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Rauschefahrt zum Ziel

Plötzlich ging es – gefühlt – ganz schnell. Wir sind da, vor Anker vor der Ile Royale, der grössten der drei Iles du Salut. Die letzten ca. 20 Stunden verflogen nur so. Vielleicht, weil wir einen grossen Teil der restlichen Strecke auch fast flogen.

Zuerst bummelten wir aber noch in gemütlichem Tempo mit dem Genni und nur 2-3 Bft Brise dahin. Genau die richtige Geschwindigkeit, um unseren Köder für unvorsichtige Fische interessant werden zu lassen. Und siehe da, bald nach dem Fiasko mit der gerissenen Leine machte sich die neue, dickere Version bemerkbar. Schnell, alles fallen lassen und den am Haken zappelnden Unglücklichen heranziehen. Unser Autopilot Erich wählte genau jenen Moment, um einen deutlichen Schwenker ins Lee zu fahren, was das Schiff stark verlangsamte. Und zack! Schon hatte der Fisch die kurz nachlassende Spannung genutzt und war buchstäblich vom Haken gesprungen. Sowas von Frust! Mit langem Gesicht zog der Skipper den Köder herein: der Haken war fast vollständig aufgebogen. Das muss ein wirklich grosses Exemplar gewesen sein – sicher zu gross für uns zwei, und somit besser so. Aber trotzdem – gleich zweimal hintereinander solches Pech? Na warte! Die Leine lief gleich wieder raus, sobald Bänz den Haken zurück gebogen hatte. Schliesslich: aller guten Dinge sind drei.

Wir beratschlagten über das weitere Vorgehen. Wann sollten wir das farbige Tuch bergen? Wir wollten es nicht unbedingt in der Nacht stehen lassen, denn da waren ja Squalls angesagt, die oft mit starken Winddrehern und -Böen einher gehen. Das kann mit dem Genni kompliziert werden. Andererseits waren es noch ca. 80 SM bis zum Ziel und nicht genug Wind für diesen Kurs mit anderen Segeln. Ok, wir lassen ihn mal stehen bis zur Neun-Uhr-Wache. Der Skipper war am Weg hinunter, um noch eine Stunde Schlaf zu holen vor seinem Wachbeginn. Da ratterte es zum dritten Mal an der Angel. Wieder sofort alles stehen und fallen lassen, Fisch hereinholen! Und es gelang – beim dritten Versuch konnten wir einen schönen Bonito anlanden (anbooten?). Er hatte für uns zwei genau die richtige Grösse (für zwei Mahlzeiten!). So schön! Nun kann es für des Skippers Geburtstag ein echtes Festessen geben.

Das Filettieren und anschliessende Putzen des Schiffs (mit dem Duschschlauch ging das recht gut) beanspruchte wieder einiges an Zeit, in der Erich brav vor sich hin steuerte. Aus dem „Pisolino“ des Skippers wurde nichts – er konnte stattdessen direkt zum Sundowner kommen.

Noch während des Abendapéros fiel der Wind in sich zusammen und drehte anschliessend auf Nordost. Also Genni doch zügig bergen und die gereffte Genua ausrollen. Plötzlich waren wir bei ca. 13-18 Knoten halbem Wind auf dem schnellsten Kurs für sea magiX unterwegs. Das Wasser war relativ ruhig und so stoben wir mit 7-8 Knoten Fahrt durchs Wasser in Richtung Iles du Salut. Als dann noch etwa ein Knoten Strom hinzukam, war es wie ein Abschiedsgeschenk des Meeres, das uns so sorgsam bis hierher getragen hatte.

Der Mond leuchtete von hinten, Venus von vorne, über uns abertausende Sterne, um uns herum das silbern glänzende Meer und in unserem Kielwasser die hell aufblitzenden Partikel Biolumineszenz. Einfach wunderbar!

Ab etwa 04h konnte man das Leuchtfeuer auf der Ile Royale erkennen und eine halbe Stunde später auch die Konturen der Inseln im Mondlicht. Die Rauschefahrt brachte uns bis ins Lee der Inseln, wo wir erstmals seit mehr als zwei Wochen wieder den Motor starteten und uns freuten, dass er problemlos sofort ansprang. Im ruhigen Wasser tuckerten wir in die verlassene Bucht hinein und liessen den Anker fallen. Ein würdiger Abschluss einer schon fast märchenhaft schönen Transat: 1980 Seemeilen über Grund, davon ca. 2 unter Motor, kein einziger Squall, immer einigermassen passender Wind und das grösste Problem war, ob wir genug alkoholfreies Bier für die unerwartet vielen schönen Sundowner dabei hatten. Wir sind sehr dankbar!

Inzwischen hat sich die Bucht etwas bevölkert. Noch in der Morgendämmerung tastete sich ein Kreuzfahrtschiff hinter uns ins Lee der Inseln; die „Sirena“, deren Rettungsboote jetzt im Viertelstundentakt die Passagiere hin und her fahren. Und fast gleichzeitig gesellte sich eine holländische 43-Fuss Bénéteau zu uns; die „Modus Vivendi“. Wir werden ihr später einen Besuch abstatten, mit den üblichen Fragen „woher“/“wohin“. Zudem erreichten zwei Ausflugskats die Inseln im Verlauf des Vormittags. Wo frühmorgens noch das Gefühl von Abgeschiedenheit und Einsamkeit herrschte, wimmelt es jetzt von Sonnenhüten und bleichen Touristenbeinen. Wir warten noch ein-zwei Stunden und hoffen, dass die sich bald auf den Rückweg nach Kourou machen müssen, dann steigen auch wir ins inzwischen vom Skipper aufgeblasenen Dinghy und gehen auf Entdeckungsreise.

Anmerkung der Redaktion: Ihr habt es gemerkt: diesen Beitrag habe ich gleich selbst wieder hochgeladen. Die Bilder müssen jetzt wieder angeklickt werden, um die Galerie zu öffnen.

An dieser Stelle ein ganz grosses Dankeschön an Paddy für seine super Betreuung unterwegs! Nicht «nur» als unsere landseitige Wetter- und Routing-Beratung, sondern auch für die Arbeit und Mühe, die er sich für das aktuell halten dieses Blogs gegeben hat. Merci vielmals lieber Paddy!