalherren von anno dazumal hätten darauf bestanden, die Bucht als River zu bezeichnen, um die Lachsfisch-Rechte möglichst weit hinaus für sich beanspruchen zu können. Clever…
Jedenfalls geniessen wir es, im Wellenschutz der Bucht im glatten Wasser bis Sneem zu segeln. Eine wunderschöne, rundum geschützte Bucht mit Verwinkelungen und auch 4 Visitors Moorings, von denen wir uns jene schnappen, die am weitesten in der Bucht liegt und somit am wenigsten im Gezeitenstrom in den kleinen Bach, der von der Ortschaft Sneem kommt. Sogleich wird das Dinghi aufgepumpt und gewassert und Bucht und Bach erforscht, bis uns die Zähne klappern.
Bei einer leichten Brise können wir am Freitagmorgen unter Segeln von der Boje los; seitdem wir täglich tatsächlich mehrere Stunden Sonne haben, können unsere Solarpanels die Batterien problemlos laden, auch wenn die Verbraucher wie z.B. der Kühlschrank normal laufen.
Wir haben unsere Abfahrt so ausgerichtet, dass wir im Dursey Sound noch mitlaufenden Strom haben sollten. Die schmale Durchfahrt zwischen Dursey Island und dem Festland spart ein paar SM holperiges Segeln aussen ums Kap, aber die Motivation für die Fahrt hier durch wird noch erhöht wegen des Adrenalinspiegels, der schnell steigt, wenn man sieht, dass man auf eine Seilbahn zu fährt. Nochmals schnell ein Kontrollblick in die Karte – ok, die Durchfahrtshöhe sollte auch für unseren Mast reichen. Aber diesmal sind wir etwas enttäuscht: die Seilbahn wird gerade abgebaut und erneuert und es hängt «nur» noch das Stromkabel über die Enge. Trotzdem – immer wieder spannend, diese Durchfahrten. Und faszinierend, wie sich die Landschaft mit dem glatten Wasser und den jetzt weicheren Hügeln gleich wieder verändert. Wir haben die grosse Bantry Bay erreicht.
Hier wollen wir auf Paddys Ankunft am Sonntagabend warten. Der Wind bleibt uns bis ans Ende der grossen Bucht treu und bläst uns nach Glengariff, einen wirklich schönen Touristen-Hotspot. Auch hier kommt sogleich das Dinghi zum Zug. Zur grossen Enttäuschung des Skippers versperrt uns irgendwann ein kleiner Wasserfall die Weiterfahrt und so können unsere Schrittzähler schon wieder aktiv werden. Wir spazieren im Touristen-Getümmel ein wenig umher (so viele Menschen in einem kleinen Ort wie diesem sind wir schon fast nicht mehr gewohnt), folgen dem sorgfältig angelegten Beach-Trail durch Rhododendronwälder und geniessen in der Sonne vor einem der vielen Pubs einen Pint.
Am Samstag habe ich in Bantry Town eine Verabredung: ich konnte bei «Catherine’s Style Options» einen Coiffeurtermin ergattern. Eigentlich wollte ich noch hier im englischsprachigen Raum gehen, weil ich mir dachte, ich könne mich dann etwas besser verständigen als auf Spanisch… Nun ja, einmal mehr wird mir die unterschiedliche Wahrnehmung bewusst. Wenn frau in Irland «short» sagt, dann wird es wirklich kurz und etwas gewöhnungsbedürftig… Aber auch praktisch!
Die kleine Marina von Bantry ist eigentlich voll und liegt direkt an der Strasse, was zwar praktisch ist wegen der ebenfalls gleich da platzierten Tankstelle, aber nicht sehr romantisch. Nach dem Städtchenrundgang – Bantry gefällt uns mit seinem lebendigen Charme – füllen wir noch Wasser auf und verlassen die Marina gleich wieder, um an den Anker vor Whiddy Island zu gehen. Und geraten dort im Pub unversehens in eine 50.-Geburtstags-Party. Im Verlauf des Abends erfahren wir, dass der neu zum 50erClub gehörende «Sean» eines von 8 Geschwistern ist. Und die allermeisten der vielen Menschen hier vor dem Pub gehören zu seiner Familie und einige davon haben sich u.a. wegen Covid seit längerem nicht mehr gesehen. Es gibt sehr viel zu erzählen, sich an alte Zeiten zu erinnern, zu lachen und zu feiern. Wir werden super freundlich ab und zu mit einbezogen, aber verstehen wohl nur etwa die Hälfte davon. Und dies nicht nur wegen der sehr professionell und auch lautstark spielenden drei Bands… Iren unter sich zu verstehen ist für englischsprechende Ausländer wohl so, wie es für Deutsche sein muss, Schweizerdeutsch zu interpretieren: schwierig. Aber die Offenheit und Freundlichkeit der Iren, denen wir bisher begegnet sind, macht solche Verständigungsschwierigkeiten jedesmal wieder wett. Die eine Schwester sagt beim Abschied «remember us and come back to Whiddy Island”. Wir nehmen uns das zu Herzen; es war ein unvergesslicher, schöner Abend, den wir nochmals mit einem schönen Spaziergang über das sonst sehr beschauliche Whiddy Island ausklingen lassen.
Den Sonntag nutzen wir, um sea magiX mal wieder gründlich zu putzen, in Bantry unsere Wäsche zu waschen und einzukaufen; das geht am besten zum Supervalu über die Hafenbucht mit dem Dinghy.
Abends trifft Paddy planmässig mit dem Bus von Cork Airport ein und wir können ihn gleich bei Pizza und Ale bzw. Guinness in Empfang nehmen. Jetzt sind wir wieder zu dritt und freuen uns auf den nächsten Abschnitt, bei dem es irgendwann noch weiter südlich über die Biskaya gehen wird. Wir sind gespannt!