Eines der Symptome für unseren Luxus ist, dass wir uns derzeit intensiver über die kleinen Dinge freuen können, als dies uns – oder jedenfalls mir – in der Alltagshektik sonst gelingt.
Heute zum Beispiel über den Duft der frisch gewaschenen Wäsche unserer Vorschiffskoje, als ich mir soeben eine halbe Stunde Vorschlafen gönnte. Vorschlafen, weil wir inzwischen beschlossen haben, heute Abend von hier loszusegeln, aber dazu nachher mehr.
Oder: wir haben uns den Luxus eines wirklich schönen frischen Brotes in der schicken Bäckerei von Marigot vorne geleistet. Zwar zu €5 für ein knappes Kilo, aber das Knacken und Knuspern der Rinde und der Duft… eine grosse kleine Freude!
So geniessen wir die Tage und warten darauf, dass sich der Wetterbericht bewahrheitet. Der verspricht für ab heute Freitag Abend konstanten und leicht zunehmenden Südost- und Ostwind, mit zwischen 10 und 17kn. Damit möchten wir die 100SM nach St. John in den US Virgin Islands segeln und sollten morgen Samstag Mittag etwa dort ankommen. Gerade so, dass es ohne Stress noch zum Einklarieren reicht und wir uns danach in eine Bucht in der Nähe verziehen können sollten. (Cruz Bay ist ziemlich eng und meistens voll).
Entsprechend laufen die Vorbereitungen: wie schon erwähnt, fand in der Self-Service-Laverie mal wieder eine Wäsche statt, der Skipper hat heute Morgen unsere grosse Gasflasche zum Island Water World gebracht und sollte sie gegen 16h aufgefüllt holen können (und gleichzeitig dort gleich ausklarieren), soeben haben wir den Wassertank ganz gefüllt, und unsere Vorräte an frischem Gemüse, Fleisch und den meisten Früchten sind auch aufgebraucht. Bald wird die Genuapersenning und dann wohl auch die Bimini-Verlängerung entfernt und wenn Bänz mit der vollen Gasflasche zurück kommt, sind wir bereit für den Wind, der sich bis dann hoffentlich auch noch richtig etabliert. On verra.
Gestern haben wir uns um unser provisorisches Dinghi-Cover gekümmert. Eigentlich hatten wir ja schon beim Kauf darüber nachgedacht, eines anfertigen zu lassen oder es selbst zu machen. Das Anfertigen-Lassen hätte sowohl auf Martinique als auch auf Guadeloupe jeweils einige Tage bis sogar Wochen gedauert und wurde deshalb aufgeschoben. Selbst machen – nun, wir haben die Anleitung im für uns unglaublich nützlichen Blog der Atanga (an dieser Stelle mal ein Dankeschön an die Atanga – wir profitieren immer wieder von Euren Ideen und Hinweisen!) genau studiert und waren schon drauf und dran, geeignetes Material für ein Schnittmuster zu suchen. Aber der Gedanke, das dann von Hand zu nähen, da wir an Bord keine Nähmaschine haben (Ihr glaubt es nicht – es gibt tatsächlich Ausrüstungsgegenstände, die wir nicht dabeihaben!), oder es zuhause mit meiner altgeliebten Bernina ohne Anpassungscheck zu nähen und dann auf gut Glück wieder an Bord zu schicken, behagte mir bei allem Selbstvertrauen einfach nicht. Stattdessen hat Bänz den sehr robusten Segelsack des inzwischen verschenkten Passatsegels aufgeschnitten und über den Bug des Dinghys gelegt. Gestern verbrachte ich dann ein paar Morgenstunden damit, die Falten des Sacks einigermassen gleichmässig zu legen und die Einnäher zu fadenschlagen. Danach brachten wir das Werk zum Schneider, der in seinem winzigen Raum unter Bergen von halb verarbeiteten Stoffen, Zetteln und Kleidungsstücken eine wunderschöne, uralte Singer und eine etwas neuere andere Maschine stehen hat. Er schaute etwas skeptisch meine groben Nähte an, meinte dann aber, dass das schon zu machen sei. Auf meinen Hinweis, es brauche nicht schön zu sein, nur zu halten, hob er nur eine Augenbraue. Da habe ich ihn wohl versehentlich in seinem Berufsstolz verletzt.
Heute konnte Bänz das fertiggestellte Werk nun bei ihm abholen, während ich die Wäsche hütete. Paul, der Schneider hatte es nicht lassen können und hat auch die Säume schön genäht. Aber es blieb beim vereinbarten Preis von 40€ und sieht robust aus – wir sind gespannt, wie lange es halten wird.
Am gestrigen Nachmittag fuhr der Skipper dann noch alleine per Dinghy nach Porto Cupecoy, um sich dort im Auftrag unseres Freundes Peter kurz mal umzusehen. Alleine, weil das Dinghy nur dann zum Surfen kommt… zu zweit sind wir halt einfach zu schwer für den Motor. Das war jedenfalls seine Begründung. Für mich kein Problem – ich hatte einen schönen Nachmittag mit einem guten Buch.
Bänzs Bericht von der Simpson Bay (voll, wie immer, trotz direkter Anflugsschneise zum wirklich belebten Flughafen), wie auch von der holländischen Seite der Lagune (fast alles wieder aufgebaut, teils neu gebaut) und der Marina (wie früher gestossen voll mit riesigen Superjachten) bestätigte unsere Annahmen. Sie profitieren dort wahrscheinlich von dem leicht tieferen Preisniveau (in USD statt in €), dem finanzstärkeren und direkter finanzierten Wiederaufbau und dem Duty Free Status.
Trotzdem – die Anse de Marigot hier ist halt immer noch deutlich schöner und wir finden hier ja – wie schon erwähnt – auch alles, was wir brauchen. Und auch hier geht der Wiederaufbau ja voran. Einfach vielleicht etwas gemächlicher als im Süden.
Jetzt freuen wir uns aber auch wieder auf neue Buchten, neue Begegnungen und neuen Wind. Mal sehen, ob das so klappt, wie wir es uns vorstellen.