Kühn-kühler Sprung ins Sommerwetter

Ich bin mir selbst untreu geworden, ich gebe es zu. Und bin ohne Not ins 14.9 Grad kalte Wasser gestiegen – den Sprung hab ich im Hinblick auf mögliche Kälteschock-Effekte nicht gewagt. Aber da spielte auch noch ein wenig Gruppendruck mit, denn Paddy war als gutes Beispiel voran gegangen und wir beiden Irlandgewöhnten folgten dann dem optimistischen Frischling einfach. Und – die Sommerwärme an Deck war tatsächlich so beachtlich, dass das Aufwärmen danach kein grosses Thema war. Sehr erfrischend, aber auch sehr erfreulich, die Cockpit-Dusche durch einen Salzwasser-Dip zu ergänzen – quasi als Vorwäsche! Für den Schwumm rund ums Schiff hat mein Mut noch nicht gereicht; das spare ich mir für andere Gelegenheiten mit höheren Wassertemperaturen auf.

Das Salzwassererlebnis fand gestern, am Montag, 8.8. in der Dunboy Bay vor Castletownbere an der Nordwest-Ecke der Bantry Bay statt. Die Navigation dahin gestaltete sich besonders spannend, denn als eine von zwei Landmarken, die in Linie zu bringen sind, um an einem überspülten Felsen vorbei zu kommen, wird im Yachting Pilot ein «Tree» angegeben. Gespannt warteten wir darauf, ob wir den entsprechenden Baum dann auch ausfindig machen könnten. Und siehe da – es funktionierte. Die Meinungen an Bord gingen zwar ein wenig auseinander, ob es eher der links oder eher der rechts sei, aber bei vorsichtigem Hin-Tasten und näherer Betrachtung wurde es dann doch recht klar. Nun fragen wir uns natürlich, was passiert, wenn dieser Baum einmal krank oder alt oder einfach im Weg wäre, aber bis dahin kann man sich mindestens daran orientieren und dann noch die eigenen Augen offen haben für den – von uns am Abend dann so getauften – Seal Rock. Der fällt nämlich bei Niedrigwasser um etwa 70cm trocken und wurde zum beliebten Sonnenbade-Platz für zwei Seals erkoren, die sich weder durch kleine Fischerboote, noch durch uns, die etwa eine Bootslänge entfernt lagen, aus der Ruhe bringen liessen. Nur auf Kinder in Kajaks reagierten sie nervös, so dass der eine tatsächlich ins Wasser rutschte und danach wieder – mit Anlauf – hinauf robben und -wursteln musste.

Die Dunboy Bay ist – auch ohne Seals im Abendlicht – ein äusserst romantischer, wunderschöner Ort, sehr gut geschützt hinter Bear Island. Dominiert wird sie von Dunboy House. Bis 2008 war dies eine wildromantische, zerfallene und überwachsene Ruine, in deren Eingangsbereich die Kühe grasten. Dann wurde das grosse Herrenhaus wieder aufgebaut und gleichzeitig eine Reihe Apartmenthäuser dahinter ebenso, um als Hotelkomplex zu fungieren. Traurigerweise wurde die Anlage nie in Betrieb genommen. Sie steht jetzt wieder leer und still da über der wunderschönen Bucht und gibt ihr einen leisen verwunschenen Anstrich. Wir spürten jedoch keine Verwünschungen und genossen den schönen, windstillen Abend nach dem sonnigen, friedlichen Kreuzkurs vom Nachmittag die Bantry Bay hinunter. Sommersegeln pur. Nur das Badewasser darf noch etwas wärmer werden…

Heute Dienstagmorgen war die Windstille noch immer da, auch als wir den Anker hoben und mal die Nase hinter Bear Island hinaus gestreckt hatten.

Die Entscheidungsfindung brauchte ein paar Minuten, aber irgendwann waren wir alle drei zum Schluss gekommen, dass es wohl schöner wäre, das schon gesetzte Grosssegel wieder zu bergen und wieder zurück zu kehren, um im neu vergrösserten Fischereihafen von Castletownbere ein wenig Sightseeing zu machen. Ganz am Ende des langen Fischerei-Schwimmstegs konnten wir bei einem der vielen frisch gestrichenen Gefährte längsseits gehen. Die Farbe am direkten Nachbarn war schon getrocknet – am Fischerboot innen dran noch nicht ganz, wie ich bald darauf an meinen Händen feststellen konnte… Hier machen die Fischer grundsätzlich mit zwei straffen Heckleinen am Pier fest und hängen mit dem Bug einfach hinaus; Buganker haben sie keine, aber da sie so eng gepackt stehen, kann es wohl auch bei Seitenwind nur das ganze Paket (von Päckchen kann man hier nicht wirklich reden) ein wenig verschieben und das ist dann wohl ziemlich begrenzt problematisch. Jedenfalls wenn man nicht das letzte Boot auf der Seite ist… Die Pier ist voll – alles wird gerade neu gestrichen und entrostet. Wann die wohl alle wieder hinaus fahren? Einige wohl lange nicht mehr. Andere sehen sehr modern und neu aus. Wir haben noch nicht ganz verstanden, wie die Fischerei hier in Irland gerade funktioniert; vielleicht zeigt sich uns das noch.

Der eindrücklich vergrösserte Hafen und auch der Ort Castletownbere wirken sehr gepflegt auf uns. Nur die Lösung für unsere Abfallentsorgung haben wir noch nicht gefunden; Container stehen keine da und auch der nette Herr im Tourist Office hat keine Idee, wie wir Touristen unseren kleinen Abfallsack anders entsorgen könnten, als einfach in die öffentlichen Mülleimer zu stopfen. Dieser Frage werden wir wohl noch ein wenig nachgehen.

Am Mittag haben wir uns nochmals mit Brot, Gemüse und einem ganz kleinen Karton Rotwein versorgt und auch Wasser aufgefüllt und siehe da – es kommt eine Brise auf. Bald werden die Leinen unter Beachtung der frischen Farbe gelöst und wir können in die sonnige Brise hinaus kreuzen und Kurs Süd in Richtung Mizen Head nehmen. Mal sehen, wohin es uns weht.


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