und zurück nach Westen – San Juan

Wird da links oder rechts gefahren? fragen wir uns, als wir mit den Faltvelos vor der 6 spurigen Autostrasse stehen. Eigentlich wird hier überall gefahren in San Juan, auf der Insel «old San Juan» der Altstadt und Weltkulturerbe von Puerto Ricos Hauptstadt. Im Gegensatz zu den USVI wird hier wieder auf der rechten Seite gefahren und links gesteuert. Mit unseren Velos sind wir jedoch eine derartige Rarität im hiesigen Strassenverkehr, dass die zahlreichen Autofahrer sehr rücksichtsvoll oder sogar ehrfürchtig uns Platz lassen, sobald wir auch nur daran denken, ab- oder einzubiegen, oder die Strasse zu queren. USA und insbesondere Puerto Rico sind nicht gemacht für Velos. Es hat zwar in der Altstadt einzelne bezeichnete Velowege, die jedoch meist sehr rasch im Nirwana enden, einfach aufhören oder auf eine der Auffahrten zur Stadtautobahn führen – dann kommt der Trick, die 6 oder 8 spurige Strasse zu queren….

Aber grundsätzlich ist das genial, die Altstadt mit dem Velo zu erfahren. Gestern Donnerstag Abend waren noch zwei Kreuzfahrschiffe an den Piers des San Antonio Channels, wo wir am Anker liegen. Darunter auch die Harmony of the Seas, eines der grössten Schiffe überhaupt. Freitag Morgen jedoch gähnende Leere, alle Piers sind frei und wir haben die recht verschlafene Altstadt für uns und pedalen über viel Kopfsteinpflaster kreuz und quer, Hügel hoch und runter mit ein paar Stopps bei Strassenhändlern, die Getränke und Snacks verkaufen.

Eigentlich wollten wir uns bis am frühen Nachmittag Zeit nehmen und dann vom Anker in die Marina verlegen. Der in Aussicht gestellte Preis von über 100USD pro Nacht hat uns dann doch abgeschreckt und der Marinaaufenthalt wurde kurzerhand auf eine Nacht gekürzt und auf Samstag verschoben, weil Anouk da heimreisen muss. Für den frühen Abend hatten wir uns noch einen Besuch bei einer Chandlery in überblickbarer Distanz vorgenommen. Aber nach dem 3ten Versuch nicht auf der 6 spurigen Autobahn zu fahren, gaben wir auf und genossen stattdessen ein feines Nachtessen in einer Beiz im Citypark mit Livemusik.

Die Heimfahrt im Dunkeln nur mit Stirnlampe ausgerüstet war dann noch einmal Hochspannung zum Abschluss der wunderbaren zweiten Törnwoche mit Anouk.

Diese zweite Törnwoche hat am Sonntag im St. Croix Yachtclub gestartet. Schon früh waren die Optis und 420er unterwegs auf die Regattabahn und im Club Betriebsamkeit um den Sunday Brunch vorzubereiten. Wir konnten trotzdem wieder ausgiebig Duschen, Wasser auffüllen und das Club Wifi auf der schattigen Terrasse nutzen. Am Mittag waren wir eigentlich bereit zur Weiterfahrt nach Christiansted, als ein paar Clubmitglieder zu unserem Ankerplatz hinaus fuhren und uns einluden an der Rangverkündigungs-Party dabei zu sein und erst am Montag weiter zu fahren. Wirklich nett und gastfreundlich die Clubleute. Kurz umgezogen und an Land die jungen Segler beklatscht, danach haben wir uns aber doch wieder aufgemacht aufs Boot, Anker auf und unter Motor die wenigen Meilen nach Christiansted zurückgelegt.
Kaum hat der Anker vor dem Palmenstrand der Lagune im klaren Wasser über Schlick gefasst, sind wir auch schon im Dinghi unterwegs zur Erkundigung der historischen Altstadt. Da wusste ich aber schon vom vorderen Besuch, dass man die paar rechtwinklig angeordneten Strassen mit den Dänischen Namen, Kirke Gade und so, bald gesehen hat. So landen wir auch bald an der Wasserfront in einer Burgerbeiz. Der Sonnenuntergang und die Burger sind Klasse, die angepriesenen «handcut fries» sind jedoch ein richtiger Reinfall (fettig und lätschig). Die fetten Finger und der fette Geschack wird auf dem Boot mit Wasser, Seife und einem schönen Rhum mit Schweizer Schoggi erfolgreich bekämpft.

