Luxusprobleme

Do., 2.1. – Fr., 3.1.2020

Die Tage fliegen quasi unbemerkt vorbei. Obwohl wir jeden Morgen früh, d.h. noch im Dunkeln aufstehen, macht es jeweils einfach nur «Schwupp» und schon wieder ist ein Sundowner fällig. Auch gestern war so ein Tag und heute entwickelt sich ebenfalls in diese Richtung. Bänz stiehlt sich jeweils schon sehr früh aus der Koje, immer ganz leise, um mich nicht zu wecken, dabei gibt es nichts Schöneres, als am Morgen kurz aufzuwachen und festzustellen, dass ich nochmals eine halbe Stunde oder sogar eine Stunde schlafen darf. Gegen 06.30h satteln wir dann das Dinghi und fahren zur Marina für die Morgentoilette, sowie meist zur Boulangerie für frisches Brot.

Gestern gings vorher noch «nur schnell» in eins der Restaurants der Marina auf einen Kaffee mit den Laptops fürs gute Wifi. Das war auch recht gut bis etwa 08h, als sich die Tische zu füllen begannen und die Verbindung immer langsamer wurde. Mein Handy benötigte geschlagene zwei Stunden für einen System-Update, den es jeden Tag machen möchte. Wenn ich versuche, diesen Update zu ignorieren oder sogar abzustellen, dann stösst es düstere Drohungen und Warnungen aus. Deshalb versuche ich, etwa einmal pro Woche, ein gutes Wifi dafür zu finden. Ebenso natürlich beim Laptop, der ständig irgendwelche Updates machen möchte, aber deutlich schneller befriedigt ist als das Handy. Jedenfalls verbrachten wir mehr als 2.5 Stunden in dem besagten Restaurant, genossen mal endlich wieder richtige, französische Cafés und brachten unsere diversen Geräte auf den aktuellen Stand. Bis wir dann soweit waren, war das Netz aber so überlastet, dass es viel zu langsam für E-Banking und andere etwas heiklere Funktionen wurde.

Es hatte aber immerhin für Bänz gereicht, diverse Dinghi-Möglichkeiten zu recherchieren, sowie wichtige Dokumente zu unterschreiben und in die Schweiz zu mailen, und auch für mich, ein wenig Arbeit herunter zu laden – so hart… aber ich darf wohl nicht klagen, ich weiss; eben auch so ein Luxusproblem.

Der Rest des Tages ging dann sehr schnell vorbei mit Messungen von Staumöglichkeiten von Alu-Dinghis an Bord, Besuchen in diversen Chandleries für alle möglichen Ersatzteile und dann den etwas hinaus geschobenen, wirklich teuren Besuch beim Highfield-Dinghy-Händler. Er dauerte nicht besonders lang, denn Bruno, der Händler, blieb seinem Versprechen vom 31.12. treu und machte uns ein gutes Angebot: wir bekamen das 260cm-Dinghi mit mehr als 10% Rabatt zum Preis vom 240cm-Boot, plus noch einige Meter Festmacher-Leine dazu. Nach den teuren Formalitäten war es sehr schnell aufgeblasen und schon im Wasser, und es war wohl nur schon den Preis wert, das Strahlen auf des Skippers Gesicht zu sehen, als wir es zu Sea magiX geschleppt und den Motor vom alten auf das neue Boot herüber gehievt hatten. Erste Aussage: «also, da brauchen wir dann wohl schon bald die Pinnenverlängerung wieder!»

Das alte Dinghi wurde noch am Abend trocken zusammengelegt und dann heute Morgen früh, als es noch dunkel und kühler war, in der Achterkoje versorgt. Und siehe da – die Koje hat nicht nur für das Dinghi, sondern auch noch für das bisher noch nie gebrauchte Passatsegel Platz. Nur der Parasailor musste in die andere Koje zügeln. Nun haben wir also zwei Dinghis, drei Dinghipumpen und drei paar Ruder an Bord… Embarras de richesse, oder eben ein weiteres Luxusproblem. Ich bin gespannt, mit wie vielen Dinghis oder Pumpen wir dann mal wieder in Europa eintreffen.

