Am Freitag, 24.6. gings von der Oste-Mündung in die City-Marina von Cuxhaven und am Nachmittag stiess Sandra als unsere erste Mitseglerin auf dieser Etappe zu uns. Wir hatten am Donnerstagabend noch einen wunderbaren Sonnenuntergang genossen und dabei den Schiffen auf der Elbe zugeschaut. Und auch Sandras bzw. die Gästekoje wurde mit bequemen Bettfedern ausgerüstet – sie ist zwar nicht gross, aber wenigstens gut liegen sollen auch unsere Gäste wenn sie denn mal dazu kommen.
Die City-Marina ist durch eine Klappbrücke erreichbar, deren Brückenwart uns trotz braver Anmeldung über VHF 69 einfach vergessen hatte… Als ich nach einer Viertelstunde mal nachfragte, meinte er nur trocken «oh, vergessen», und schon bimmelte die Glocke, die den Fussgängern und Velofahrern auf der Brücke Beine macht. Dafür ist die Marina liebevoll mit Pflanzenkübeln mit Küchenkräutern und Rosen ausgestattet. Das kennen wir von keiner anderen Marina, dabei ist das eine super praktische Idee und gleichzeitig sieht es auch noch schön aus.
Beim Abendspaziergang (ich will ja auf meine 10’000 Schritte pro Tag kommen… naja, wenigstens ab und zu) geniessen wir den schönen Sonnenuntergang – es herrscht Ferienstimmung.
Samstagmittag, 25.6., bei schönstem Wetter und sehr wenig Wind steckten wir die Nase mal wieder hinaus in die Elbe «um zu schauen, ob wir rechts (in den Amerikahafen 200m um die Ecke) oder links (35 SM Richtung Helgoland) gehen wollen».
Die leichte Brise zusammen mit dem Strom und das schöne Wetter entschieden uns, und so tümpelten wir wieder mit ganz wenig Wind die nächsten 7 Stunden gemütlichst zur einzigen Hochseeinsel Deutschlands hinaus. Unterwegs begegneten wir wieder den schönen Namen der Fahrwasser nördlich der Elbe: Norderrinne, Lüchterloch, Klotzloch,… Auch mit Cuxhaven Traffic unterhielten wir uns bestens – die Dame rief uns auf, weil sie befürchtete, dass wir eines der Riesen-Containerschiffe übersehen hätten, das gerade auf uns zu kam. Nein, den konnte man beim besten Willen nicht übersehen.
Auf Helgoland hatten wir am Sonntag 26.4. vor allem den «Schiffsausrüster Engel» im Visier, um noch den schon vollen Kühlschrank mit exzellentem Fleisch weiter zu füllen und den feinen Rum zu suchen, von dem der Skipper seit 2019 träumt. Auch 4 kg lang haltbares Brot erstanden wir beim Inselbäcker. Und weil die Tankstelle gleichzeitig auch ein gut bestückter Segel-/Outdoorkleiderladen ist, ergab sich der Besuch dort fast zwangsläufig ebenfalls. Alle diese Geschäfte sind auch sonntags geöffnet, nur etwas weniger lang am Nachmittag. Sie müssen wohl die nicht so lange Saison gut nutzen. Der Besuch bei Rickmers wurde – nicht nur wegen des Diesels – rundum recht kostspielig. Aber jetzt hat der Skipper wieder ein paar Bootsschuhe, die nicht mehr in Auflösung begriffen sind und die Crew ein paar kuschelig warme, weiche Bootsstiefel, mit denen sie für das Nordsee-Wetter gerüstet ist. Und auch Sandra kam nicht ganz ungeschoren davon; ihre schöne neue leichte Oelzeugjacke zeugt hingegen von grösserem Optimismus bezüglich des Wetterberichts.
Im Boot wurde mal wieder auf-/ein- und umgeräumt, und gleichzeitig für zwei bis drei warme Abendessen vorgekocht, und dann konnten wir doch noch ein wenig auf der Insel spazieren gehen.
Der Inselrundgang wurde zum Lehrgang in Sachen Basstölpel. Diese grössten Seevögel Europas mit einer Flügelspannweite von bis zu 1.7m haben sich anscheinend die Klippen von Helgoland als Dépendance-Brutstätte ausgesucht nebst dem Bass Rock vor Edinburgh. Die wenigen Pärchen, die vor ca. 30 Jahren hier ansässig wurden, haben sich inzwischen intensiv vermehrt und die Felsen von Helgoland waren voll mit diesen grossen Möwen mit gelblichem Kopf und ganz blauen Glupschaugen, die auf ihren Nestern sassen. Und dazwischen tummelten sich noch Hunderte kleinere, dunkle Lummen. Denn: geschlüpft wird Ende Juni, anfangs Juli… Also jetzt.
Es herrschte ein Höllenlärm (und ein ebensolcher Gestank), der uns aber nicht abschrecken konnte. Fasziniert beobachteten wir, wie die noch ganz nackten Jungvögel aus dem Ei schlüpften und sehr schnell einen Flaum bekamen. Jedes Mal wenn ein Elternteil (die Vögel wechselten sich beim Brüten ab und leider sind unsere ornithologischen Kenntnisse zu begrenzt, um Vater und Mutter von einander unterscheiden zu können) sich im Nest zurechtrückte, rutschte das Junge ein wenig weiter heraus. Die Elterntiere legten ihre grossen Schwimmhäute unter ihre frisch geschlüpften Küken oder wenn ein Ei noch ganz war, dann umschlangen sie es damit und hielten (oder wärmten?) es so.
Oft blieben die Partner lange beim Brütenden, aber wenn sie wegfliegen wollten, mussten sie am Gewirr von eng gelegten Nestern vorbei hüpfen, um zur «Abflugschneise» zu kommen. Gelandet wurde hingegen mitten zwischen den Nestern, was sicher sehr schwierig ist, denn Platz war da keiner für eine schöne Anflugschneise und so wirkten die Landungen jeweils ziemlich abrupt bis tollpatschig (kommt der Name «-tölpel» eventuell von da?) und klappten auch nicht immer ganz, ohne dem Partner eins auszuwischen. Das Begrüssungsritual mit Schnabelwetzen wirkte jeweils recht kämpferisch aber gleichzeitig auch zärtlich. Fasziniert beobachteten wir, wie die Jungen vor unseren Augen von schrumpeligen, nackten kleinen Wesen zu flaumigen Küken wurden und schon sehr bald anfingen, auch ihr Piepsen in den generellen Lärm einzubringen.
Um viele Megapixel mit Bildern und einige spannende Eindrücke aus dem Tierreich reicher aber ohne einen einzigen Volltreffer an Vogelsch… zogen wir von dannen – toll, dass wir dies so nah mitverfolgen konnten. Wie viele von diesen Jungtieren in einem Monat wohl noch am Leben sein werden? Wir werden jedenfalls an sie denken, wenn wir unterwegs nach Schottland die eine oder andere Möwe sehen: Silbermöwe, Heringsmöwe, Basstölpel oder Lumme – wenigstens die können wir jetzt mit etwas Goodwill unterscheiden. Wir sind also für die Abfahrt am nächsten Tag gerüstet…