Die Vorhersage sagt leichten NE Wind an für den nächsten Tag. Schon früh sind wir darum unterwegs nach Westen mit Ziel Frederiksted am westlichen Ende von St. Croix. Schon bald zeigt sich unsere gemeinsame Regatta Vergangenheit, Gross und Genua sind nicht genug, der Gennaker geht wieder einmal hoch und zieht uns in einen wunderbaren Sonnenuntergang vor dem Traumstrand in Frederiksted. Der Ankerplatz ist so gut geschützt, dass kaum Wind spürbar ist und das Boot sich darum prompt quer zum leichten Schwell legt. Anouk ist wieder mal länger im Wasser, kommt aber etwas ernüchtert zurück, ausser türkis- und glasklarem Wasser über Sand gibt es kaum etwas zu sehen. Das ist auf Vieques, die Insel erreichen wir nach 40Sm schneller Halbwindfahrt am Dienstagnachmittag, anders. Zuerst ist die Sunbay bei Esperanza mit ihrem Palmenstrand ein weiteres Highlight (Anouk: schöner geht nicht – doch geht schon). Wir sind aber da wegen der nebenan liegen Mosquito Bay, für die Vieques berühmt und bekannt ist. Das ist die Bioluminiscent Bay mit dem ausgeprägten Meeresleuchten in dunklen Nächten – wir haben Neumond heute! Ausgerüstet mit Taschenlampen, Mückenspray, Sandwiches und Getränken machen wir uns mit dem Dinghi vor Sonnenuntergang auf den Weg. Nach ca 30min Fahrt lassen wir in die rundum geschlossen Bucht treiben und paddeln noch etwas um mitten in der Bucht den Anker zu werfen. Die kurze Wartezeit bis zum Eindunkeln vertreibt uns eine Gruppe Pelikane, die mit ihren spektakulären Sturzflugtauchgängen ihr Nachtessen fischen während wir uns derweil mit unseren Sandwiches begnügen müssen. Als es ganz dunkel ist gibt es am Ufer der Bucht Aktivität, die geführten Touren mit Elektrobooten oder Kajaks starten während wir genüsslich mittendrin das immer ausgeprägtere Spektakel des Meeresleuchtens bestaunen. Ein kurzer Zug an der Ankerleine, ein Schwingen des Paddels oder ein grösserer Fisch auf der Jagd nach kleiner Beute – jede Bewegung unter Wasser löst ein ausgeprägtes Leuchten des Wassers oder eben des Planktons im Wasser aus – einfach spektakulär. Fotografieren geht nicht recht, so geniessen wir einfach das Schauspiel für eine Weile bevor wir mit dem Aussenborder langsam zum schmalen Ausgang der Bucht tuckern. Klar, das löst nochmals viel Leuchten am Prop und vor allem von den Fischen, die sich vor uns flüchten, aus. Absolut einmalig und empfehlenswert: Vieques Mosquito Bay! Trotz Neumond und dunkler Nacht finden wir den Rückweg entlang der Klippen in die Sunbay auf Sea MagiX.

Wir gönnen uns nur gerade diesen einen Abend auf Vieques aber die Insel wäre mit ihren tollen Buchten an der Süd und Westseite, der weitgehend intakten Natur nach Abzug der US Navy und dem Fehlen von grösseren Hotels auch gut für eine Woche Törn und dann noch Culebra dazu….

Und es geht doch noch toller oder besser mehr Superlativ. Anouk hat es nicht geglaubt aber nachdem wir am Mittwoch entlang der Ostküste Puerto Ricos nach Norden gekreuzt sind und der Anker nahe am Riff von Cayo Icacos fällt, ist klar, es gibt noch mehr Superlative. Wir liegen nahe am Riff, das den Atlantikschwell aus NE mit spektakulärer Brandung aufhält, auf 6m glasklarem Wasser im Lee der Insel mit dem weissen Sandstrand. Schnorcheln am Riff ist herrlich mit viel schönen Korallen aber auch viel Strömung. Der Spaziergang entlang des Strandes auf die Südseite ergibt wenig Neues oder Aufregendes, das ist auch nicht nötig bei der paradiesischen Umgebung. Die Nacht wird wieder ausserordentlich ruhig, abflauender Wind, glattes Wasser im Lee der Insel obwohl 200m nebenan die Brandung auf das Riff donnert und über allem der beruhigende Lichtschein des Feuers Cabo San Juan.

Der letzte Abschnitt mit gerade mal 30SM nach San Juan ist trotz wechselndem Wind am nächsten Tag schnell abgesegelt. Wir runden die Halbinsel «Old San Juan» mit ihren Markanten Festungen und dem Quartier seeseitig vor den Stadtmauern mit den vielen farbigen Häusern und sind bald im San Antonio Channel vor Anker. Rechts in 200m Entfernung die Startbahn des Stadtflughafens, voraus die Stege des Yachtclubs und der Marina, links gammlige Industriehafenanlagen und hinter uns und beängstigend nahe, die Kreuzfahrtschiffe. Das alles kümmert uns wenig, wir sind jetzt halt wieder in der Grossstadt und Zivilisation gelandet und freuen uns auf die Besichtigung der Altstadt am Freitag mit den Faltvelos. Am Samstag früh geht es dann doch in die Marina. Dann wird geputzt, Boot und Wäsche gewaschen, aufgeräumt und Anouk packt ihre Tasche. Gegen Mittag ist es dann aber soweit, der Abschied fällt uns beiden wieder etwas schwer nachdem wir zusammen 2 wunderbare Wochen mit den herrlichen Ankerplätzen in den USVI und Spanish Virgin Islands erlebt haben.

Bis Manfred und Monika am folgenden Tag die Crew wieder verstärken gibt es viel zu tun. Mit dem guten Wifi der Marina mache ich alle updates der iphones, Apps, PC und der elektronischen Seekarten für die nun auch für mich neuen Reviere. Das gute Wifi, der Wasseranschluss und 110V/60Htz Stromanschluss (das Batterieladegerät kann damit umgehen) sind die einzigen Vorteile der überteuerten Marina gegenüber dem Ankerplatz 100m vor der Marina. Aber eine Nacht genügt so dass wir am Sonntagnachmittag, nun in neuer Crew Zusammensetzung, wieder im San Antonio Channel unter dem bedrohlich hohen Bug eines Kreuzfahrtschiffs am Anker hängen. Für einmal hat sich auch das Jammern und Flirten (oder anders rum) mit Yaliris, der OfficeFee der Marina ausgezahlt. Sie «vergisst» die fälligen 40USD für Wasser und Strom pro Tag so dass ich mit 88USD für die eine Nacht Marinaplatz mit unbrauchbarer Toilette und kalter Dusche davonkomme.   


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