Am Freitag, 3.1., waren wir nach dem Morgen-Landgang gerade wieder an Bord am Frühstück, als die Marineros uns unmissverständlich darauf aufmerksam machten, dass wir die Boje nur noch bis Mittag hätten. Wir hatten sowieso geplant, im Verlauf der nächsten Stunden hinaus aus dem Cul de Sac du Marin in die Bucht von Ste. Anne zu fahren – ich lechzte schon länger wieder danach, endlich wieder baden zu können (das wirkte im Cul de Sac nicht wirklich einladend.), aber die Marineros bewirkten dann doch eine Erhöhung des Tempos von Bänzs weiteren Besuchen bei den Chandleries. Seine Liste diesmal enthielt nicht nur etwas Festmacherkette fürs neue Dinghi, eine Killcord, die den Dinghimotor abstellt, wenn der Fahrer über Bord fällt und die Killcord dadurch gezogen wird (na, da hat ja jemand was vor mit dem neuen Dinghi…), sondern auch – etwas beunruhigender als diese Dinghisachen – auch ein neues Einlassventil fürs Kühlwasser des Motors von Sea magiX. Das Bestehende lässt sich nämlich kaum mehr schliessen, bzw. dann wieder öffnen, was natürlich nicht der Sinn solcher Ventile ist. Trotzdem – ich freue mich nicht auf den Einbau, denn der Skipper hat vor, dies im Wasser vorzunehmen. Sein Kommentar: «das ist nicht anders, als den Echogeber oder das Log vor dem Auswassern zu entfernen». (Eine Prozedur, die mich auch jeweils ziemlich nervös macht, auch wenn ich sie schon zigmal erlebt habe. Schliesslich sind das recht grosse Löcher zuunterst im Schiffsboden, aus denen jeweils viel Wasser hereinschiesst, auch wenn der Blindstopfen für den Echogeber schon in der anderen Hand bereit ist und innert ein zwei Sekunden im Loch drin steckt. Aber ein Ventil, das nicht einfach nur hineingesteckt wird…? Hmmmm, we’ll see.)

Der perfekt ausgerüstete Motorhändler, der sicher auch ein Yanmar-Kühlwasserventil besorgen könnte, schickt aber Bänz zum nahe gelegenen Sanitäranbieter, der ihm einen gleich grossen, ganz normalen Hahn mit viel praktischerem Schliesshebel zu einem fünftel des Yanmar-Preises verkauft. Sehr kundenfreundlich!

Etwa um Mittag sind dann alle Einkäufe erledigt und wir tuckern die 2-3 Meilen hinaus, finden schnell einen freien Platz in der Nähe des Club Med und sind schon fast bereit für den Sprung ins Wasser, als es am Heck schon auf Schweizerdeutsch nach Sea magiX ruft: wir liegen direkt neben Anduril, dem Boot von Beni und Anja mit ihren beiden kleinen Kindern, vom Segelclub zuhause. Dinghis bzw. Dinghimotoren (sie haben zwei exakt gleiche, quasi als Ersatzteillager an Bord) sind auch bei ihnen gerade das Thema; der eine Motor ist vor einiger Zeit einmal kurz gelaufen und dann nie mehr und der andere «zieht» nicht richtig. Solche Probleme mit Zweitaktern sind für Bänz eine geliebte Herausforderung und so ergibt sich, dass Anja den Nachmittag mit den Kindern am Strand verbringt und Beni und Bänz bei uns an Bord zuerst den einen und dann den anderen Aussenborder revidieren, wobei beim Zweiten die Kerze so traurig aussieht, dass da wohl nur noch ein Ersatz Abhilfe leisten kann.

Der unerwartete Besuch lenkt auch mich von der geplanten Arbeit ab, so dass ich bald die zu schreibenden Berichte auf «später», bzw. «ein andermal» verschiebe. Es wird ein sehr entspannter, gemütlicher Feriennachmittag, der den Skipper zu weiteren Pendenzenbearbeitungen animiert hat. Denn auch am Samstag, 4.1. wird schon sehr früh gearbeitet, so dass der Killcord schon um 09h beim Schreiben dieser Zeilen fertig eingebaut ist und die Kette bald darauf im Dinghi montiert sein wird. Es ist wieder ein wunderschöner, sonniger und jetzt schon heisser Morgen und einmal mehr sind wir uns bewusst, wie gut es uns hier geht.